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Das Gold der Lagune: Historischer Roman (German Edition)

Das Gold der Lagune: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Gold der Lagune: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerit Bertram
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Pelzweste fiel ein langer Vollbart, den einzelne graue Strähnen durchzogen. Die beiden taten, wie ihnen geheißen.
    » Ich bin Joschka«, stellte sich der Mann vor. Er wies auf eine schlanke, deutlich jüngere Frau, die Marianka gegenüberhockte. Auf ihrem Schoß saß ein kleines Mädchen, das etwa in Elisabeths Alter sein musste, und schlief.
    » Das ist Tamina, meine Frau. Und Shari, unsere Jüngste. Habt ihr Hunger oder Durst?«
    Marianka nickte schüchtern. Verstohlen wanderten ihre Blicke zu den fremdartig aussehenden Menschen, die rings um das Feuer kauerten und sich miteinander unterhielten. Die meisten von ihnen waren Männer, einer bereits in hohem Alter. Auch ein paar Greisinnen wärmten sich die dürren Hände. Ein junges Mädchen streichelte selbstvergessen einen struppigen Hund. Anders als die Frauen in Krakow waren die Cygani -Weiber barhäuptig und trugen ihre schwarzen Haare offen. Keine anständige Frau tat so etwas. Genauso wenig, wie sich in den Schandfarben Rot und Gelb zu kleiden! Eine junge Frau sah sie an und öffnete den Mund zu einem Lächeln, bei dem ihre ebenmäßigen Zähne weiß in der Nacht glänzten. Marianka wandte den Kopf. Piet trank aus einem Becher, den Joschka ihm reichte.
    Die Frau mit dem schlummernden Kleinkind auf dem Schoß nickte ihr zu. »Möchtest du auch?«
    Marianka griff nach dem Becher und nahm einen Schluck des erwärmten Weines, der ihr wohltuend durch die Kehle rann.
    » Warum seid ihr des Nachts im Wald unterwegs?«, wollte Joschka wissen.
    Piet streckte die müden Glieder. Dann erzählte er in wenigen Sätzen, was ihnen in Czestochova widerfahren war.
    »So geht es uns fast überall, wo wir hinkommen. Auch uns versuchen sie aufzuhalten, damit wir ihre Städte nicht betreten. Manche geben uns allerdings auch Almosen. Allerdings nicht, um uns etwas Gutes zu tun, sondern damit wir schnell wieder verschwinden.« Die Lippen des Cygan verzogen sich zu einem spöttischen Lächeln. »Für die anständigen Menschen sind wir Kalderash nichts als Abschaum.«
    » Kalderash ?«, fragte Piet.
    Der andere nickte. »Kesselflicker. So nennen wir uns, weil die meisten von uns damit ihr Geld verdienen. Auch wenn die ach so ehrbaren Kupferschmiede uns für Pfuscher halten!«
    Im Schein der Flammen sah Marianka, wie sich ein bitterer Zug um seine Mundwinkel legte.Sie drehte den Becher mit dem wärmenden Getränk in den Händen. »Darf ich dich etwas fragen?«
    » Nur zu.«
    » Ich habe gehört, dass ihr aus dem Morgenland zu uns gekommen seid. Dort glauben die Menschen nicht an Jesus Christus, unseren Herrn. Nennt man euch deshalb Heyden ?«
    Der Mann verscheuchte eine Mücke, die sich auf seiner breiten Stirn niederlassen wollte. » Heyden ? Glaube mir, auch wenn nicht alle Cygani zur Jungfrau Maria beten und eurem Papst Gehorsam leisten, so sind wir doch keine Ungläubigen. Einige von uns beten fünfmal am Tag zu Allah und verehren den Propheten Muhammad, andere glauben schon seit Hunderten von Jahren an Gottes Sohn. Warum also sind wir in euren Augen Heyden ?« Marianka schwieg, und ein leises Lachen kam von den Lippen des Mannes, der offenbar der Anführer der Gruppe war. »Habe ich dir etwas zum Nachdenken gegeben? Das ist gut.«
    Er griff nach einigen Zweigen und warf sie ins Feuer, das nahezu heruntergebrannt war. Sogleich stoben die Funken in die klare Nacht empor.
    » Ihr könnt die Nacht in unserem Lager verbringen, wenn ihr wollt«, wandte er sich an Piet. »Morgen ziehen wir weiter in die nächste Stadt, um unsere Dienste als Kesselflicker anzubieten.«

10
    Hamburg
    L udewig hatte an einem Sonntag das angekohlte Spinnrad abgehobelt, sodass es zwar nicht wie neu aussah, aber wenigstens wieder zu gebrauchen war. Minna war ganz gerührt gewesen. Vielleicht konnte es der Deern, wenn sie zurück in Hamburg war und erfuhr, was in ihrer Abwesenheit geschehen war, ein Zeichen der Hoffnung sein. Wenn es doch nur eine Möglichkeit gäbe, den Schimpfs eine Nachricht zukommen zu lassen. Dies war allerdings ganz und gar unmöglich, sie wusste ja nicht einmal, wo sie sich inzwischen befanden. Außerdem, was sollte es den beiden helfen, wenn sie von dem Brand wüssten? So blieb Minna nur ein banges Warten auf den Tag, an dem die Planwagen mit den Schimpfs und deren Freund Landsberg durch die Tore der Hansestadt rollten.
    Der Bader hatte tatsächlich drei junge Burschen gefunden, die sich redlich mühten und gemeinsam mit den Nachbarn auf der Brandstelle aufräumten, so oft es möglich

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