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Das Gluecksarmband

Das Gluecksarmband

Titel: Das Gluecksarmband Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holly Greene
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jeweiligen Moment leben. Meine kleinen Wehwehchen kommen mir jetzt alle so albern vor, so belanglos.
    Ich schlafe ein und wache wieder auf und weiß nicht, ob es noch der gleiche Tag ist oder schon der nächste.
    Manchmal bin ich durcheinander, und ich bin mir nicht immer sicher, ob meine Schmerzen real oder nur eingebildet sind. Ob sie von dem Kampf herrühren, der in meinem Körper tobt, oder von der Furcht, die sich auf mein Herz gelegt hat.
    Ich möchte nicht so darüber denken. Ich möchte einfach glauben, dass ich auch dieses Problem, wie alle Herausforderungen in meinem Leben, irgendwann bewältigen werde. Dass ich die Möglichkeit habe, weiterzuleben. Ja, ich hatte ein gutes Leben – ein wunderschönes Leben –, aber hört man jemals auf, sich mehr davon zu wünschen? Oder von dem zu träumen, was noch kommen wird? Es ist einfach nicht fair.
    Aber niemand hat gesagt, dass das Leben fair ist.
    Ich schließe die Augen und stoße einen Seufzer aus. Ich spüre, wie hinter meinen Augen Tränen brennen, und bemühe mich, sie zu unterdrücken.
    Ich lege meine linke Hand auf mein rechtes Handgelenk. Seltsam, dass so ein kleines Armband ein so starkes Gefühl von Schutz vermitteln kann. Den brauche ich in diesen Tagen, eine gewisse Beruhigung, die mir letztlich hilft, es zu ertragen.
    Dieses kleine Schmuckstück erinnert mich immer wieder an die glücklichen Zeiten; es ist der Beweis dafür, dass ich gelebt habe.
    So also fühlt es sich an, sein Leben in den Händen zu halten.
    Sanft liebkose ich die Anhänger, einen nach dem anderen, und erinnere mich an ihre Bedeutung, an die Freude und das Glück, die mit ihnen verbunden sind. Wer wird sich an meine Geschichte erinnern, wenn ich nicht mehr da bin? Wer wird wissen, was diese kleinen Dinger repräsentieren?
    Ich entsinne mich gut, wie Jeff mir das Armband geschenkt hat. Gleich am Anfang, damals, in dem Jahr vor unserer Hochzeit.
    Ich ertaste die kleine Gurke mit dem Diamantsplitter darauf: mein erster Anhänger, eine Reverenz an das Gurkenfass und Jeffs Version eines Verlobungsringes. Wieder schießen mir die Tränen in die Augen, und ich halte den Atem an. Es ging alles so schnell vorüber.
    Um nicht zu weinen, schließe ich die Faust um das Armband, und ich spüre, wie der kleine italienische corno mir in die Handfläche sticht. Ich atme weiter.
    Wir waren auf der Hochzeitsreise, und ich trug … ein rotweiß bedrucktes Kleid, das an der Taille mit einem breiten roten Gürtel zusammengehalten wurde. Damals wollte ich genau wie Jackie O. aussehen. Jeff war im Anzug, trug aber keinen Schlips, sondern nur ein kleines blaues Halstuch. Ach, wir hielten uns für durch und durch europäisch – wir waren so dumm! Meine Hand schmerzt, daher öffne ich meine Faust wieder und suche mit den Fingerspitzen nach unseren weißgoldenen Hochzeitsglocken.
    Meine Finger wandern weiter um das Armband herum. Als nächstes die Schreibfeder: Jeff zog mich immer damit auf, dass ich so zwanghaft Listen schrieb. Die Handtasche bedarf keiner weiteren Erklärung, sie ist eine Huldigung an eine unselige Sucht. Ich habe seit jeher eine besondere Schwäche für Chanel.
    Dann Gregs Kinderwagen, der glücklichste Tag meines Lebens. Ganz in diese Erinnerung vertieft, schaue ich an die Decke – das Licht wirft hübsche Muster darauf. Ich komme mir vor wie ein Baby, das ein Mobile betrachtet. Ob Babys das so empfinden? Als ich ein Baby war, gab es noch keine Mobiles für Kinderbettchen. Im Deli meiner Eltern sorgte nur eine Zimmerdecke aus Blech für meine Unterhaltung. Greg aber hat ein Mobile gehabt, mit dem Affen Coco. Es stammte aus einem kleinen Spielzeugladen an der East Eighty-Sixth Street.
    Als Kind habe ich mir immer so sehr Geschwister gewünscht, es war richtig schlimm. Ich hatte solche Sehnsucht nach ihnen. Ich musste im Deli helfen, deswegen durfte ich nach der Schule nicht mit meinen Klassenkameraden spielen, und an den Wochenenden auch nicht. Mein Dad ließ mich den Eiersalat machen und später dann die Schneidemaschine bedienen. Man stelle sich das vor, ein Kind an der Wurstschneidemaschine – aber damals war das eben so. Ich muss lächeln, denn ich denke gerade daran, wie ich Gregs Kindersitz gekauft habe. In meiner Kindheit war so etwas undenkbar, man wurde einfach auf der Rückbank hin- und hergeworfen. Oder wie ich ihm das Fleisch kleinschnitt, bis er elf war. Elf Jahre! Ich hatte solche Angst, dass er sich schneiden könnte. Jeff schimpfte immer, ich würde ihn wie ein

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