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Das Gold der Lagune: Historischer Roman (German Edition)

Das Gold der Lagune: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Gold der Lagune: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerit Bertram
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geringsten Appetit. Nicht einer der kunstvollen Stoffe in Meister Pinos Werkstatt hatte in ihr auch nur den Funken einer Idee für die geforderten Stoffe entstehen lassen. Im Gegenteil, die kräftigen Farben und die komplizierten Muster taten ihren Augen noch immer weh.
    »Nun iss schon, Weib«, riss Baldos strenge Stimme sie aus ihren Überlegungen. »Wenigstens das Gemüse.«
    Gehorsam führte sie den gehäuften Löffel zum Mund, ohne jedoch etwas von dem Geschmack wahrzunehmen.
    »Bitte«, brachte sie mühsam hervor und hoffte, die Männer bemerkten ihre feuchten Augen nicht, »ich muss an die frische Luft.«
    Sie beschlossen, alle zusammen einen Spaziergang zu unternehmen. Also flanierten sie den Canal Grande entlang und genossen den Wind ebenso wie die Geräusche der belebten Stadt. Bastian und Baldo gaben sich alle Mühe, Cristin in ein angeregtes Gespräch zu verwickeln, doch sämtliche Versuche prallten an ihr ab. Obwohl sie die Stimmen und das Gelächter ihrer Begleiter sowie die Schreie der allgegenwärtigen Möwen wahrnahm, war es ihr, als würden sich diese Eindrücke mit dem Rauschen des Canal Grande zu einem Ganzen vermischen. Bis sie stehen blieben. In der Ferne erblickte Cristin einen winzigen grünen Fleck und schirmte die Augen vor dem Sonnenlicht ab.
    »Dies ist eine der unzähligen Inseln der Lagune«, erwiderte Bastian, der ihrem Blick gefolgt war. »Murano, die Glasbläserinsel. Sie wird von einer Mauer umgeben.«
    »Wenn ich Euch weiterhelfen dürfte?«, mischte sich Doria ein. »Ich kenne einige wunderbare Orte, an denen es sich herrlich flanieren lässt.«
    »Nein, nein«, wischte Cristin seinen Vorschlag ungeduldig beiseite. »Das ist es nicht, wonach ich suche, vielen Dank.« Sie wandte sich zu den anderen um. »Ich möchte allein sein.«
    Baldo umfasste ihre Taille. »Du glaubst doch nicht, dass ich dich in dieser fremden Stadt irgendwo allein lasse, oder?«
    Cristin seufzte und lehnte sich gegen seine Brust.
    Doria räusperte sich vernehmlich. »Ich denke, ich weiß, was Ihr sucht, Signora. Bitte folgt mir.«
    Der Italiener sprach einen der Gondolieri an, die am Ufer auf Fahrgäste warteten. Dieser nickte und machte eine einladende Handbewegung, worauf sie in die Gondel stiegen. Als sie ablegten, hielt Cristin ihr erhitztes Gesicht in den Wind. In ihrem Kopf herrschte ein heilloses Durcheinander von Gedanken. Sie brauchte Ideen, und das so schnell wie möglich, denn die Stunden zerrannen so rasch wie der Sand in einem Stundenglas.
    Inmitten der Lagune tauchte eine Insel auf, ein langer, schmaler Landstreifen, der von hoch angehäuften Steinen gesäumt war. Als würde das Ungeborene die innere Erregung seiner Mutter spüren, rührte es sich in ihrem Leib. Dann wurde die Gondel am Ufer vertäut, und die Passagiere betraten den Landstrich. Vor ihnen befand sich eine Siedlung, aus der allerlei Geräusche von Menschen und Tieren zu ihnen herüberdrangen. Sie gingen in südlicher Richtung weiter. Hohe, schlanke Bäume säumten nun den Weg, und ihre Zweige mit den herbstlich bunten Blättern tanzten im Wind. Nur wenig später gaben sie den Blick auf einen Küstenstreifen frei. Die Nachmittagssonne, die sich hinter träge ziehenden Wolken versteckt hielt, tauchte die Lagune in diffuses Licht. Um sie herum herrschte friedliche Stille.
    Cristin atmete auf. »Baldo, hier möchte ich bleiben.«
    »Gut«, erwiderte Doria, »wir warten dort hinten auf Euch.«
    Baldo führte sie fort von Bastian und dem Übersetzer, dem Küstenstreifen zu, bis die beiden Männer aus ihrem Sichtfeld entschwanden. Auf einer Bank ließen sie sich nieder. Cristin lehnte sich zurück und schloss die Augen.
    Dann waren da nur noch der Wind, der den Geruch des Meeres mit sich trug, und das Plätschern des Wassers, wenn die Vögel sich in die Luft erhoben. Ihr Herzschlag beruhigte sich allmählich, während sie ihre Hand in Baldos schob und versuchte, alle quälenden Gedanken fortzuschieben. Cristin wusste nicht, wie lange sie auf dieser Bank saß, die Nähe ihres Mannes fühlte und den Tönen der Natur lauschte wie einer leisen Melodie.
    Irgendwann öffnete sie die Lider. In diesem Moment kämpfte sich die Sonne durch die Wolken und ließ ihre Strahlen verschwenderisch über die Lagune scheinen. Cristin entwich ein überraschter Laut, sie konnte kaum glauben, was sie vor sich sah. Der Lido war in ein unwirkliches, beinahe gleißendes Licht gehüllt. Unzählige Pflanzen und Gräser in allen Rosa- und Rottönen lugten aus dem

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