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Das Glücksbüro

Das Glücksbüro

Titel: Das Glücksbüro Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Izquierdo
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Kraft von ihm ausgehen würde und seine Umgebung wie eine magnetische Kraft verzerrte.
    Anna.
    Das Palindrom sorgte für große Unordnung.
    Aber es sah sehr schön aus.
    Albert klappte seine Verordnung zu und sprang aus dem Bett. Auf dem Tisch stand in einem Glas Wasser eine einzelne Margerite, die er aus Annas Wildgarten gepflückt hatte. Warum er das getan hatte, konnte er nicht sagen, aber was er damit tun würde, wusste er jetzt: Leise wie ein Schatten huschte er aus dem Zimmer, verließ das Archiv und steuerte die Kantine an.
    Im hinteren Teil der Küche waren die Umkleideräume für die Köche und Küchenhilfen. Spind an Spind reihte sich hier. Er nahm die Margerite und steckte sie in den Lüftungsschlitz des Chefkochspindes.
    So sah sie aus, als wäre sie aus dem Inneren herausgewachsen.

24.
    Albert erwachte in totaler Dunkelheit. Alles war ganz still in seiner kleinen Kammer, sodass er sich noch einmal gemütlich zur Seite drehte, denn es konnte sich nur noch um Sekunden handeln, bis sein Wecker die Wände würde erzittern lassen. Er hörte sein leises, regelmäßiges Tick-Tick, sah zwei kleine Striche in der Nacht schweben, zu denen er sich gedanklich einen Kreis dachte. Der große Zeiger stand oben, der kleine links unten – sehr gut. Noch ein paar Sekunden. Er hatte fantastisch geschlafen, fühlte sich so frisch und ausgeruht wie lange nicht mehr.
    Dann stutzte er: Wieso links unten? Musste das nicht rechts unten sein? Er machte Licht und saß mit einem Ruck kerzengrade in seinem Bett: Es war sieben Uhr morgens!
    Sieben Uhr!
    Das konnte doch nicht sein. In knapp fünfunddreißig Jahren hatte Albert nicht ein einziges Mal verschlafen. Er kontrollierte den Wecker, aber dessen Mechanik war ordnungsgemäß abgelaufen – er war nicht kaputt. Wie hatte er das überhören können? Dieses Ding hätte Tutanchamun aus seinem Sarkophag gejagt. Und er hatte nichts gehört.
    Er sprang aus dem Bett, hastete zur Tür und riskierte einen vorsichtigen Blick in das Archiv. Das Licht war bereits eingeschaltet worden, offenbar trieb sich jemand darin herum. Natürlich war da jemand, schließlich hatte der Dienst ja um sieben Uhr begonnen! Er hörte Schritte, das Geräusch von Papier, ein leises Hüsteln. Fast zu spät bemerkte er, dass da jemand auf ihn zukam, er schloss die Tür gerade noch rechtzeitig und löschte das Licht. Im Dunkeln lauschte er, hörte Schritte, sah unter dem Türspalt kurz einen Schatten verharren, dann wurde es wieder ruhig.
    Das war eine Katastrophe. Nicht auszudenken, wenn jemand hinter sein kleines Geheimnis kommen würde. Jahrzehnte hatte alles funktioniert, und jetzt war möglicherweise alles vorbei, nur weil er so gut geschlafen hatte.
    Auf Zehenspitzen erledigte er ganz besonders leise die Morgenroutine, wagte nicht, die Deckenbeleuchtung zu benutzen, sondern nur das Licht einer kleinen Leselampe. Alles fiel kürzer und hektischer aus als sonst. Und ihm war ganz schlecht vor Sorge, dass ihn jemand bemerken könnte.
    Instinktiv sah er auf den Geburtstagskalender, hängte seine Listen jedoch wieder an den Haken. Er hatte weder Zeit noch die Nerven, heute Geburtstag zu feiern. Die Situation war zu ernst. Nicht einmal seinen Vitamindrink nahm er zu sich – er musste hier raus. Schnell!
    Draußen war alles leise, als er die Türe hinter sich verriegelte. Noch ein paar Schritte und schon wäre er wieder Teil seines Amtes. Dann hätte er es geschafft, doch wie aus dem Nichts stand plötzlich ein Mann vor ihm. Albert wurde ganz blass vor Schock. Was hatte er gesehen?
    »Na, Herr Kollege? Auch schon so früh auf Aktensuche?«
    Albert nickte nur.
    Der Mann verschwand wieder im Labyrinth des Archivs. Über den Rücken rief er noch: »Eines Tages werden wir hierfür eine eigene Postleitzahl beantragen müssen.«
    Dann war er weg – Albert stieß erleichtert Luft aus.
    Alles war durcheinandergeraten. Seine Arbeitsabläufe, seine Routinen, sein Bedürfnis nach Sicherheit. Sein ganzes Leben erschien ihm gerade als ein einziges Chaos – das musste sofort aufhören! Dafür war er nicht geschaffen!
    Das war nicht er!
    Albert eilte nach oben, stürmte förmlich in das Büro von Elisabeth und Mike, der sich heute offenbar vorgenommen hatte, Dienst zu tun oder wenigstens anwesend zu sein, denn er wartete bereits in gewohnt entspannter Haltung auf Albert und grinste breit.
    »Sieben Uhr fünfunddreißig! Sie sind zu spät dran …«
    Was immer er noch sagen wollte, es blieb ungesagt, denn Albert preschte zu

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