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Das Gluecksarmband

Das Gluecksarmband

Titel: Das Gluecksarmband Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holly Greene
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aus dem Bad kam, wartete Danny schon fix und fertig angezogen an der Tür. Er nahm ihren Mantel vom Haken und zeigte auf ihre Stiefel. «Da.»
    «Hast du dich in einen Golden Retriever verwandelt?», scherzte sie, während sie in den Mantel schlüpfte und ihre warmen Winterstiefel anzog.
    Draußen auf der Straße war es wunderbar ruhig – nichts von dem hektischen Treiben, das unter der Woche hier herrschte. Der Schnee auf den Gehwegen war noch unberührt. Bald würde er nur noch Matsch sein, und die Kinder und Jugendlichen in der Umgebung hätten dann das Schönste verpasst. Danny jedoch genoss den Schnee in vollen Zügen.
    Beim Gehen versuchte er, Schneeflocken mit der Zunge aufzufangen. Molly nahm ihn in die Arme. Sie war doch die glücklichste Frau der Welt, oder? Dannys Schultern waren gleichzeitig knochig und muskulös, die Schultern eines Jungen, der schon bald ein Teenager sein würde. Nicht mehr lange, dann versucht er, sich von mir zu lösen, dachte Molly betrübt. Würde das leichter oder schwieriger werden als die Ablösung von ihrer eigenen Mutter?
    Molly erinnerte sich vor allem an einen Tag: Während eines ihrer berüchtigten Streits war ihre Mutter mit etwas herausgeplatzt, das ihr das Herz gebrochen hatte. Sie war gerade sechzehn geworden und hatte sich voller pubertärer Empörung beschwert, dass ihre Mutter andauernd auf ihr herumhacke.
    «Das ist ja, als würdest du dir wünschen, dass ich nie geboren wäre!»
    «Nein, eher bin ich froh, dass du nicht meine leibliche Tochter bist!», ballerte Eileen zurück. Doch dann schlug sie sich entsetzt die Hände vor den Mund.
    Die Worte überrollten Molly wie ein Tsunami aus Verrat, Angst und Zorn. Adoptiert? Unmöglich!
    Alle stellten doch immer wieder fest, dass sie den zierlichen Körperbau ihrer Mutter und die Gesichtszüge ihres Vaters geerbt hatte. Waren das etwa Lügen? Vielleicht war sie auch weder klug noch hübsch, weder kreativ noch interessant noch witzig …
    An diesem Tag war für sie eine Welt zusammengebrochen. Es kam ihr vor, als wäre die Molly, die sie bisher gekannt hatte, gestorben oder ausgelöscht worden, jedenfalls existierte sie nicht mehr.
    Bei dieser Erinnerung fasste sie Dannys Schulter fester, und daraufhin entwand er sich ihrem Griff. Er rannte vor ihr her, wischte den Schnee von den Autos, machte Schneebälle daraus und warf einen gegen einen vorbeifahrenden Bus. Während Molly ihren Sohn beobachtete, versuchte sie sich zu erinnern, wie sie selbst in dem Alter gewesen war: unbeschwert, mit Eltern zu Hause, die sie liebten.
    Doch das hatte sich schlagartig geändert, als Eileen ihr die ganze schreckliche Wahrheit gestand.
    Molly hatte die Frau vor sich angestarrt, die Frau, zu der sie all die Jahre Mom gesagt hatte. Sie sah Eileen plötzlich mit ganz anderen Augen: eine kleine, unansehnliche Frau mit unmöglicher Frisur und verschmiertem Lippenstift.
    «Ich bin … nicht dein Kind?», schrie Molly hysterisch.
    Eileen nahm ihre Hände, aber Molly riss sich los. Ihre Mutter wurde kreidebleich. «Es tut mir so unendlich leid. Du solltest es nicht auf diese Weise erfahren. Dein Vater und ich hatten geplant, dass wir uns eines Tages zusammensetzen und –» Sie brach ab.
    «Und wann? Wann wolltet ihr mir denn eröffnen, dass ich nicht eure Tochter bin?» Molly fing an zu weinen und war deswegen wütend auf sich selbst. Sie schlug nach einer Träne, als wäre sie eine Fliege.
    «Ach, Molly, du bist doch meine Tochter. Du bist ein Gottesgeschenk – für mich und für deinen Vater …» Eileen streckte wieder die Hand nach ihr aus, aber Molly stand vom Tisch auf und stieß den Stuhl zurück.
    «Vielleicht möchtest du deine leibliche Mutter eines Tages suchen – vielleicht, wenn du selbst Kinder hast …», fuhr Eileen fort.
    «Ich und Kinder haben?», fauchte Molly sie an. «Ich bin sechzehn. Denkst du etwa, ich würde in ihre Fußstapfen treten und mir einfach eins machen lassen?» Molly vermutete, dass es ihrer leiblichen Mutter so ergangen war. Ihrer leiblichen Mutter … es war alles so furchtbar unwirklich.
    «Molly …», bat Eileen.
    Aber Molly hörte sie nicht mehr. Wie ein Wirbelsturm fegte sie die Treppe hinunter und auf die Straße hinaus. Kurz darauf fand sie sich vor dem Eisen- und Haushaltswarenladen wieder. Ihr geliebter Vater stand gerade an der Kasse und tippte den Preis für eine Dose Farbe ein, die ein junger Mann in engen Hosen kaufte. Als Molly hereinkam, schnitt er eine Grimasse und schaute sie

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