Das Glück wartet in Virgin River
saßen die Mädels wieder in ihrem Van und folgten den Riordans ins Dorf.
Für die Schwestern Jillian und Kelly Matlock, einunddreißig und zweiunddreißig Jahre alt, war der jährliche Urlaub mit ihren Freundinnen Penny Gerhard und Jackie Davis ein Ritual. Die vier waren schon seit der Highschool Freundinnen und inzwischen auf unterschiedlichen Gebieten beruflich sehr erfolgreich – die eine war Leiterin der Abteilung für Unternehmenskommunikation bei einem großen Softwarehersteller, die andere stellvertretende Küchenchefin in einem sehr bekannten Restaurant in San Francisco, die dritte PR-Direktorin einer großen Bankenkette und die vierte eine gefragte politische Analystin. Sie waren vier hoch bezahlte alleinstehende Frauen, die unter extremem Druck standen.
Aber jedes Jahr – und wenn die Welt unterging – schafften sie es, eine volle Woche bis zu zehn Tagen miteinander zu verreisen. Sie spannten aus, kicherten wie damals auf der Highschool bis spät in die Nacht hinein und bauten etwas Arbeitsstress ab. Dann kehrten sie wieder zurück in ihre anspruchsvollen Arbeitswelten, fühlten sich erholt und gewappnet, den Kampf weitere einundfünfzig Wochen durchzustehen. Mit Ausnahme von Kelly, die ihre kulinarische Ausbildung an den unterschiedlichsten Plätzen in der ganzen Welt gemacht hatte, waren sie alle anderselben Universität gewesen. Und diese Reisen unternahmen sie seit dem Jahr, in dem sie das College abgeschlossen hatten. Ihre Reiseziele waren jedes Mal etwas anderes und reichten von Spa-Erholungstrips über Segel- und Tauchtouren bis hin zu Campingurlauben. Eine besonders unvergessliche Zeit hatten sie in den Boundary Waters im Norden Minnesotas erlebt. Es war einer ihrer schönsten Urlaube. Dort hatten sie eine Waldhütte gemietet und sich alles genehmigt. Sie hatten Kanufahrten gemacht, waren gewandert und den Spuren großer Tiere gefolgt, hatten aber auch den ganzen Tag auf Liegestühlen am Wasser unter dichten Laubbäumen gefaulenzt und die hervorragenden Talente des Küchenchefs genossen.
In diesem Jahr hatten sie einen geräumigen Van gemietet und eine Tour von San Francisco, wo sie lebten, nach Vancouver gemacht. Der Besitzer eines Restaurants in Portland, ein leidenschaftlicher Angler und Jäger, hatte ihnen von einem abgelegenen wunderschönen kleinen Bergdorf in Nordkalifornien erzählt, und Jillian hatte angerufen, um festzustellen, ob in dem Gasthof noch Zimmer frei wären. Es schien eine tolle Idee zu sein, auf dem Rückweg noch zwei Tage in einer kleinen Ferienhütte am Virgin zu verbringen. Das würde Erinnerungen an die Boundary Waters wachrufen, sie könnten das Wetter genießen, das hier im Frühherbst wärmer war als in der Bay Area, und sich noch ein wenig von diesem Urlaub erholen, bevor sie ihr anstrengendes Berufsleben wieder aufnahmen.
Jillian selbst wäre zwar durchaus bereit gewesen, dieses Wiedersehen abzuschließen und nach Hause zurückzufahren, denn in ihrem Leben gab es einen Mann, den sie vermisste. Die anderen waren momentan in einer Phase „zwischen Männern“ und hatten es überhaupt nicht eilig, in ihre stressigen Jobs zurückzukehren. Kelly arbeitete in einer Fünfsterneküche unter einem Küchenchef, der Mussolini das Wasser hätte reichen können; Pennys Bankenkette befand sich in einer ernsthaften finanziellen Krise, was ihr den PR-Job zur Hölle machte; und der politischen Analystin Jackie stand ein Wahlkampf bevor, der so boshaft und bitter ausfallen würde wie ein Krieg in der DrittenWelt. Arbeitsdruck überstimmte Liebhaber, und so machten die Frauen sich für die letzten zwei Tage ihres Urlaubs auf den Weg nach Virgin River.
Keine der vier hätte wegen einer Haushaltsauflösung ihre Urlaubsplanung geändert, aber da die Eigentümer der süßen kleinen Hütten am Fluss davon gesprochen hatten, dass dies ein großes Ereignis für ihren Ort sei, beschlossen sie spontan vorbeizuschauen. Und es war tatsächlich bei Weitem interessanter, als sie erwartet hatten.
Es wimmelte von Menschen, und wer nicht gerade ankam oder seine Schnäppchen über die lange Zufahrt zu seinem Wagen trug, saß herum und beobachtete das Geschehen oder stand mit anderen in einer Gruppe zusammen, genoss das Picknickessen und die Getränke oder kümmerte sich um die Kinder und nahm an ihren Spielen teil. Luke und Shelby Riordan waren so freundlich, sie ein paar Leuten vorzustellen, ganz als wären sie alte Freundinnen und keine Fremden, die gerade zufällig für zwei Nächte eine
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