Das Gold der Lagune: Historischer Roman (German Edition)
beiden Frauen sind wieder da!«, rief Baldo aus. »Was hab ich euch vermisst!«
Er setzte die Kleine ab und wandte sich einem Mann mit bauschigem Backenbart zu, der ihn vom Kutschbock herab anblickte.
»Wie viel bekommt Ihr?«, wollte Baldo wissen. Er fasste nach dem ledernen Geldbeutel an seinem Gürtel.
»Dreißig Kreuzer, mein Herr.«
»Ein halber Goldgulden? Das ist Wucher!«
»Umsonst ist nur der Tod …«
»… und der kostet das Leben. Verschont mich mit Euren Weisheiten.«
Der andere zuckte die Achseln. »Ist ein langer Weg von Franckfurde bis Hamburg.«
Baldo nahm ein paar Münzen aus dem Beutel und ließ sie in die geöffnete Hand des Mannes fallen. »Ich gebe Euch acht Witten.«
Der andere rechnete kurz um und nickte dann. »Kann ich wenigstens bei Euch übernachten?«
Baldo schüttelte den Kopf. »Geht in ein Gasthaus«, brummte er. »Ihr habt ja jetzt Geld genug.«
Der Mann warf ihm einen letzten Blick zu und schnalzte mit der Zunge. Die Kutsche setzte sich in Bewegung. Baldo folgte Cristin und Elisabeth ins Haus. Erst als er sich zu den beiden in die Küche gesetzt hatte, fiel ihm auf, dass die Miene seiner Frau mehr Ernst als Wiedersehensfreude zeigte.
»Was ist mit dir, Liebes?«, wollte er wissen. »Gibt es etwa schlechte Neuigkeiten? Ist etwas mit Piet?«
Sie schüttelte den Kopf. »Piet und Marianka geht es gut …« Sie brach ab. In ihren Augen schimmerten Tränen.
Baldo beugte sich vor und griff nach ihrer Hand. »Was ist geschehen?«
»Jadwiga …«
»Was ist mit ihr?«
»Sie ist tot! Das Kind ist drei Wochen nach der Geburt gestorben. Jadwiga hat es nur um vier Tage überlebt!«
Die Nachricht war für ihn wie ein Schlag in die Magengrube, und er stieß einen heftigen Fluch aus, doch anders als sonst traf ihn diesmal kein missbilligender Blick seiner Frau.
»Es ist so ungerecht«, stieß sie stattdessen hervor. »Warum gerade sie? Warum ein so wunderbarer Mensch?«
Hilflos hob er die Schultern. Die Küchentür wurde knarzend aufgestoßen. Minna, bereits im Nachthemd und das sonst stets unter einer Haube versteckte Haar offen, steckte den Kopf herein, gefolgt von Lump, der eifrig mit dem Schwanz wedelte.
»Frau Schimpf, hab ich also doch richtig gehört! Wie schön, dass Ihr wieder da seid!« Minna trat an den Tisch und drückte Cristins Hand. Dann strich sie Elisabeth über den Scheitel.
»Bring bitte meine Tochter zu Bett«, bat Cristin, herzte ihr Kind und küsste es auf die Stirn.
Als sie mit Baldo allein war, berichtete sie ihm, was sich auf dem Wawel zugetragen hatte. Schweigend hörte er ihr zu. Schließlich kam sie auf den Tag ihrer Abreise vor fast vier Wochen zu sprechen.
»Dieser Hundsfott.« Baldo schlug mit der Faust auf den Tisch, als Cristin ihm erzählte, warum ihr diesmal niemand zum Geleit mitgeschickt worden war und sie in Franckfurde eine Kutsche hatte mieten müssen.
»Ich hab noch nie viel übriggehabt für diesen …« Er suchte nach einem passenden Wort, das in etwa beschreiben konnte, was er von König Jagiello hielt, doch Cristin winkte ab.
»Ich weiß schon, was du sagen willst.« Sie hob die Achseln. »Ich glaube kaum, dass man nun, da die Königin nicht mehr lebt, in Polen noch Wert auf meine Besuche legt. Das nächste Mal, wenn wir Janek besuchen, werden wir gewiss nicht mehr im Schloss nächtigen.«
Tränen verschleierten ihren Blick, und Baldo schloss sie zärtlich in die Arme.
»Lass uns zur Ruhe gehen, Liebling. Es ist schon spät, und ich möchte fühlen, wie es ist, mein Weib wieder neben mir zu wissen.«
Lang ausgestreckt lag er eine Weile später auf dem Bett und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. Das kleine Fenster hatte er geöffnet, um den lauen Sommerwind hereinzulassen. Die Nacht war sternenklar und von dem Aroma sommerblühender Pflanzen erfüllt, als Cristin endlich die Schlafkammer betrat. Minna hatte ihr warmes Wasser bereitet und in den Waschzuber gefüllt, damit ihre Herrin sich von den Strapazen der Reise erfrischen konnte. Baldo maß sie mit halb gesenkten Lidern und wunderte sich einmal mehr, welche Flut an Gefühlen allein ihr Anblick in ihm auslöste. Cristin trug nur ein hauchzartes Nachtgewand am Leib, das ihre Feingliedrigkeit unterstrich. Ihre Haut schimmerte rosig.
Sie lächelte, aber das Lächeln erreichte nicht ihre Augen. Baldo lüftete die Decke, und sie schlüpfte darunter. Mit einem wohligen Seufzen zog er sie an sich, um sein Gesicht in ihre Halsbeuge zu schmiegen. Er sog den Duft ihrer Haut ein,
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