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Das Gold der Lagune: Historischer Roman (German Edition)

Das Gold der Lagune: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Gold der Lagune: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerit Bertram
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träumerische Miene an. Cristin betrachtete fasziniert das Profil der Königin. Ihre Züge wirkten wie gemalt.
    »Wie ist sie, die Liebe?«
    Cristin stutzte. »Was meint Ihr?«
    »Du hast richtig gehört.« Jadwiga lächelte ein wenig abwesend, ohne sie anzusehen. »Wie ist es zu lieben, Cristin?«
    Mit geschlossenen Augen sann die junge Frau über die Frage nach.
    »Wie soll ich es beschreiben? Für mich bedeutet Liebe die Gewissheit zusammenzugehören, ganz egal, wie ich mich fühle. Gleichgültig, was ich tue.« Sie konnte Baldo vor sich sehen, so deutlich, als stünde er tatsächlich vor ihr. »Es ist wie ein Feuer im Winter oder wie eine kühle Brise im Sommer.«
    Cristin öffnete die Lider, beobachtete die Königin, die ihr nun offen ins Gesicht schaute. Ein Leben ohne Baldo war für sie kaum vorstellbar. Wie mochte ein Mensch leben, wenn er nie die Liebe und die ihr innewohnende Kraft erfahren hatte? Wie tragisch! Dabei war Jadwiga eine Schönheit, sie könnte ein ganzes Dutzend Liebhaber um sich scharen und sich vergnügen, wie es in ihren Kreisen durchaus üblich war. Doch sie tat es nicht. Oder sie hatte ihre Geheimnisse sorgsam hüten können.
    Die Tür zu den königlichen Gemächern öffnete sich, und die Dienerin huschte mit der Kiste auf dem Arm herbei, um sie unweit der Schlafstatt abzusetzen. Jadwiga dankte ihr, wies sie mit einer einzigen Handbewegung an, ans Ende des Raumes zurückzukehren, und sah Cristin an.
    »Lass dich nicht aufhalten. Ich werde mich, während du arbeitest, schon zu beschäftigen wissen.«
    Mit einem müden Lächeln ließ sich Jadwiga tiefer in die Kissen sinken. Bedächtig stellte Cristin den mit einem Tuch bedeckten Stickrahmen nahe dem hohen Fenster auf und entnahm der Kiste Garn und ihre Goldspindel. Sie setzte sich auf einen Schemel vor den Rahmen und zog die schützende Hülle von dem kostbaren Leinenstoff. Anschließend begutachtete sie ihr Werk eingehend und nickte zufrieden. Während sie einen Stich nach dem anderen setzte und jeden weiteren Gedanken aus ihrem Kopf zu verbannen suchte, fühlte sie Jadwigas Blick auf sich ruhen.
    Eine Zeit lang war nur das Rattern der Fuhrwerke auf dem Burghof zu hören, das durch eines der geöffneten Fenster zu ihnen heraufdrang. Bald signalisierten tiefe, gleichmäßige Atemzüge, dass die Königin eingeschlafen war. Cristin gab der Dienerin einen Wink, sich leise zu verhalten, und beugte sich wieder über den Stickrahmen.
    Nachdem die erste Scheu verflogen war, Jadwiga auch während sie schlief Gesellschaft zu leisten, gefiel es Cristin sogar, bei ihrer Stickarbeit nicht allein zu sein. Sie warf einen Blick aus dem Fenster und entdeckte Elisabeth auf dem Burghof. Mit schräg gelegtem Kopf sah sie Janek beim Aufzäumen eines Pferdes zu. Der Junge winkte sie näher, hob sie auf den Arm, nahm ihre ausgestreckte Hand und legte sie auf die Nüstern des edlen Tieres. Elisabeth hielt ganz still. Baldo würde staunen, wenn er sehen könnte, wie glücklich seine Tochter auf dem Wawel war.
    Nur mühsam riss Cristin sich von der kleinen Szene auf dem Burghof los und beugte sich wieder über den Stickrahmen. Das um eine seidige Sehne gewickelte Häutchengold in das komplizierte Muster einzusticken, erforderte besondere Aufmerksamkeit, denn es sollte gleichmäßig schimmern, wenn Licht darauf fiel. Ganz in ihre Arbeit versunken, bemerkte Cristin zunächst nicht, dass sie beobachtet wurde. Als sie den Kopf hob, begegneten sich Jadwigas und ihr Blick.
    »Ich bin so neugierig, liebste Cristin. Magst du mir dieses Gewand vielleicht zeigen? Es sieht so ganz anders aus als die Arbeit am Webrahmen oder am Spinnrad.«
    Die Wangen der Königin waren vom Schlaf noch zart gerötet. »Aber gern«, erwiderte Cristin erfreut.
    Die Dienerin eilte herbei, doch sie winkte ab und stellte den Stickrahmen nahe der königlichen Schlafstatt auf.
    Jadwigas Augen weiteten sich. Sie setzte sich in ihrem Bett auf und beugte sich vor.
    »Mein Gott, wie wunderschön«, brach es aus ihr heraus. »Du bist ja eine richtige Künstlerin!« Andächtig fuhr sie mit den Fingern über den Stoff.
    Cristin sah, wie Jadwigas Blick auf dem halb fertigen Motiv haften blieb.
    »Diese Farben«, hauchte die Königin. »Ich habe so etwas noch nie gesehen. Wie … wie machst du das?«
    Cristin neigte den Kopf zu der Königin und erklärte ihr geduldig einige der Stiche. Jadwiga folgte mit kindlichem Staunen den Schilderungen ihrer Freundin.

16
    Lübeck
    I n der Nacht hatte es in Lübeck

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