Das Gold der Maori - Das Gold der Maori
Weinbau, aber der umtriebige und temperamentvolle Busby gab auch schon mal eine Zeitung heraus und versuchte sich als Händler oder Farmer. Vor allem gefiel er sich als Lehrer, zumindest, solange die Schüler keine Widerwortegaben. Er hatte früher in Australien Landwirtschaft und Weinbau unterrichtet und schien das mitunter zu vermissen.
Lizzie bescherte diese Eigenheit ihres neuen Herrn eine kurzweilige Reise. Busby kannte Neuseeland wie kaum ein zweiter und unterhielt die wissbegierige Lizzie mit allerlei Informationen über seine Flora und Fauna. Sie staunte über Farnwälder und seltsame Vögel, die Höhlen gruben, erfuhr alles über Schafzucht, in der Busby vor allem die Zukunft der Südinsel sah, und immer wieder über Weinbau. Busby versuchte sich mit einem Weingut oberhalb von Waitangi. Bislang nicht übertrieben erfolgreich, aber begeistert.
Die Landschaft um Waitangi war mit der um Nelson nicht zu vergleichen. Lizzie, das Mädchen aus London, war erschlagen von der Schönheit der Natur auf der Nordinsel. So wie die tiefblauen Buchten mit ihren vorgelagerten felsigen Inselchen, so wie den Farnwald mit seinem undurchdringlichen Grün und die Berge, deren Farben mit dem Einfall der Sonne wechselten, hatte sie sich stets das Paradies vorgestellt – vielleicht mit etwas weniger Regen. Das Wetter war, wie Lizzie erfuhr, im Sommer wie auch im Winter unbeständig. Es war wärmer als auf der Südinsel, aber feuchter.
Und endlich klappte es mit dem gottgefälligen und trotzdem zufriedenstellenden Leben! Agnes Busby führte ein großes offenes Haus und freute sich ehrlich über die neue Haushaltshilfe. Sie hatte sonst nur Maori-Diener und -Hausmädchen, sprach aber kein Wort in deren Sprache. Entweder musste ihr Mann übersetzen, oder sie machte sich mit Zeichensprache verständlich. Bedauerlicherweise gestaltete sich weder das eine noch das andere befriedigend.
Mrs. Busby liebte schöne Dinge und hätte ihr Haus gern wie ein englisches Landhaus geführt. Sie war in New South Wales aufgewachsen, stammte aber aus einer Adelsfamilie. Leider interessierten sich weder ihr Mann noch die Maori-Angestellten für das Wachsen und Polieren der schweren Möbel oder den richtigen Faltenwurf der Samtvorhänge. Niemand schaffte es, Mrs. Busbys Reitkleider richtig zu bürsten oder gar die Spitzen ihrer Kleider zu bügeln. Lizzie hatte das meiste von all dem bei Mrs. Smithers gelernt, und obendrein teilte sie mit ihrer neuen Missus die Freude an gepflegten Räumen und stilvoller Haushaltsführung. Mit leichtem Gruseln legte Lizzie die Dienstbotenkleidung mit Schürze und Häubchen wieder an, fühlte sich aber bald darin wohl – während die Maori-Mädchen pausenlos darüber murrten.
Der Umgang mit den Kindern der Busbys machte Lizzie Spaß – sie nahm sie den liebevollen, aber mit dem englischen Erziehungsstil deutlich überforderten Maori-Mädchen gern ab. Die erwiesen sich als dankbar für jede Hilfe. Sie waren freundlich und anstellig, benötigten aber ein gewisses Entgegenkommen. Im Gegensatz zu Mrs. Busby, die sie als eine Art unverständige Arbeitstiere betrachtete, stellte Lizzie schnell fest, dass es zwischen Engländern und Maori mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede gab. Zuerst verblüffte sie das fast etwas. Sie hatte in England nie einen dunkelhäutigen Menschen gesehen, und die Darstellung der Wilden in den Predigten der Reverends hatte zu der Vorstellung geführt, es mit vielleicht vage verwandten Wesen, aber doch nicht mit Menschen zu tun zu haben. Die tätowierten, kräftigen Leute mit ihren seltsamen Frisuren und ihrer Eigenheit, halb nackt herumzulaufen, hätten Lizzie darin fast bestärkt. Dann jedoch merkte sie, dass die Mädchen sich miteinander unterhielten, kicherten und scherzten, wie sie es früher auch mit Freundinnen getan hatte. Die Kinder der Busbys schnappten die Sprache ihrer Kinderfrauen unweigerlich auf, und Lizzie beoabachtete fasziniert, dass sie sich mit den Maori genauso verständigen konnten wie mit ihresgleichen.
Lizzie setzte folglich nicht auf Zeichensprache oder gar Mrs. Busbys unangenehme Eigenschaft, nur immer lauter zu reden, wenn sie mit den Maori zu tun hatte. Stattdessen fragte sie die anderen Angestellten nach der Bedeutung von Dingen in ihrer Sprache, begann zu lernen – und konnte nach ein paar Monaten zusammen mit dem Küchenmädchen Ruiha darüber lachen, dass es für Büfett und Visitenkarte einfach keine Worte gab.
Sie lernte, dass all die befremdlichen Bräuche der
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