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Das Gold der Lagune: Historischer Roman (German Edition)

Das Gold der Lagune: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Gold der Lagune: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerit Bertram
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schien Notiz von ihnen zu nehmen. Die Hafenarbeiter waren damit beschäftigt, die Anordnungen der Händler zu befolgen, und die beiden Seeleute, die ihren Weg kreuzten, hatten sich jeder eins dieser willigen jungen Weiber gegriffen, die am Hafen auf Freier warteten.
    Sie stemmte sich gegen den Griff des Mannes. »Lasst mich los! Ich will nicht mit Euch …«
    »Halt den Mund! Ich sagte, ich tue dir nichts!«
    Vor einem Backsteingebäude in der Fischergrove blieben sie stehen.
    »Geh in die Schänke und warte dort auf mich.«
    Unschlüssig trat sie von einem Fuß auf den anderen und schaute dem Fremden nach. Was hatte sie schon zu verlieren? Von dem erbettelten Geld würde sie sich etwas zu trinken bestellen und danach den Rückweg antreten, denn warum sollte der Kerl zurückkommen?
    Die junge Frau öffnete die Tür und trat ins Halbdunkel. Der Raum war fast leer. Lediglich zwei alte Männer saßen an einem der Holztische und unterhielten sich leise. Sie wählte einen Tisch am Fenster und ließ sich nieder. Bei der drallen Wirtin bestellte sie sich einen Becher verdünnten Wein und schlug die Beine übereinander. Der abschätzige, verächtliche Blick der Frau wurde etwas milder, als das Mädchen eine Münze auf den Tisch legte.
    Genau genommen hatte der Tag gut angefangen, zur Beunruhigung bestand kein Anlass. Der Mann hatte ihr nichts zuleide getan. Bloß recht eigenartig war er ihr vorgekommen. Diese harten Züge, denen anzusehen war, dass er nur selten lachte. Die hochgewachsene Gestalt mit dem Zopf, der im Wind flatterte. So stellte sie sich einen Piraten oder einen anderen Abenteurer vor. Gewiss wusste er viele aufregende Dinge zu erzählen, nur schien er nicht von der unterhaltsamen Sorte Mann zu sein.
    Sie blickte aus dem Fenster und beobachtete zwei junge Mädchen, die kichernd und mit rosigen Wangen an der Schänke vorbeischlenderten. Auf den Hüften trugen sie Körbe, Leinenhauben zierten ihre Köpfe. Dann konnte sie die Gestalt des Fremden ausmachen, der über die Straße auf die Tür zuging. Einen Moment später betrat er den Schankraum.
    »Hier.« Er zog ein Bündel aus seinem Mantel und legte es auf den Tisch.
    Sie nahm es an sich und riss an der Verschnürung. »Wo habt Ihr das Kleid her?«, entfuhr es ihr, als sie das einfache Leinengewand in den Händen hielt.
    »Was geht’s dich an?«, gab er unfreundlich zurück und wies in eine Ecke des Raumes. »Komm mit. Mein Tisch ist dort drüben.«
    Unsicher griff sie nach ihrem Becher, folgte dem Mann und setzte sich zu ihm.
    Er winkte der Wirtin. Kurze Zeit später stellte diese einen Becher gewürzten Wein vor ihn auf den kleinen Tisch. Die junge Frau griff nach ihrem Becher und trank einen Schluck. Wieso befand sich der Platz des Kerls in dieser dunklen Ecke?
    Schweigend saßen sie sich gegenüber, was ihr die Gelegenheit gab, ihn eingehender zu studieren. Ein finsterer Geselle, dachte sie. Die buschigen Augenbrauen waren in der Mitte beinahe zusammengewachsen. Seine sehnigen, an vielen Stellen narbigen Arme erzählten von harter Arbeit. Um die schmalen Lippen zuckte es so, als ob dieser Mann sein Innerstes zu verbergen suchte. Um vieles älter als sie, könnte er gewiss ihr Vater sein. Ob er eine Frau hatte? Kinder? Aber waren diese großen Hände dazu fähig, über einen Kinderkopf zu streichen? Andererseits schenkte er ihr, einer dahergelaufenen Fremden, einfach so ein Kleid. Sie senkte die Lider. Wäre seine Miene freundlicher, würde sie ihrem Drang nachgeben und ihn fragen, warum er das tat. Aber ein Mädchen in ihrer Lage nahm an, was es bekommen konnte, und stellte besser keine neugierigen Fragen.
    Die Tür öffnete sich erneut, und eine kleine Gruppe gut gekleideter Männer, offensichtlich Kaufleute, betrat die Schänke. Unwillkürlich drehte sie ihnen den Rücken zu und lauschte auf ihre Stimmen. Auch der Fremde an ihrem Tisch wendete sich leicht ab. Ist er in dieser Schänke nicht erwünscht oder warum verbirgt er sein Gesicht vor den Neuankömmlingen?, fragte sie sich.
    Gut gelaunt bestellte einer der neuen Gäste Getränke. Schon bald tönten das Klirren von Geschirr und Männerlachen zu ihnen herüber. Die junge Frau fühlte sich beobachtet, hob den Kopf und begegnete dem aufmerksamen Blick ihres Gegenübers. Diese durchdringenden, beinahe stechenden Augen … Ein Kribbeln breitete sich in ihrem Bauchraum aus. Schon die ganze Zeit über wurde sie das Gefühl nicht los, ihn zu kennen.
    »Wie heißt du?«
    Sie blickte auf, und ihre Hände

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