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Das Gold der Lagune: Historischer Roman (German Edition)

Das Gold der Lagune: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Gold der Lagune: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerit Bertram
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stellte sich als Schwester Caritas vor.
    »Habt Ihr schon zu Abend gegessen?«, wollte die in eine dunkle Tunika gekleidete Frau wissen, während Cristin neben ihr über den von einer dünnen Schneeschicht bedeckten Innenhof schritt.
    Die Schwangere verneinte.
    »Es müsste noch etwas Eintopf übrig sein.«
    Als die Klarisse sah, dass Cristin Mühe hatte, auf dem rutschigen Boden nicht auszugleiten, bot sie ihr den Arm. Dankbar hakte sich Cristin bei ihr ein. In dem Gebäude, das sie an der Seite der jungen Ordensfrau betrat, war es bereits still. Nur wenige Schwestern kamen ihnen auf den Gängen entgegen und grüßten den Gast mit einem Nicken. In der Küche erhitzte Schwester Caritas eigenhändig den Kessel mit dem wohlriechenden Eintopf und wies ihren Gast an, an einem Tisch in dem kleinen Nebenraum Platz zu nehmen. Dessen einziger Schmuck war das Bildnis einer Frau. Ihr Haupt umgab ein leuchtender Heiligenschein, in der erhobenen rechten Hand hielt sie eine weiße Lilie. Liliana , ging es Cristin schmerzhaft durchs Herz.
    »Die Gründerin unseres Ordens«, ließ sich die Schwester vernehmen. »Klara von Assisi. Sicher habt Ihr schon von Ihr gehört.«
    »Gewiss. Nur weiß ich nicht viel mehr über die Heilige, als dass sie eine Gefährtin des heiligen Franziskus war und wie er in Armut lebte.«
    Schwester Caritas stellte eine irdene Schüssel vor Cristin auf den Tisch. »Lasst es Euch schmecken. Bitte bedenkt, Euer Kind braucht Kraft. Wann soll es denn zur Welt kommen?«
    Der Goldspinnerin lief bei dem herzhaften Duft des Eintopfs das Wasser im Mund zusammen. Sie griff nach dem Löffel und tunkte ihn ein. »In einigen Wochen schon.«
    »Möge der Herr bei der Geburt die Hände über Euch halten. Nach dem Essen zeige ich Euch Euer Nachlager.«

28
    Plauen
    A m nächsten Morgen erwachte Cristin schon früh, denn das Kind bewegte sich so heftig wie schon seit Tagen nicht mehr. Sie stand auf, ging in den Waschraum hinüber und reinigte sich. Das Frühmahl nahm sie hastig ein, verabschiedete sich von Schwester Caritas und gab ihr zwei Heller. Die Ordensfrau begleitete sie zum Tor, wo Baldo sie bereits erwartete. Er hatte dunkle Ringe unter den Augen.
    »Hast du nicht gut geschlafen?« Sie legte eine Hand an seine Wange und küsste ihn leicht.
    »Nicht besonders«, gab er einsilbig zurück. Seine Stimme klang tiefer als sonst.
    Doch dann lächelte er, reichte ihr die Hand und zog sie auf den Kutschbock des Karrens.
    »Wie heißt unser nächstes Ziel?«, erkundigte sich Cristin.
    Baldo setzte das Pferd unterdessen durch einen leichten Hieb mit einem Stecken, den er sich unterwegs geschnitzt hatte, in Bewegung.
    »Es ist Plauen, wenn ich mich recht erinnere. Die Stadt müsste etwa vier Meilen entfernt sein.« Er hustete und blickte zum Himmel. »Wenn kein weiterer Schnee fällt, sollten wir sie gegen Abend erreichen.«
    Da sich das trockene Wetter hielt, kam der Pferdekarren auf der festgefrorenen Schneedecke gut voran. Innerhalb der folgenden Stunden brachten sie Meile um Meile hinter sich, bis sie endlich über eine steinerne Brücke auf die Stadtmauer von Plauen zurollten.
    »Sieh nur, Baldo.« Cristin deutete auf die Eisfläche.
    Trotz der einsetzenden Dämmerung vergnügten sich Dutzende Menschen auf aus Rinderknochen gefertigten Schlittschuhen beim Eislaufen. Am Ufer hatte man eiserne Körbe aufgestellt, in denen Feuer brannten und das fröhliche Geschehen beleuchteten, ganz so, wie Cristin es aus Hamburg kannte.
    In Baldos Mundwinkeln zeigte sich ein Lächeln, das aber gleich wieder verschwand. Er hustete. Das Geräusch klang hohl, und seine Haut wirkte an diesem Morgen gräulich.
    Der Wagen kam vor dem geöffneten Stadttor zum Stehen, und ein Mann mit einer Hellebarde trat zu ihnen.
    »Wo können zwei müde Reisende die Nacht verbringen?«, fragte Cristin.
    »Fahrt weiter zum Komturhof . Er befindet sich rund um die Johanniskirche. Ihr könnt ihn nicht verfehlen. Im Deutschen Haus wird man Euch eine Kammer zuweisen.«
    Das weitläufige Gelände beherbergte neben dem erwähnten Gotteshaus eine Anzahl lang gestreckter Gebäude sowie mehrere Pferdeställe. Vor einem von ihnen brachte Baldo den Wagen zum Stehen. Aus den Augenwinkeln konnte Cristin erkennen, wie er unterdrückt hustete und einen Moment innehielt, bevor er auf den ungepflasterten Hof sprang. Plötzlich wurde eine breite Stalltür aufgeschoben, und zwei hochgewachsene Männer traten heraus. Auf dem weißen Stoff ihrer fast bis zum Boden reichenden

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