Das Gold der Maori - Das Gold der Maori
hätte irgendein Viehhändler den alten Kapitän reinlegen können. Michael dachte denn auch nicht mehr allzu oft an die Schafe, zumal den Walfängern in den nächsten Wochen zwei gewaltige Tiere in die Hände fielen. Michael versank wieder mal tief. Erst in Blut und in Fett und anschließend in Whiskey.
Aber dann, vier Wochen nach Ankunft der prächtigen Romney-Schafe, erschien Captain Fyfe eines Morgens vor seiner Hütte.
»Parsley? Ich … hm … du kennst dich mit Schafen aus … hast du gesagt …«
Michael stolperte ins Freie. In der Nacht zuvor hatte er wieder mal ordentlich dem Whiskey zugesprochen.
»Besser als mit Walen auf jeden Fall«, brummte er.
Aber Fyfe sprach schon weiter. »War das Prahlerei, oder ist da was dran?«
Michael gähnte und versuchte, zu sich zu kommen.
»Ich hab die Schafe vom Landlord gehütet, als ich ein Junge war«, erklärte er dann. »Danach war ich meist auf dem Acker, ich bin kein Schäfer. Aber man guckt sich ja was ab, ganz Irland ist voller Schafe.«
Fyfe überlegte. »Na ja«, meinte er schließlich. »Weniger als ich kannst du gar nicht wissen. Also komm vorbei und guck dir die Viecher an. Für mich sehen die aus, als ob sie nicht in Ordnung wären. Vor allem hinken sie. Möchte wissen, warum.«
Michael schlenderte also zum Haus hinunter, nachdem er sich etwas frisch gemacht hatte, und sah dann voller Bedauern die vormals so schönen, sauberen Schafe. Inzwischen war ihr Fell verklebt und verdreckt, der Grasboden des Paddocks hatte sich in eine Wüste aus Schlamm verwandelt. Die Tiere mochten auch ihr Heu kaum fressen, es zog sich mit Matsch und Nässe voll, sobald es gefüttert wurde. Etliche Tiere lahmten.
»Und? Irgendeine Idee?«, fragte Fyfe unfreundlich. Es gefiel ihm offensichtlich nicht, die Fäden nicht mehr in der Hand zu halten.
Michael nickte. »Klar. Das Gehege ist zu klein. Der Boden ist zu feucht und zu matschig!«
»Und deshalb hinken die?«, fragte Fyfe.
Michael nickte wieder. »Nennt sich ›Moderhinke‹«, sagte er dann. »So ’ne Art Klauenentzündung. Gucken Sie mal!« Er ging zu einem der Schafe, warf das protestierende Tier mit einem Schwung auf den Rücken und griff sich eines seiner Füße. »Hier, im Spalt zwischen den Klauen fängt es an. Riechen Sie mal. Stinkt, nicht?«
Michael zeigte auf die eitrige Masse, die sich bereits im Spalt gebildet hatte, und der Captain rümpfte die Nase. Michael selbst fand den Geruch der Klauenfäule zwar nicht im Entferntesten so ekelerregend wie den verwesender Wale, wunderte sich aber immerhin, dass Fyfe überhaupt noch über Geruchssinn verfügte.
»Und was macht man da?«, fragte Fyfe abgestoßen. »Teufel noch mal, wenn mich der Züchter betrogen hat.«
Michael schüttelte den Kopf. »Glaub ich nicht, als die kamen, waren die in bestem Zustand. Das kommt vom Schlamm – Moderhinke, wie gesagt. Ein Haltungsfehler.«
»Also brauchen wir eine größere Weide … noch mehr Holz … ob die Viecher das irgendwann wieder reinbringen? Und hinken die jetzt immer?«
Michael lächelte. »Sie können kein Weideland für sechs- bis neunhundert Schafe einzäunen«, sagte er. »Und so viele haben Sie demnächst, wenn die Ladys hier ablammen.« Er wies auf die Mutterschafe. »Lassen Sie die Viecher frei weiden. Und die Klauen – die muss man erst mal ordentlich schneiden. Und dann fragen Sie in der Apotheke nach Kupfersulfat. Das schmieren wir drauf oder treiben die Schafe durch ein Bad, dann wird das wieder.«
»Schneiden?«, fragte Fyfe frustriert. »An den Füßen was abschneiden? Können Sie das machen? Also, ohne die Viecher umzubringen?«
Michael lachte. »Wenn Sie mir ein Hufmesser besorgen.«
Robert Fyfe machte sich gleich auf den Weg nach Kaikoura,und Michael versuchte, sich den Walgestank so weit als möglich abzuschrubben, um die Schafe nicht zu verschrecken. Dann begann er mit der Klauenpflege. Die wenig begeisterten anderen Arbeiter bauten derweil ein Becken, durch das man die Tiere zur Behandlung der Entzündung treiben konnte. Zwei Tage später traf außerdem zusätzliches Holz ein, Fyfe hatte gekauft, wo immer er welches kriegen konnte, um Zäune zu bauen. Offensichtlich war er entschlossen, die Schafhaltung und Zucht ernst zu nehmen.
Der feuchte Winter wich einem nicht minder feuchten Frühling, und Michael sah mit Sorge, dass die neuen Ausläufe den alten in Sachen Bodenbeschaffenheit sehr bald glichen.
»Sie müssen die Schafe austreiben!«, riet er Fyfe zum wiederholten Mal, aber
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