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Das Götter-Opfer

Das Götter-Opfer

Titel: Das Götter-Opfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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hatte zu meiner inneren Unruhe beigetragen. Es drängte mich, nach Hause zu kommen, da es durchaus sein konnte, daß bereits wieder angerufen worden war, so daß ich die Stimme auf dem Anrufbeantworter abhören konnte, der jetzt eingeschaltet war.
    Viele Schritte brauchte ich nicht zur nächsten U-Bahn-Station zu gehen.
    Die >Tube< war noch immer das beste Londoner Verkehrsmittel, das einen am schnellsten ans Ziel brachte. Wenn eben möglich, sollte man das Auto stehenlassen.
    Noch immer war es windig und eigentlich zu warm. Manchmal blies mir der Wind wie ein fauchender Atem ins Gesicht. Die Häuser wirkten grau, der Verkehr war wieder dicht. Menschen bewegten sich mit schnellen, hastigen Schritten, und die Geräuschkulisse der Großstadt schien nie abreißen zu wollen.
    Mit mir zusammen liefen drei kichernde Teenies die Stufen der Treppe hinab. Sie überholten mich. Ihre Haare hatten sie unterschiedlich gefärbt. Eine von ihnen trug sie schwarzlackiert und kurz wie eine Bürste. Sie hatte sie vorn in die Höhe gekämmt und sie mit roter Farbe eingesprayt. Mehrere Ringe im Gesicht machten sie zu einem wandelnden Schmuckladen.
    Vor mir tauchten sie in den Tunnel ein. Die langen Schals wehten wie flatternde Gardinenstreifen hinter ihnen her. Ich tauchte ein in das unterirdische Gebiet. Es herrschte Betrieb, es war allerdings nicht rappelvoll wie zu den Stoßzeiten. An diesem späten Mittag fuhren auch nicht zu viele Züge, und deshalb würden auch die Wagen gut gefüllt sein.
    Lange brauchte hier niemand zu warten. Die drei Teenies standen wieder kichernd zusammen, während ich langsam und in Gedanken versunken an der Bahnsteigkante hin- und herschritt.
    Die Frau mit den goldenen Augen.
    Immer stärker drehten sich meine Gedanken um die Unbekannte, während die Anruferin außen vor blieb. Wenn sie mir nur etwas mehr erzählt hätte, wäre mir schon wohler gewesen, aber das hatte sie leider nicht getan. So konnte ich nur auf weitere Anrufe hoffen, die mehr Klarheit brachten.
    Der Zug kam. Aus der linken Tunnelöffnung rauschte er heran. Ein stählerner Kloß, wuchtig wie eine Ramme schoß die Lok aus der Öffnung hervor. Sie war ein Ungetüm, das allmählich an Fahrt verlor und dabei Geräusche abgab, die mich schon an ein riesenhaftes menschliches Wesen erinnerten. Sie keuchte und quietschte. Auch das Ächzen hörte ich, und langsam lief sie aus.
    Eine Wagenschlange, durch gesprayte Malereien beschmiert. Fenster wie trübe Augen. Dahinter die Bewegungen der Fahrgäste, die sich hinter den Türen drängten und dann hinaus auf den Bahnsteig strömten, als sich die Ein- und Ausgänge geöffnet hatten.
    Auch ich stieg ein. Sofort wandte ich mich nach links, denn dort hatte ich einen freien Sitzplatz entdeckt. Zwei Bänke standen sich gegenüber. Insgesamt hatten vier Fahrgäste darauf Platz. Drei Plätze waren besetzt. Ich enterte den freien am Gang, nickte den anderen Fahrgästen kurz zu und erlebte so gut wie keine Reaktion.
    Neben mir saß ein älterer Mann mit einem grauen Mantel. Zu ihm gehörte die Frau gegenüber. Sie sprach mit ihm und schaute dabei aus dem Fenster. Was sie sagte, konnte ich nicht verstehen, aber ich sah, wie der Mann einige Male nickte und dann auf die Tasche deutete, die die Frau auf den Knien stehen hatte.
    Die Frau mir gegenüber war jünger, obwohl das beim ersten Blick nicht zu erkennen war. Sie wirkte wie eine Orientalin.
    Zum braunen Mantel trug sie einen gelben Schal, den sie um ihren Kopf gewickelt hatte wie ein Tuch. Ich sah nur das Gesicht, dessen Züge feingeschnitten waren. Eine hohe Stirn, geschwungene Brauen, blond, schon fast weiß. Ein Mund mit weichen Lippen und eine kleine, etwas gebogene Nase. Auch das Haar war blond. Einige Strähnen hatten sich vorwitzig unter den Rand des Tuchs hinweggeschoben und waren in die Stirn gefallen.
    Die Augen hielt die junge Frau halb geschlossen. Ich wußte nicht einmal, ob sie mich als neuen Mitreisenden registriert hatte. Sie wirkte so scheu und schüchtern, und beide Hände hatte sie in ihren Schoß gelegt.
    Die Türen schlossen sich.
    Der Zug nahm Fahrt auf.
    Ich peilte an meinem Nebenmann vorbei durch das Fenster. Der Bahnsteig huschte vorbei. Menschen wurden zu Schatten, in die hinein sich die Lichter verliefen.
    Dann fraß uns der Tunnel!
    Die Dunkelheit schluckte uns. Nur wenige Lichter schimmerten noch. Sie waren nie genug zu trennen und bildeten huschende Flecken. Der Zug raste weiter. Die Wagen schaukelten, und die Menschen, die

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