Das Glücksprojekt
Zeit meines Schülerinnendaseins als Morgenmuffel habe ich mich auf den Tag gefreut, an dem ich nicht mehr jeden Morgen vom Wecker aus dem Schlaf gerissen würde. Das war über Jahre mein einziger Anspruch auf meinen zukünftigen Beruf: Ausschlafen können. Andere Menschen haben andere Prioritäten, das war meine. Zielsicher hat sie mich auch prompt in die Welt der Werbung getrieben, wo man vor zehn Uhr sowieso nicht erscheint, und wenn es elf wird, macht das auch nichts. Als wir das letzte Mal in Urlaub flogen, L. und ich, ging unser Flieger zu einer derart unerhört frühen Stunde, dass wir den Wecker stellen mussten. Und wissen Sie, was? Ich habe das Geräusch nicht erkannt! Ich lag im Bett und dachte mir: Was macht da nur so einen Radau? Und das soll ich jetzt freiwillig aufgeben?
Drei Anläufe habe ich gebraucht. Drei Mal hat der Wecker geklingelt, worauf ich ihn sofort wieder ausgeschaltet habe, um friedlich weiterzuschlummern. Am vierten Morgen stand der Wecker auf L.s Seite und der schmiss mich aus dem Bett. Früh aufstehen zu müssen, ist schlimm, aber wenn sich der andere schnorchelnd umdreht und weiterschlafen darf, entsteht Hass. Mit einem großen Minus im Gesicht schlurfe ich ins neonbeleuchtete Bad. Warum haben wir so eine scheußliche Lampe im Bad? Ich dusche mir die Bettwärme ab, danach fühle ich mich ein bisschen besser. Auf dem Weg in die Agentur ist alles anders als sonst. Ich begegne anderen Leuten auf der Straße, manche sind auf dem Weg in die Arbeit, andere sind von der letzten Nacht übrig geblieben und wanken nach Hause. Es ist frisch und still und die Dunkelheit lockert sich langsam, bald wird es Morgen. Ich bin das erste Mal seit Langem dabei, wenn die Natur eines ihrer schönsten Spektakel abzieht, den Sonnenaufgang. Aus Mitternachtsblau wird zartes Blau, der Himmel verfärbt sich in den schönsten Farben, ein kleines Wunder. Als ich die Bürotüre aufsperre, habe ich schon meinen Spaziergang hinter mir. Ich bin genauso wach wie sonst auch, stelle ich fest. So früh war ich noch nie hier – ob überhaupt schon einmal irgendjemand so früh hier war? Ich schalte die Kaffeemaschine an und fahre den Computer hoch, vor dem Fenster singt ein Vogel. Ich genieße die Stille, unterbrochen nur vom »krrrrch« der Kaffeemaschine und mehr noch genieße ich die Gewissheit, dass niemand etwas von mir will. Ich mache mich an die Arbeit und es läuft fantastisch. Es klingelt kein Telefon und kein Handy, keine E-Mail verlangt nach meiner Aufmerksamkeit und als ich mir den zweiten Kaffee hole, habe ich schon mehr geschafft als sonst an einem Vormittag. Nichts unterbricht meinen Ideenfluss, es läuft, es läuft, denke ich mir. Als meine Kollegen eintröpfeln – »Seit wann bist du da?« –, schütteln sie mitleidig die Köpfe. Unsere Praktikantin Lena steht müde und mit Augenringen in der Küche und hält sich an ihrem doppelten Espresso fest. Gegenseitig übertrumpfen sie sich, wer länger aus war, wer müder ist und wer am meisten getrunken hat am Abend zuvor. Früh aufstehen ist nicht hipp, so viel ist klar. Drauf geschissen.
Ich erledige noch ein paar organisatorische Kleinigkeiten, verschicke Mails und lege mir alles für morgen zurecht. Da komme ich wieder so früh. Manchmal muss man das Bild, das man von sich selbst hat, gerade rücken.
Was Sie tun können, um den flow einzuladen:
Sich zur Aufmerksamkeit auf die Sache zwingen, bis der Punkt erreicht ist, an dem es von selbst »flutscht«
Ein großes Ziel in viele kleine Teilziele unterteilen
Ein Arbeitsumfeld schaffen, in dem Sie nicht gestört werden
Sich Aufgaben widmen, die Sie fordern
Den anspruchsvollen Teil Ihrer Arbeit am Morgen/Vormittag erledigen
Nein sagen
Kennen Sie auch so Leute, die nie Nein sagen können? Die sich in Teufels Küche bringen, weil sie überall ihre Hilfe und Unterstützung versprechen und jede Bitte mit einem »Ja, klar« beantworten? Obwohl sie eigentlich gerne »Lieber hacke ich mir einen Arm ab« sagen würden? Ich bin eine von denen. Ich habe in meinem Leben bei so vielen Umzügen geholfen und so viele Gefallen getan, dass ich gar nicht mehr weiß, wohin mit meinen Karma-Punkten. Warum das so ist? Pf, was weiß denn ich. Angeblich haben wir ewigen Ja-Sager Angst, dass unser Gegenüber uns nicht mehr mag, wenn wir ihm seine Bitte abschlagen. Wir wollen gefallen. Das kann schon sein. Für diese Theorie spricht, dass ich bei Menschen, die ich sehr gut kenne und deren Zuneigung ich mir sicher bin, weniger
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