Das Glück wartet in Virgin River
lachte. „Ich nehme an, in Ihrer Küche wird nicht gebrüllt.“
Er zog die dichten schwarzen Augenbrauen zusammen. „Würden Sie mich etwa anbrüllen?“, fragte er.
„Wohl eher nicht“, sagte sie kichernd. „Dort wo ich arbeite, muss man, selbst wenn man reserviert hat, zwei Stunden auf den Tisch warten. Falls man sich früher setzen möchte, könnten zwei Hunderter, in die Hand des Maîtres gelegt, unter Umständen helfen. Aber ohne Garantie. Der Chefkoch ist ein Soziopath, und der Manager ein Don Juan, der seine Finger nicht bei sich behalten kann.“ Und wieder lachte sie. „Es ist ein steiler Weg nach oben in dieser Küche.“
Aber Preacher schaute finster. „Wohin genau wollen Sie denn aufsteigen?“
„Chefköchin. Chefköchin in einem Restaurant, das in jedem Gourmet- und Reisemagazin verzeichnet ist. Und dann irgendwann mein eigenes Restaurant. Daran arbeite ich jetzt seit zwölf Jahren und habe kaum einmal Zeit für mich. Ich werde mein Ziel erreichen. Und wenn ich das geschafft habe, wird sich mein Manager zivil verhalten, und in meiner Küche wird ein gesundes Klima herrschen.“ Sie lächelte. „Aber ich beneide Sie. Sie und den Koch in diesem Waldhotel in den Boundary Waters. Das muss das Größte sein.“
„Es ist ein gutes Leben. Aber ich bin kein ausgebildeter Koch. Ich koche, so gut ich kann. Weiter nichts.“
„Wenn die Gäste jedes Jahr immer wiederkommen, machen Sie es richtig. Ist es nicht das, worauf es ankommt? Dass die Leute ihr Essen genießen?“
Wie ein kleiner Junge hob Preacher die Schultern und lächelte scheu. „Heute Abend haben wir wegen der Sache hier nicht geöffnet. Aber bevor es dunkel wird, werde ich diese Grills hier sauber machen und aufladen, und ich habe noch ein Wild-Chili in der Gefriertruhe, falls Sie und ihre Freundinnen vorbeikommen und ein bisschen davon probieren wollen.“
Spontan drückte sie seinen Arm. „Im Ernst?“, fragte sie und machte große Augen. „Das wäre fantastisch!“
„Gut möglich, dass auch noch zwei gefüllte Forellen da sind. Die Füllung besteht aus Maisbrot, dann habe ich sie in Paniermehl gewendet, in etwas Virgin Extra scharf angebraten und sie schließlich auf niedriger Flamme ein Weilchen in Bier köcheln lassen. Und natürlich habe ich immer eine Torte da. Meine Torten sind wirklich kaum zu übertreffen. Und ja, wo ich jetzt darüber nachdenke, Buck Anderson hatte mir eine große Lammkeule gebracht, davon ist auch noch etwas übrig … aufgewärmt wird sie zwar nicht ganz so gut sein, aber sie schmeckt bestimmt immer noch ganz ordentlich. Ich glaube nicht, dass ich schon mal einen Chefkoch beköstigt habe, aber ich wäre bereit dazu. Aus beruflicher Verbundenheit.“
„Das wäre einfach wundervoll. Es gefällt mir zwar gar nicht, dass Sie Ihre Küche nur für uns aufmachen, aber …“
„Die Küche aufmachen?“, fragte er. „Meine Küche ist nie geschlossen. In dieser Küche koche ich auch für meine Familie, denn unser Haus ist mit der Bar verbunden, und wir haben gar keine andere Küche. Die ist vierundzwanzig Stunden am Tag geöffnet. Die Eingangstür zur Bar kann man abschließen.“
„Das Vorderhaus“, sagte Kelly.
„Hä?“
„So wird bei uns das Restaurant genannt, also der Teil, wo die Tische stehen und das Essen serviert wird - das Vorderhaus. Die Küche ist dementsprechend das Hinterhaus.“
„Ach, wirklich? Nun, bei uns geht es einfacher zu. Da gibt es eine Küche, eine Bar oder ein Haus. Und wir machen so ziemlich das, wozu wir Lust haben.“
Kelly lachte. „Das gefällt mir.“
„Waren Sie schon in Hopes altem Haus?“, fragte Preacher.
„Noch nicht“, gab sie zu. „Wie es aussieht, unterhalte ich mich immer erst einmal mit der Person, die das Essen zubereitet, bevor ich irgendetwas anderes mache.“
„Also mir ist nichts davon bekannt, dass Hope eine großartige Köchin war. Mir gegenüber hat sie jedenfalls nie etwas davon erwähnt, und ich kenne auch niemanden, den sie mal zum Essen eingeladen hätte. Aber dieses Haus hat eine sehr schöne Küche. Anscheinend hat Hope sich während der letzten zehn Jahre oder so überwiegend dort aufgehalten. Ich muss hier beim Grill bleiben, deshalb will ich meine Frau rufen, damit sie Ihnen alles zeigt. Paige“, rief er, und eine Frau, die in der Nähe gestanden hatte und ein Kleinkind auf der Hüfte trug, kam herüber. „Paige, dies ist Kelly, und sie ist Köchin wie ich. Kannst du ihr mal Hopes Küche zeigen?“
„Natürlich, John“,
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