Das Gluecksarmband
sich ihr Studium mit Kellnern finanziert und lange gezögert, eine ernsthafte Beziehung einzugehen, auch noch, nachdem ihre Geschwister bereits alle verheiratet waren. Als ihre Mutter dann Greg kennengelernt hatte, hatte sie gesagt: «Jetzt verstehe ich, warum du gewartet hast, Karen. Ja, ich verstehe es voll und ganz.»
Da Karen aus einer Arbeiterfamilie stammte, hatte Greg geglaubt, sie würde besser als viele andere begreifen, dass man ganz unabhängig von seinem Besitz glücklich sein konnte. Und selbst ohne seine feste Anstellung besaßen Karen und er noch mehr als die meisten Menschen. Er wollte auf keinen Fall so enden wie Stacy. Verheiratet mit einem Job, der ihm nichts bedeutete, und immer in dem Wissen, dass er es hätte schaffen können, wenn er sich mehr angestrengt hätte.
Endlich schaute Karen auf, mit einem leisen Lächeln. «Ich kann immer noch nicht glauben, dass sie dich in den Sneakers hier reingelassen haben.»
Greg lachte erleichtert, und sie verließen das Restaurant.
«Muss ich mich wirklich mit dem Gedanken anfreunden, dass ich dich nie wieder im Anzug sehe?» Sie hängte sich bei ihm ein. «Aber wenigstens zur Met-Gala ziehst du doch einen an, oder? Und du weißt hoffentlich, auf welche Seite der Absperrung du an dem Abend gehörst», stichelte sie.
Greg musste schlucken – jetzt war nicht der richtige Moment, um Karen zu beichten, dass die Gala im Metropolitan Museum dieses Jahr ohne sie stattfinden würde. Seine Freundin konnte immer nur eine Enttäuschung pro Tag verkraften.
Aber wenn er so nachdachte – vielleicht hatten seine Gedanken in der letzten Zeit zu sehr um ihn selbst und um seine Bedürfnisse gekreist? Vielleicht musste er wieder mehr Romantik in ihre Beziehung bringen?
Greg fiel ein, dass sein Vater seiner Mutter jeden Freitag Sonnenblumen mitbrachte, Woche für Woche, ohne besonderen Anlass. Und dass seine Mutter immer so gern erzählte, wie Jeff sie vor vielen Jahren gefunden hatte.
An dem Tag, als die beiden sich kennenlernten, hatte Cristina, so sagte sie immer, in ihrem guten blauen Kleid vor dem Deli ihrer Eltern gesessen. Sie hatte nicht gewusst warum, aber an diesem Morgen hatte etwas ihr gesagt, sie solle ihr bestes Kleid anziehen, so als ob etwas Besonderes geschehen würde. Sie hatte neben dem Gurkenfass auf einem Stuhl Posten bezogen und abgewartet.
«Und da kam er die Straße entlangspaziert», erzählte sie dann mit leuchtenden Augen. «Kannst du dir das vorstellen, in unserem Viertel, wo die Leute eher klein waren, tauchte dieser blonde Hüne auf. Er ging direkt auf mich zu, als sei er nur meinetwegen hergekommen. Und dann hat er mich gefragt, was in dem Fass drin ist.» An dieser Stelle konnte seine Mutter meistens vor Lachen nicht weitersprechen. Sie wischte sich die Tränen aus den Augen. «Ist doch nicht zu glauben, oder? Der Mann hatte noch nie ein Gurkenfass gesehen!» Cristina lachte Tränen, während sein Vater ihr den Arm drückte. Beide erlebten den Moment nach, in dem sie sich kennengelernt hatten und der ihrem Leben eine ganz neue Wendung gegeben hatte. Auch als Erwachsener wurde Greg es niemals müde, diese Geschichte zu hören. An jenem Tag damals hatte seine Mutter jedoch nicht über seinen Vater gelacht, sondern anmutig eine eingelegte Gurke aus dem Fass geholt und sie dem «blonden Hünen» gereicht, der bald darauf ihr Ehemann wurde.
Gregs Eltern feierten ihren Hochzeitstag jedes Jahr, aber nicht etwa mit einem Festmenü im
Le Cirque
, mit gegenseitigen Schmuckgeschenken oder mit einer Kreuzfahrt, sondern sie fuhren nach Alphabet City und aßen eingelegte Gurken. Da das Viertel sich ständig veränderte, wussten sie nie, ob sie das jeweilige Deli im nächsten Jahr noch vorfinden würden, oder ob es bis dahin längst geschlossen hatte. Folglich gingen sie jedes Jahr am 17 . Mai erneut auf Gurkensuche.
Im Laufe der Jahre schienen sie sich nur noch näher zu kommen, insbesondere seit sein Vater im Ruhestand war. Die meisten Männer in Jeffs Alter, die in seinem Beruf gearbeitet hatte, erlitten nach ihrem Abschied vom Arbeitsleben einen Herzinfarkt, weil ihr Körper es nicht gewohnt war, ohne Stress und Aufregung zu leben. Doch bei Jeff war das anders. Cristina hatte Pläne für ihn. Jeden Monat probierten sie etwas Neues aus. «Ich habe uns zum Tango-Unterricht angemeldet!», verkündete sie plötzlich am Esstisch.
«Wie bitte? Was hast du dir denn dabei gedacht?», fuhr er sie an, lächelte aber dabei.
«Ach komm – das müssen
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