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Das Glücksrezept - O'Neal, B: Glücksrezept - The Lost Recipe for Happiness

Das Glücksrezept - O'Neal, B: Glücksrezept - The Lost Recipe for Happiness

Titel: Das Glücksrezept - O'Neal, B: Glücksrezept - The Lost Recipe for Happiness Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara O'Neal
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gewesen, die ihr entgegenschlug. Das einzige Geräusch war der Wind, der die letzten Blätter, die sich an die kahlen Pappelzweige klammerten, erbeben ließ.
    Sie ging ein Stück die schmale Straße hinauf. Es war nicht weit. Vier Kreuze markierten die Stelle, zwei davon gepflegt, eines nicht ganz so sorgfältig, während das vierte nahezu vollständig verwittert war. Um den Fuß eines der weiß gestrichenen Kreuze waren rosa Plastiknelken geschlungen. Alle vier trugen die Namen der Opfer und die persönlichen Daten. Elena trat vor den Stacheldrahtzaun des Bewässerungsgrabens, schwang ihre schmerzenden Beine darüber und trat vor eine gewaltige, uralte Pappel.
    Auf Schulterhöhe klaffte eine tiefe, fast sternförmige Wunde in der Baumrinde. Sie legte ihre Finger darauf. Ihre Handfläche passte perfekt hinein. Hier war der Wagen aufgeschlagen und in tausend Teile zerfetzt worden. Wie eine Bombe war er explodiert. Ihr Bruder hatte Elena erzählt, es habe Tage gedauert, bis alle Teile gefunden worden waren.
    So viele Jahre, so viele, viele Jahre lang hatte sie diesen Moment ausgeblendet. Doch nun holte sie ihn aus den Tiefen ihres Gedächtnisses hervor. Unter ihrer Hand schien der Baum zu leben, zu pulsieren, während er den Lebenssaft aus der Tiefe der Erde zog. Auch er hatte seine Erinnerungen. Konnte von diesem Moment der Gewalt erzählen, von jenem kurzen, schrecklichen Augenblick vor so vielen Jahren.
    Doch nichts geschah. Elenas Erinnerung bot nichts als die Bilder, die es unzählige Male in der Vergangenheit heraufbeschworen hatte, diesen einzigen klaren Moment, als der Wagen durch die Luft geschleudert wurde und sie wie in einem
Flugzeug dahinsegelten, hoch hinauf in den Nachthimmel. Sie sah die Sterne und hielt sich am Sitz fest. Ihr blieb nicht einmal Zeit, Angst zu haben, nur Neugier, und der Instinkt, das Leben in ihr zu beschützen. Sie klammerte sich an den Türgriff, sah zum Himmel hinauf, zu den verschlungenen Zweigen, und dann folgte eine gewaltige Explosion.
    Der Graben. Sie wurde aus dem Wagen geschleudert und schlug auf der Erde auf. Das Nächste, woran sie sich erinnern konnte, war die Stille, lediglich durchbrochen vom Ticken des abkühlenden Blechs. Ihr Körper und ihr Geist fühlten sich seltsam isoliert voneinander an, so als befände sich ihr Kopf in einer völlig anderen Sphäre als ihre Arme und Beine. Vage registrierte sie die Kälte an ihren Füßen, Wasser, das gluckernd um ihren Bauch herumfloss, doch sie schien keinem ihrer Körperteile den Befehl geben zu können, seine Lage zu verändern. Es war, als schwebe sie. Vielleicht war sie tot.
    Aber da war die Stimme einer Frau. Sie sang. Strich ihr das Haar aus der Stirn – la Llorona , der Geist der Frau, die um ihre Kinder weint, die sie im Fluss ertränkt hat. Und nun saß sie bei ihr und kümmerte sich um sie, bis Hilfe kam.
    Nach einer Weile saß Isobel neben ihr. »Ich konnte dich nicht gleich finden«, sagte sie und nahm Elenas Hand. »Aber ein Mann kommt schon. Halte durch. Er musste zurückgehen und den Notarzt rufen.«
    Elena versuchte zu sprechen, doch es gelang ihr nicht. La Llorona strich ihr über die Stirn und summte. Sie gab kühlenden Schlamm auf die blutenden Schnitte in ihrem Rücken. Ihre Schwester stimmte ein altes Lied an, das einer ihrer Brüder immer so gern auf der Gitarre gespielt hatte – über einen Mann, der seine untreue Frau bis in den Himmel verfolgt, um sie und ihren Liebhaber ein zweites Mal zu töten.

    »Wo ist Edwin?«, fragte Elena, oder zumindest glaubte sie es zu fragen, aber sie bekam keine Antwort. Bis auf das leise, traurige Summen herrschte völlige Stille um sie. Hoch oben über ihr, in der Dunkelheit, schossen vier Sterne übers Himmelszelt. Dann sah Elena das Gesicht eines Mannes, der sich über sie beugte und einen spanischen Fluch ausstieß.
    Es ist so lange her , dachte Elena. Ihre Wirbelsäule fühlte sich mit einem Mal schwammig an, und sie beugte sich vor, um die Stirn gegen den Baum zu pressen.
    Nach einer Weile bemerkte sie ihre Schwester.
    Isobel stand neben ihr. »Bei Tag sieht es ganz anders aus«, sagte sie und sah sich um. »Keiner von uns wusste, wie uns geschieht. Es ging alles so schnell. Das hat es schwer gemacht, es zu verstehen.«
    Ein Stück von ihnen entfernt, wo der Bewässerungsgraben in die Felder führte, standen vier Gestalten. Warteten. Da war Edwin mit seinem pechschwarzen Haar, und Albert und Penny, pausbäckig wie immer. Ein kleines Mädchen, kaum wahrnehmbar,

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