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Das Gold der Lagune: Historischer Roman (German Edition)

Das Gold der Lagune: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Gold der Lagune: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerit Bertram
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Kälte in Cristins Innerem ausbreitete.
    » Unser Auftrag lautete, Ungläubige zu vertreiben, notfalls mit Waffengewalt. ›Jeder tote Heyde ist ein guter Heyde ‹, sagte einmal ein Kamerad zu mir.«
    Von Dormitz krempelte seine Hemdsärmel hoch. In diesem Moment kämpfte sich die Sonne durch die Wolkendecke und beleuchtete schwach seine kräftigen Unterarme.Sie waren von einem feinen Netz wulstiger Narben überzogen, das Cristin zuvor nicht bemerkt hatte.
    »Uns erschien alles richtig. Wir fühlten uns zu diesem Auftrag berufen. Endlich konnten wir etwas wirklich Bedeutendes tun, versteht Ihr?«
    Baldo und Cristin schwiegen, doch Landsberg bedeutete ihm weiterzusprechen.
    » So wurden Lorenz und ich Mitglieder einer Gemeinschaft, die für eine gute Sache kämpfte. Das glaubte ich zumindest. Selbst dann noch, als mein Bruder in meinen Armen starb.«
    Von Dormitz schloss die Augen. » Bald hatte ich mir den Ruf erworben, ein lautloser und schneller Kämpfer zu sein, der Beste der Truppe.«
    Cristin fuhr zusammen, als er seinen Blick unerwartet und fest auf sie richtete.
    » Was ich zu erzählen habe, ist nichts für schwache Gemüter, werte Frau Schimpf. Vielleicht möchtet Ihr lieber …?«
    » Nein, ich bleibe.«
    »Wie Ihr meint.« Gedankenverloren spielte er mit einem Grashalm. »Wenn ich jemals Skrupel gehabt hatte zu tun, was die Ritter uns befahlen … nach Lorenz’ Tod war nichts davon geblieben. Der Hass auf diese Wilden fraß mich an manchen Tagen regelrecht auf, und meinen Kameraden schien es ähnlich zu ergehen, sodass wir es kaum erwarten konnten, den nächsten Befehl auszuführen und eine ihrer Siedlungen zu überfallen. Diese Heyden beten die Sonne, den Mond und die Sterne an, außerdem alle möglichen Tiere und Göttinnen. Eine Hölle und einen Teufel gibt es für sie nicht. Als dann die Weisung kam, niemanden am Leben zu lassen, der nicht dem wahren Glauben angehörte, waren wir begierig auf Blut. Dreckiges Prußenblut.«
    Vor Cristins inneren Augen erschien das Bild einer jungen Frau, verwundet und geschändet, nur noch von dem Wunsch am Leben gehalten, den Sohn behütet und versorgt zu wissen. Cristins Atem kam in keuchenden Stößen. Die Prußen. Janek. Seine Mutter, der sie einst das Versprechen gegeben hatte, sich um den Jungen zu kümmern. Die Bewohner des Dorfes waren allesamt rechtschaffende Bauern, Väter und Mütter, die nichts wollten, als die hungrigen Mäuler ihrer Kinder zu stopfen. Sie waren einst mit Gewalt zum römischen Glauben gezwungen worden, hatten sich aber wieder davon abgekehrt. Sollte von Dormitz eines jener Scheusale gewesen sein, die das Gemetzel verursacht hatten? Sie presste eine Hand auf ihren rebellierenden Magen und wagte nicht, den Kopf zu heben.
    » Ihr meint, Ihr habt polnische Dörfer geplündert.« Bastian Landsbergs Stimme klang tonlos.
    » Nicht nur das. Gemordet und geschändet haben wir, bis es dort nichts weiter gab als Tod und Verwüstung.«
    » Sagt, dass das nicht wahr ist!«, zischte Baldo..
    Cristin konnte förmlich spüren, was in ihm vorging, welche Szenen aus der Erinnerung sich in ihm formten. Das heisere Krächzen der Krähen, die sich damals an den Kadavern gütlich getan hatten, klang in ihr nach.Baldos Züge waren verzerrt, die Hände zu Fäusten geballt.
    »Ruhig, mein Lieber«, beschwichtigte Landsberg ihn. »Lasst den Mann reden und hört zu, das haben wir ihm versprochen.«
    Cristin stand das Antlitz des Jungen wieder vor Augen. Janek hatte verstört in einem Verschlag gehockt, mit einer Miene, auf der sich das Grauen widergespiegelt hatte. Der Junge hatte alles mit ansehen müssen und konnte seitdem nur mühsam und stockend sprechen. Möglicherweise würde er nie wieder vollständig genesen.
    » Ich danke Euch«, erwiderte von Dormitz stockend. »Während wir in Mokre, einem Dorf südlich von Marienwerder auf den nächsten Auftrag warteten, verbrachten wir die meisten Abende in einer Schänke. Sie wurde von einer jungen Witwe und ihrer halbwüchsigen Tochter betrieben.« Jedes Wort, das ihm über die Lippen kam, schien ihm unendlich schwerzufallen.»Ihr könnt Euch denken, dass uns nicht nur das gute Bier und das deftige Essen dorthin gelockt haben, nicht wahr? Wir waren ausgehungert nach Lachen und Leben, nach Weib und Gesang. Und Anka war hübsch und sanft und freundlich. Ihr Mann war vor Jahren gestorben und hatte sie mit der Wirtschaft zurückgelassen.«
    Cristin spürte Baldos Blick auf sich ruhen, und sie hob langsam den Kopf. Die

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