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Das Gold der Lagune: Historischer Roman (German Edition)

Das Gold der Lagune: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Gold der Lagune: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerit Bertram
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Liebe und Besorgnis, die sie in seinen Augen entdeckte, legten sich warm um sie. Sie nickte zum Zeichen, er möge sich keine Sorgen machen.
    » Anka erinnerte mich an meine Schwester«, redete von Dormitz weiter.
    Bastian trank seinen Becher leer und stellte ihn auf den Boden. »Ihr habt Geschwister?«
    Der andere nickte. »Philipp wird einmal das Geschäft unseres Vaters übernehmen. Er ist nicht nur Vogt, sondern einer der bedeutendsten Weinhändler der Gegend. Maria lebt im Kloster St. Ursula zu Augsburg.«
    Baldo beugte sich vor. »Was ist in dem Dorf geschehen?«
    » Anka war die erste Frau, in die ich mich Hals über Kopf verliebte, obwohl sie zunächst mit keinem Wink zu erkennen gab, ob sie meine Gefühle erwiderte. Mir war es genug, in ihrer Nähe zu sein und vielleicht ab und zu ein scheues Lächeln geschenkt zu bekommen. Doch ich spürte irgendwann, dass auch sie mich mochte.«Von Dormitz sah auf seine Stiefelspitzen.»Wir verbrachten mehrere Wochen in diesem Dorf, und ich war beinahe täglich in Ankas Wirtschaft. Dennoch traute ich mich nicht, sie anzusprechen. Dann wurden wir über Nacht abbeordert, und ich sah sie erst mal nicht wieder.«
    Seine Miene glich einer Maske. Die Sonne schien ihm direkt ins Gesicht.
    »Einige Wochen vergingen, in denen wir uns in anderen Teilen des Landes aufhielten. Dann kam der Befehl, einige jener Dörfer im Süden zu säubern . Ja, so nannten unsere Anführer das. Es hieß, die Leute in der Gegend hätten sich nur zum Schein taufen lassen und den christlichen Glauben angenommen. Insgeheim würden sie immer noch ihren alten Göttern huldigen und weiterhin ihre Sonnenwendfeste feiern. Das kam öfter vor, das wussten wir inzwischen. Dann nannte man uns die Namen der Dörfer. Eines von ihnen war Mokre.«
    »Oh mein Gott!«, entfuhr es Cristin.
    »Was hätte ich tun sollen? Den Dienst quittieren? Ihr wisst nicht, wie es unter Söldnern zugeht. Im Zehnertrupp kreisten wir sie ein, kurz vor Morgengrauen. Unser Anführer erteilte die Anweisung, keine Seele davonkommen zu lassen.«
    Cristin hielt gebannt den Atem an, doch der Blick des Erzählenden schien sich in der Weite zu verlieren.
    » Plötzlich stand Anka vor mir, schön wie immer mit ihren langen blonden Haaren. Die Schreie der anderen hatten sie aus dem Schlaf geschreckt. Dann kam ihre Tochter Jeni herausgestürmt, um zu fragen, was los sei.«
    » Ihr habt auch sie …?«, hörte Cristin Landsberg heiser flüstern.
    Ulrych von Dormitz’ Kehle entrang sich ein Stöhnen.
    »Gott weiß, dass ich sie retten wollte.Ich habe sie angefleht zu verschwinden. Ich wollte sie irgendwo verstecken, um sie später aus dem Dorf herauszubringen. Doch sie schrie mich an, dies sei ihre Familie, ihre Heimat, die sie nicht im Stich lassen würde.«
    Cristins Zunge klebte am Gaumen.
    » Einen Mörder hat sie mich geschimpft. Mit Fäusten ist sie auf mich losgegangen wie eine Furie.Ich konnte es nicht, zögerte, obwohl sie meinen Dolch zog, damit ich sie und Jeni töte. Den Ausdruck auf ihren Mienen werde ich nie vergessen. Da wurde ich plötzlich zur Seite gestoßen. Einer meiner Kameraden war auf mich zugestürzt. Bevor ich irgendetwas tun konnte, hatte er Anka von hinten ergriffen, ihr den Dolch entrissen und mit einer einzigen Bewegung …« Er brach ab.
    In Cristin stieg Übelkeit auf.
    » Er hat ihr die Kehle durchgeschnitten. Ich sehe noch, wie das Blut an ihrem Hals hinunterlief, höre noch ihr letztes Röcheln. Es verfolgt mich bis in meine Träume. Anka schrie nicht, sie sackte nur in die Knie. Der Laut, den sie ausstieß …«
    »Und das Kind?«, hörte Cristin Bastian fragen.
    »Jeni sah alles mit an und versuchte zu fliehen. Aber einer meiner«, er spie das Wort förmlich aus, »Kameraden, setzte ihr nach und tötete auch sie.«
    Cristin sprang auf. Mit weichen Knien eilte sie davon, um sich in einem nahe gelegenen Gebüsch zu erbrechen. Während sie noch um Fassung rang und versuchte, ihre verwirrenden Gefühle zu sortieren, nahm sie ein Rascheln und das Knacken von Ästen hinter sich wahr.
    »Bist du da, Cristin?«
    Baldo. Sie raffte ihren Rock und trat zu ihm.
    »Bitte, ich möchte ihn jetzt nicht sehen. Ich gehe zum Wagen.«
    Sanft fuhr ihr Mann mit seinem Zeigefinger über Cristins Wange. »Geh nur«, nickte er und küsste sie. »Ich komme bald nach.«
    Es war stürmisch an diesem Vormittag, und die Äste der Bäume bogen sich im Wind. Cristin mied den Blick des Söldners, wann immer es ihr möglich war. Ulrych von Dormitz.

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