Das Gold der Maori - Das Gold der Maori
beim Melken nur das Bein hob oder sich nach der Melkerin umsah. Manchmal stieß sie dabei den Eimer um und bekam Ärger mit Mrs. Laderer.
Etwas besser kam Lizzie mit der Feldarbeit zurecht, Pflanzen lagen ihr eher als Tiere, und den Küchengarten gewann sie im Laufe der Zeit richtig lieb. Am Sonntag grub sie im Wald Blumen aus, die hübsch blühten oder ihr sonst gefielen, und pflanzte sie im Garten, um ihn zu verschönern. Das stieß bei Mrs. Laderer allerdings auf Unverständnis.
»Was soll da blühende Busch? Kann setzen Apfelbaum!«
Laderers lehnten grundsätzlich alles ab, was nicht von Nutzen war und keinen Ertrag brachte. Lizzie ertappte sich dabei, das Haus der Smithers zu vermissen – das Abstauben der schönen Möbel, die Teegesellschaften, den Blumenschmuck in den Vasen, den Rosengarten … Lizzie hatte sich in ein schöneres Leben hineinträumen können, egal wie schmutzig und angstbesetzt die Wirklichkeit war. Bei den Laderers brauchte sie sich vor nichts zu fürchten, aber es gab auch keine Träume und nichts, auf das sie sich freuen konnte. Zudem fehlte ihr mitunter ihre eigene Sprache. Weder Laderers noch ihre Nachbarn hielten es für nötig, mehr Englisch zu lernen, als sie unbedingt brauchten – und eigentlich gingen sie auch mit ihrer eigenen Sprache recht sparsam um. Besonders die Niedersachsen waren ein wortkarges Volk – Lizzie wurde nicht recht warm mit ihnen.
Umso erfreuter war sie, als Margarete Laderer sie nach vier Monaten bat, an diesem Nachmittag im Haus zu helfen.
»Du gesagt, warst in feine Haus«, erklärte sie. Otto Laderer hatte also offensichtlich von seinem seltsamen Einstellungsgespräch mit dem seltsamen englischen Mädchen erzählt. »Heute kommen Engländer, feine Mann. Councillor, Bay of Islands.«
Lizzie konnte mit der Bay of Islands nichts anfangen, aber Councillor hörte sich ihrer Ansicht nach wichtig an.
»Besuch, will reden mit eine, der kann Englisch. Deshalb Otto.«
Otto Laderer sprach tatsächlich besser Englisch als die meisten Siedler.
»Sicher trinkt Tee. Du Tee machen?«
»Ob ich Tee kochen kann?« Lizzie bejahte lächelnd. »Ich kann auch servieren. Oh, bitte, Mrs. Laderer, lassen Sie mich den Tisch decken und schön servieren. Wie bei den ganz feinen Leuten. Bitte!« Sie brannte darauf, ihre Künste zu zeigen.
»Wir gut Leute, kein fein …«, brummte Mrs. Laderer, wehrte sich aber nicht weiter.
Lizzie nahm den Küchenschrank in Augenschein und kramte die Tischdecke heraus, die die Laderers nur zu den allerhöchsten Feiertagen benutzten. Mit Feuereifer faltete sie Servietten, schnitt Rata-Blüten und arrangierte sie für die Tischdekoration. Vasen suchte sie allerdings ebenso vergeblich wie eine Teekanne. Die Farmer kochten ausschließlich Kaffee. Immerhin besaßen sie ein hübsches irdenes Kaffeegedeck, blau mit weißen Punkten, aus dem sicher auch Tee schmeckte. Lizzie bereitete alles vor und zog dann ihr hübsches Reisekleid an und eine reine weiße Schürze darüber. Es hätte nur ein Häubchen gefehlt, um die Dienstmädchenuniform vollkommen zu machen. Lizzie schüttelte das ungute Gefühl ab, als sie sich in Laderers einzigem winzigen Spiegel betrachtete. Sicher hatte der Councillor nicht die gleichen, abartigen Neigungen wie Mr. Smithers. Er würde ihre Arbeit zu schätzen wissen, nicht ihre Aufmachung.
Schließlich setzte sie Teewasser auf, als sie im Hof Stimmen hörte, und lief dann zur Tür. Mrs. Laderer beobachtete fasziniert durch den Türspalt, wie ihre Stallmagd geziert knickste und dem Gast diensteifrig die Pellerine abnahm, die den großen, schlanken Mann vor dem draußen herrschenden Nieselregen geschützt hatte. Der Besucher lächelte freundlich und gab ihr auch noch seinen hohen Hut. Dann folgte er dem wortkargen Otto Laderer in die gute Stube, wo Mrs. Laderer wartete.
»James Busby!«
Mit einem formvollendeten Diener stellte der Gast sich derFrau des Hauses vor, die offensichtlich nicht recht wusste, was sie dazu sagen konnte. Immerhin bat sie Mr. Busby dann etwas linkisch zu Tisch, und Lizzie gelang es, den Tee nach exakt dreiminütigem Ziehen heiß aufzutragen. Sie posierte sich dabei perfekt rechts neben dem Gast, fragte artig nach Zucker und Milch und knickste, als der Mann sich bedankte.
Otto Laderer schaute das Mädchen ehrfürchtig an, und Lizzie hatte Mühe, ihr eifrig beflissenes Gesicht beizubehalten, statt zu strahlen. Endlich einmal machte sie Eindruck auf ihre Herrschaft! Allerdings schienen die Laderers dem
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