Das Glücksrezept - O'Neal, B: Glücksrezept - The Lost Recipe for Happiness
dass ich in Ihrer Liga spielen würde, versteht sich.«
»Ich will ja nicht arrogant klingen, aber das tun wohl die allerwenigsten. Ich hatte eben Glück.«
»Talent könnte auch etwas damit zu tun gehabt haben.«
Ein Achselzucken, nicht abwertend, nur selbstsicher. »Eine Menge talentierter Leute schaffen es nicht, zu Geld zu kommen. Ich war eben zur richtigen Zeit am richtigen Ort.«
Elena legte den Kopf schief. »Es war wohl mehr als reines Glück.«
Seine schwarzen Augen, deren Ausdruck dank des Fehlens einer sichtbaren Pupille schwer zu erkennen war, waren direkt auf sie gerichtet. »Mein Vater war Lastwagenfahrer.«
»Meiner hat bei der Post gearbeitet. Zumindest mein Adoptivvater.« Sie hielt inne und trank ihr Bier aus, ließ das Essen sich setzen. Sie konnte wie ein Scheunendrescher essen, viel zu viel auf einmal, aber im Lauf der Jahre hatte sie gelernt, Pause zu machen. Die Suppe wärmte angenehm von innen heraus. »Das ist wirklich ein Gericht für die Seele«, sagte sie seufzend. »Mit seiner Hilfe bekommt man nach einer großen Veränderung wieder Boden unter den Füßen.«
»Vielleicht könnten wir es auf die Karte setzen.«
»Genau das habe ich auch gerade gedacht. Aber lassen Sie uns später darüber reden. Erzählen Sie mir mehr über sich, Julian. Was war Ihr Leib- und Magengericht als Junge?
Wenn man Sie vor dieselbe Aufgabe gestellt hätte – natürlich unter der Voraussetzung, dass Sie kochen können -, was hätten Sie heute für mich gekocht?«
»Latkes«, antwortete er nach kurzem Zögern. »Kartoffeln mit Sauerrahm und Apfelsauce, heiß aus dem Ofen.«
Elena gab sich alle Mühe, ein befriedigtes Lächeln zu unterdrücken. »Ist Ihre Mutter Jüdin?«
»Mein Vater war Jude. Meine Mutter war Italienerin. Sie ist aber schon viele Jahre tot.«
»Das tut mir leid.«
»Ihr Tod war der Grund, weshalb wir nach Los Angeles gezogen sind. Mein Vater hat es nicht mehr ausgehalten. Und er hat nie wieder geheiratet.«
»Wie traurig.«
»Oder rührend. Sie war seine Seelenverwandte, und trotz aller Widrigkeiten konnten sie nicht ohne einander leben. Es war nicht einfach, ein Jude und eine Italienerin, in unserem alten Viertel in Jersey.«
Ein hohles Gefühl machte sich in ihrer Brust breit. »Glauben Sie an so etwas? An Seelenverwandtschaft?«
»Ich weiß es nicht. Es ist schwer, in der heutigen Welt so etwas zu finden.« Sein Mund verzog sich zu einem sarkastischen Grinsen. »Und, na ja, ich bin viermal geschieden.«
»Ah ja. Serienseelenverwandte.«
Er lachte. »Spricht da die Erfahrung?«
»Oh, ich hatte jede Menge Seelenverwandte. Seelen, die für ein, zwei Stunden verwandt waren.« Ihre Worte klangen verbittert, und sie warf ihm einen kurzen Blick unter den Wimpern hervor zu, um sie ein wenig zu mildern. Wie aus dem Nichts schob sich die Erinnerung an Dmitri in ihr Bewusstsein, wie er sich an sie schmiegte, die Lippen auf ihr Rückgrat presste, sein Geschlecht ihre nackte Haut berührte. Sie drehte die Bierflasche in einem exakten kleinen Kreis
herum. »Ein- oder zweimal«, fuhr sie etwas leiser fort, »habe ich daran geglaubt.«
»Und Ihre Eltern?« Er nahm eine Tortilla und rollte sie zwischen seinen langen Finger zusammen. »Waren sie glücklich verheiratet?«
»Nein. Mein Vater ist in Vietnam gefallen, bevor ich auf die Welt kam, und meine Mutter hatte nur ihren Spaß im Sinn. Die Familie meines Vaters hat mich adoptiert, als ich acht war, aber sie waren Katholiken und deshalb für immer verheiratet.« Sie hob die Schulter und dachte an Maria Elena und Porfino, an sein mürrisches Schweigen, ihre Weigerung, den anderen zu beachten, die Schärfe ihrer Worte, die sie wechselten. »Nicht unbedingt das, was man als Seelenverwandtschaft bezeichnen würde.«
»Wie zynisch.«
»Kann sein.« Am liebsten hätte Elena einen Seufzer ausgestoßen. Ich bin achtunddreißig Jahre alt, habe sechs wichtige Beziehungen geführt und jedes Mal irgendwann gedacht, dass das der Richtige ist. Dass es diesmal für immer hält. Stattdessen sah sie ihn mit einem betont unbeschwerten Lächeln an, um die Stimmung aufzulockern. »Restaurants sind nicht unbedingt der beste Ort, wenn man sich auf seine Beziehung konzentrieren will. Manchmal tauscht man sie einfach gegen die Arbeit ein, die man liebt.«
»Ich arbeite in einer ähnlichen Branche.« Seine Miene war neutral, verriet nichts. Einen Moment lang schien es so, als sei der Raum erfüllt von Geistern, ihren und seinen, Möglichkeiten, die
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