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Das Gold der Lagune: Historischer Roman (German Edition)

Das Gold der Lagune: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Gold der Lagune: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerit Bertram
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Piet konnte spüren, wie die Angst und Erstarrung allmählich von ihr wichen und sie sich entspannte.
    » Diese vermaledeiten Diebe! Nichts ist vor diesen Beutelschneidern sicher! Und wieso nur haben wir unseren Proviant schon aufgegessen?«, entschlüpfte es ihr.
    Piet lachte leise. Wenn sie sich derart erboste, kehrte ihr alter Kampfgeist sicher bald zurück.Er tastete im Dunkel nach dem ledernen Schlauch.
    »Wenigstens haben wir noch genügend Wasser bei uns.«
    Während Marianka trank, stützte Piet sich auf die Ellenbogen und betrachtete ihre blonden, schulterlangen Haarsträhnen, die in der Dunkelheit wie eine Fahne wirkten.
    »Wie schön du bist«, flüsterte er.
    Sie legte den Wasserschlauch neben sich und schlang ihm die Arme um den Nacken. Piet fühlte ein Ziehen in seinen Lenden, wie immer, wenn er ihren festen Leib unter seinen Fingern spürte. Zärtlich strich er ihren Rücken entlang, bis seine Finger schließlich an ihrer Hüfte verharrten. Er grinste. Wenn er ihnen auch nichts zu essen anbieten konnte, so wollte er wenigstens dafür sorgen, dass sie beide ihren Hunger für eine Weile vergaßen.
    Piet träumte. Hoch über endlose schwarze Wälder schien er zu schweben, immer höher. Ihm schwindelte, doch er verspürte eigenartigerweise keine Furcht. Kühler Wind blies ihm ins Gesicht, und seine Augen tränten vom hellen Sonnenlicht. Er sah nach unten, wo sich eine weite Seenlandschaft erstreckte. Das Wasser schimmerte grünlich, und die dazwischen liegenden Getreidefelder wirkten wie Lichtpunkte. Er war auf der Suche, doch er wusste nicht, wonach. Er musste sich beeilen, das war alles, was er mit Deutlichkeit erkannte.
    Städte rauschten unter ihm vorbei, so schnell, dass sie mit dem nächsten Schlag seines Herzens schon vorüber waren. Vögel mit riesigen Schwingen glitten über ihn hinweg und stießen heisere Schreie aus. Sie schienen sich über ihm zu einem Schwarm zu formieren, ihre Rufe gellten ihm in den Ohren. Cristin. Sie schrien ihren Namen. Cristin, Cristin.
    Die Angst kam jäh und raubte ihm schier den Atem. Dann wurden die krächzenden Töne der Vögel zur Stimme seiner Schwester, eine andere mischte sich hinzu. Piets Herz hämmerte in der Brust, als er ruckartig erwachte und in die Wirklichkeit zurückfand.
    Was war mit ihr?

8
    N ach einer beschwerlichen, fast zweiwöchigen Reise über steile Hänge und tiefe Täler öffnete sich das Tal der Etsch endlich vor ihnen. Tagelang waren sie dem gewundenen Fluss gefolgt, an dessen Ufer der Gebirgspfad verlief, zuletzt durch die engste Stelle des Tals, der Berner Klause . Meist hatten sie im Freien schlafen müssen, nur in den Städten Boxen und Brixen war es ihnen vergönnt gewesen, ihre müden Leiber in weiche, warme Betten sinken zu lassen.
    Nun erkannte Cristin in der Ferne die Silhouette einer weitaus größeren Stadt. Das musste Verona sein, ihre letzte Station, bevor sie dann Venedig erreichten.
    Josef nickte, als hätte er ihre Gedanken erraten. »Es sind etwa drei Meilen bis Verona. Das schaffen wir heute nicht mehr. Ich schlage vor, wir verbringen die Nacht in einer Herberge hier in der Nähe.«
    Die anderen willigten ein.
    Früh am nächsten Morgen brachen sie auf, nachdem sich die beiden Säumer von ihnen verabschiedet hatten, um nach Innsprucke zurückzukehren. Langsam rollte der Ochsenkarren der Stadt entgegen, deren Mauern und Türme Cristin nun erkennen konnte. Von Verona aus waren es dann nur noch drei, höchstens vier Tagesreisen zu ihrem Ziel. Bei dem Gedanken, nun bald die Stadt zu erreichen, von der Jadwiga ihr voller Begeisterung erzählt hatte, nahm Erregung von ihr Besitz.
    Eine Stunde später lenkte Baldo den Wagen über eine dreibogige, zinnenbekrönte Steinbrücke, die über die Etsch in die Stadt führte. Durch enge Gassen ging es, vorbei an mehrstöckigen, aus Stein gebauten Häusern, aus denen ihnen die Menschen neugierig hinterhersahen, über Plätze, von denen sich Kathedralen und kleinere Kirchen in den winterlichen Himmel erhoben. Zahlreiche Palazzi mit kunstvoll verzierten Fassaden zeugten vom Reichtum der Veroneser. Bastian bat Baldo, den Wagen in eine Gasse unweit einer teilweise zerstörten, von Arkadenbögen umspannten Anlage zu lenken.
    »Ich hätte Euch gern das Amphitheater gezeigt. Es ist etwas ganz Besonderes. Doch führt heute noch eine Prozession durch die Stadt. Ich fürchte, Verona wird bald einem Ameisenhaufen gleichen.« Er wies geradeaus. »In dem Wirtshaus da hinten lässt es sich vorzüglich

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