Das Gold der Maori - Das Gold der Maori
Stimmung. Michael hatte manchmal Mühe, mit dem raschen Schritt der Maori mitzuhalten, zumal die lichten Wälder und Buschlandschaften, durch die der Fluss führte, kaum mit Wegen durchzogen waren.
Schließlich erreichten sie jedoch gerodetes Land und Weideflächen.
»Coverland Station«, erklärte einer der Maori-Jungen. »Haus da!« Er wies nach Westen und zählte mit den Fingern die Meilen ab.
Michael und die Maori lagerten schließlich etwa eine Meile vom Haupthaus der Schaffarm entfernt. Tane und die anderen legten Reusen aus und fingen Fische im Fluss, Michael machte Feuer, und die Mädchen garten Süßkartoffeln in der Glut.
Die Hunde verschwanden im Laufe der Nacht und kehrten am Morgen wieder, gefolgt von einem prächtigen, langnasigen schwarzweißen Collierüden.
»Das ist der Richtige!«, meinte Michael zufrieden und genoss die nächsten zwei Tage mit Angeln, Jagen und vor allem in den Armen der hübschen Ani.
Wenige Monate später wimmelte es im Maori-Dorf von Welpen, und alle hatten mehr Hüteinstinkt als ihre Mütter. Die meisten waren schwarz-weiß, und einige glichen ihrem hübschen Vater sogar fast aufs Haar.
»Mit denen züchten wir weiter!«, freute sich Robert Fyfe und zahlte Michael und den beiden Maori bereitwillig einen Bonus.
Michael konzentrierte sich ganz auf die Ausbildung der Hunde, und Fyfe akzeptierte ihn widerwillig als Schäfer. Schließlich standen inzwischen noch viel anspruchsvollere Aufgaben an als das Austreiben der Tiere: Es ging ans Ablammen und ans Scheren. Ersteres erwies sich als kein großes Problem. Die jungen Maori-Schäferinnen begriffen sofort, worum es ging, als Michael ihnen nur einmal zeigte, wie man den Muttertieren bei Komplikationen helfen konnte. Schwieriger wurde das Scheren. Michael hatte es in Irland ein paarmal gemacht und schaffte es auch jetzt nach kurzem Üben, ein annehmbares Vlies zu erzeugen. Allerdings war er langsam – es war nicht daran zu denken, alle dreihundert und demnächst gar um die tausend Schafe allein von ihrer Wolle zu befreien. Die Mädchen anzulernen brachte auch nichts, ihnen fehlte es an Kraft, die Tiere schwungvoll auf den Rücken zu werfen und dann halbwegs zügig die Handschere zu bedienen.
Ani und ihre Freundinnen schafften drei Tiere, dann verzogen sie sich – wie immer bei den Maori –, ohne sich großartig abzumelden oder gar zu entschuldigen. Willig zeigten sich dafür zunächst Tane und die anderen Maori-Männer. Die Anzahl der gefangenen Wale ließ immer mehr nach, es war abzusehen, dass mit Waljagdkein Geld mehr zu machen war. Die Maori hatten sich allerdings längst an den Zusatzverdienst bei den pakeha gewöhnt. Sie empfanden ihr Leben als deutlich angenehmer, seit sie in den Läden der Weißen einkaufen konnten und nicht mehr nur von Fischfang, Jagd und den kargen Erträgen ihrer Felder abhängig waren. Nun drängten sie sich um Arbeit auf den Farmen und erwiesen sich dabei als sehr anstellig, fast alle zeigten Geschick im Umgang mit Tieren. Das Scheren stellte Tane und seine Freunde allerdings vor moralische Probleme.
»Schaf nicht will das«, erklärte Tane, als Michael sich eines der Tiere packte und zwischen seinen Beinen fixierte, während er es schor. Der Widder blökte protestierend.
»Na und?«, gab Michael verwundert zurück. »Wale wollen auch nicht harpuniert werden. Das hat euch bislang nie gestört.«
»Bei Wal was anderes«, meinte Tane. »Bei Wal wir vorher rufen an Tangaroa und bitten um Verzeihung. Dann Wal uns vergeben.«
Michael bezweifelte das, zuckte aber die Achseln. »Na schön, dann bittet ihn doch auch um Vermittlung bei den Schafen«, regte er an.
Tane schüttelte den Kopf. »Tangaroa Gott von Meer«, führte er aus. »Schaf nicht aus Meer. Schaf überhaupt nicht von hier. Kommen mit pakeha .«
Michael verstand. Im Götterhimmel Aotearoas war für Schafe einfach niemand zuständig.
Aber da gab es ja Abhilfe. Michael dankte Father O’Brien im Stillen für die umfangreiche Belehrung über die verschiedensten Heiligen der Katholischen Kirche.
»Das mit den Schafen macht bei uns St. Wendelin«, klärte er seine künftigen Mitarbeiter auf. »Wir können uns alle in einem kleinen Gebet an ihn wenden.«
»Jetzt müssen wir sie nur noch dazu kriegen, sich ein bisschen anzustrengen«, überlegte Michael später gegenüber Robert Fyfe und einem Neuankömmling in Waiopuka, Roberts Vetter George.
Es ging mal wieder ums Schafescheren. George Fyffe – er unterließ es nie, darauf
Weitere Kostenlose Bücher