Das Gold der Maori - Das Gold der Maori
hinzuweisen, dass sein Name mit drei F geschrieben wurde – hatte eben ein Stück Land im Norden von Kaikoura in Besitz genommen und Mount Fyffe Run getauft. Er plante, dort in großem Stil Schafe zu züchten.
»Bis jetzt schaffen sie kaum mehr als ein oder zwei Schafe pro Tag, dann wird es ihnen zu anstrengend. Wie wär’s, wenn wir eine Art Wettbewerb draus machen? Der schnellste Scherer bekommt eine Flasche Whiskey?«
Die Regelung bewährte sich bald – Michael strich nur die erste Flasche selbst ein, danach überrundeten ihn die geschickten Eingeborenen. Allerdings musste noch das Problem gelöst werden, ob das Gebet zu St. Wendelin vor oder während der Arbeitszeit gesprochen werden sollte. Bisher hatten Tane und seine Freunde sich vor dem Scheren eines jeden Schafes mit dem Heiligen in Verbindung gesetzt, aber jetzt kamen sie schnell überein, die Absolution kollektiv vor Arbeitsbeginn zu erbitten. George Fyffe und sein Vormann Michael Parsley erwarben sich dadurch bald den Ruf von besonders ehrenwerten und gottesfürchtigen Männern. Schließlich rief kein anderer Schaffarmer seine Männer vor der Arbeit zur Andacht zusammen.
Während Michael sich auf diese Art einen Namen machte und schließlich seine Hütte in Waiopuka aufgab, um in ein gefälligeres Blockhaus in Mount Fyffe Run umzuziehen, schlug sich ein Priester in Irland mit einer schwierigen Aufgabe herum. Father O’Brien lagen mehrere Briefe vor: einige von Kathleen Coltrane, die von der Geburt und dem Gedeihen ihrer Kinder berichtete und zu seiner Freude immer flüssiger und lebhafter schrieb – und ein ungelenker, aber nichtsdestotrotz erstaunlicher Brief von Michael Drury. Michael berichtete von seiner Flucht aus Van-Diemens-Land – durchaus stolz, schließlich war das vorher noch nicht vielen Männern gelungen. Nun, so teilte er mit, sei er in Neuseeland und auf dem besten Weg, mittels Walfang sein Glück zu machen. Ergedenke, in absehbarer Zeit genug Geld zu verdienen, um Kathleen und sein Kind zu holen. Michael erbat Nachricht von seiner »Verlobten« und richtete ihr Grüße aus.
Father O’Brien, ein bedächtiger Mann, ließ sich daraufhin erst mal von Patrick Coltrane nach Dublin mitnehmen. Während der Viehhändler seinen Geschäften nachging, besuchte er Bibliotheken auf der Suche nach Informationen über das ferne Neuseeland. Vielleicht lagen Christchurch und Kaikoura ja hunderte von Meilen voneinander entfernt oder befanden sich gar auf verschiedenen Inseln. Dann musste er womöglich nicht lügen. Aber im Stillen war dem alten Priester klar, dass er sich etwas vormachte. Michael Drury war bereit, die halbe Welt zu umreisen, um Kathleen O’Donnell wiederzusehen. Ein paar hundert Meilen würden ihm höchstens sein charakteristisches, draufgängerisches Grinsen entlocken.
Zudem erwiesen sich auch die Hoffnungen des Priesters als trügerisch: Kaikoura war weniger als hundert Meilen von Christchurch entfernt. Michael konnte Kathleen und ihren Sohn in wenigen Tagen erreichen. Und dann? Würde er ihr Vorwürfe machen? Würde es gar Schlägereien zwischen ihm und Coltrane geben? Würde Kathleen eine Todsünde begehen und ihren Mann verlassen, wenn sie Michael wiedersah? Kathleen hatte Ian nicht geliebt, als O’Brien sie traute, und ihre Briefe klangen nicht so, als habe sich das inzwischen geändert. Tatsächlich schrieb sie kaum von Ian – wahrscheinlich schämte sie sich seiner Gaunereien.
Je länger Father O’Brien nachdachte, desto weniger erschien es ihm angebracht, Michael über den Aufenthaltsort seiner ehemaligen Geliebten zu informieren. Es musste zu einem von Gottes mitunter seltsamen Scherzen gehören, die beiden fast wieder zusammengebracht zu haben. Oder ein Eingriff des Teufels, um alle Beteiligten zu prüfen? Father O’Brien wollte auf keinen Fall schuldig werden und entschied sich nach langer Überlegung für die folgende Formulierung:
… Was nun aber Mary Kathleen O’Donnell angeht, mein Junge, so hat sie sich kurz nach deiner Deportation mit dem Viehhändler Ian Coltrane verheiratet. Die beiden sind ausgewandert, und das Letzte, was ich von ihr hörte, war, dass sie drei Kinder hat und in Übersee ein gottesfürchtiges Leben führt. Diese Nachricht mag dich enttäuschen, aber Gott hat Mary Kathleen zweifellos geführt und wird auch weiterhin seine Hand über sie und ihre Kinder halten. Das Älteste hört auf den Namen Sean. Der Junge wurde nur wenige Monate nach der Hochzeit geboren und hat, nach Kathleens
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