Das Glück wartet in Virgin River
funktioniert. Dann beherrscht er ein Handwerk, aber ich möchte, dass mein Sohn im Leben weiterkommt als ich.“
„Wahnsinn … Hat er nicht bei dir und Isabel gewohnt?“
„Das war kompliziert. Ihre Familie war nicht eben begeistert, dass ich auch noch ein Kind mit in die Ehe bringe. Abgesehen davon wurde ich traditionell erzogen, das heißt, umringt von einer Familie, in der jeder eine bestimmte Rolle spielt. Und auch wenn ich als junger Mann ein paar dumme Fehler gemacht habe, weiß ich, dass das nun wirklich nicht an meinen Lehrern lag. Gabe hat mich in Los Angeles besucht, aber aus allen möglichen Gründen war es auf Dauer nicht der richtige Platz für ihn. Der einzige Mensch, der sich für ihn interessierte, war ich, und ich hatte damals zu viel Verantwortung zu tragen. Deshalb konnte ich mich nicht so um ihn kümmern, wie es nötig gewesen wäre. Und Isabels Vater … er ist nie mit ihm warm geworden, und da wir schon davon reden, mit mir genauso wenig. Und auch Isabel hatte ihre Schwierigkeiten. Sie ist nicht sehr mütterlich veranlagt.“ Er schüttelte den Kopf. „Gabe hatte seinen Spaß, wenn er zu Besuch dort war. Aber es war kein guter Platz für einen kleinen Jungen. Gabe war damals in dem Alter, wo er sehr viel positive Verstärkung und eine feste Hand gebraucht hat.“
„Bring ihn her“, sagte Nate. „Ich kann es gar nicht erwarten, ihn kennenzulernen. Wie konnte ich nur glauben, dass dein Leben unkompliziert wäre?“
„Ich habe keine Ahnung, Nathaniel.“
5. KAPITEL
C lay hatte seinen kleinen Kühlschrank und einen Küchenschrank mit Lebensmitteln gefüllt, um sich bei Bedarf etwas Einfaches zum Essen zu machen. Ein paarmal hatte er bei Nathaniel und Annie gegessen, aber der mit Abstand beste Tipp, den er seit seiner Ankunft in der Gegend bekommen hatte, war Jacks Bar. Nathaniel hatte ihm erzählt, dass er und Annie sich dort begegnet waren und noch nie im Leben so gut gegessen hatten, während sie sich um eine Kiste voller Welpen kümmerten … und sich ineinander verliebten. Clay hatte Jack schon bei seiner Ankunft kennengelernt, als sie den Männern zugesehen hatten, die den alten Pick-up den Hang hochzogen. Als er gerade einmal nichts Besseres zu tun hatte, beschloss er, die Bar gleich einmal zu testen und zu sehen, was dort auf der Speisekarte stand.
Die erste Überraschung war, dass es gar keine Speisekarte gab. Preacher servierte jeden Tag nur ein Gericht, und je nachdem, wie es ihm an diesem Tag am besten passte, entschied er, welches. Hinter vorgehaltener Hand erfuhr Clay, dass es manchmal noch Überreste von den letzten Tagen gab und es niemanden stören würde, falls er diese der Tagesspezialität vorzog. Aber Clay war immer mehr als zufrieden mit jedem Abendessen, das Preacher auf dem Herd hatte. Der Mann wusste, wie man mit einem Stück Fleisch umgehen musste. Jack erwies sich als angenehme Gesellschaft und stellte ihn den Leuten vor, die nach und nach in der Bar auftauchten. Und wenn Clay sein Essen genoss, stellte er sich ans andere Ende des Tresens und trank seinen Kaffee.
Bei seinem dritten Besuch in Jacks Bar hatte Clay mittlerweile alle Stammgäste kennengelernt. Mike Valenzuela schaute häufig vorbei. Er war der Polizist im Ort und Jacks Schwager. Jacks Frau Mel, die Hebamme im Dorf, kam gewöhnlich auf einen Sprung herein, bevor sie nach der Arbeit heimfuhr. Wenn sie einen Hausbesuch machen musste, brachte sie ihre kleinen Kinder entweder in die Bar, wo Jack auf sie aufpasste, oder lieferte sie in Preachers Haus ab, wo sie von einem Babysitter oder vonPreachers Frau Paige betreut wurden. Auch den Pastor aus Virgin River traf Clay dort wieder, denn Noah Kincaid legte Wert darauf, sich unter die Leute zu mischen. Und dann war da noch Hope McCrea, die Wichtigtuerin im Ort, die fast täglich auf ein kleines Glas Jack Daniels hereinkam.
„Machen Sie irgendetwas Besonderes?“, fragte sie Clay geradeheraus.
„Etwas Besonderes?“, fragte er zurück und hob seine Kaffeetasse an den Mund. „Ich beschlage Pferde. Und erledige auch noch ein paar andere Arbeiten im Stall.“
Sie schnaubte, hob einen Finger, um ihren Drink zu ordern, und schüttelte eine Zigarette aus ihrer Packung. „Kann ich nicht gebrauchen“, teilte sie ihm mit.
„Da kann ich ja von Glück reden, dass Nathaniel Jensen das kann.“
„Hat der sie in den Ort gebracht? Der Tierarzt?“
„Yes, Ma’am. Wir kennen uns schon ewig. Und eine Schwester von mir lebt in Grace Valley. Ursula
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