Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Gold der Maori - Das Gold der Maori

Titel: Das Gold der Maori - Das Gold der Maori Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
Vom Netzwerk:
in den letzten zwei Jahren nicht noch einmal schwanger geworden war. Bei einem so jungen und gesunden Mädchen war das eigentlich ungewöhnlich. Ian hatte Kathleen in der Zeit zweimal geschwängert, aber es war jedes Mal zu einer Fehlgeburt gekommen.
    »Du arbeitest wahrscheinlich zu hart«, meinte Claire bedauernd, nachdem die Freundin im fünften Monat ein kleines Mädchen verloren hatte.
    Kathleen selbst sah die Ursache eher in Ians immer brutaleren Übergriffen. Sicher war es nicht gut für ihre Ungeborenen, wenn er sich bei jeder Heimkehr mehr oder weniger betrunken auf Kathleen stürzte und von ihrem Körper Besitz ergriff. Er hatte zwar auch während der ersten Schwangerschaften regelmäßig mit ihr geschlafen, war dabei aber vorsichtiger mit ihr umgegangen. Jetzt stieß er rücksichtslos in sie hinein und schlug sie, wenn sie sich wehrte oder auch nur einen Anflug von Unwillen zeigte. Auch an Leibesfülle hatte er weiter zugelegt, während Kathleen eher dünner geworden war. Dabei litt sie keinen Hunger mehr. Ihr Garten warf Gemüse ab, die Felder lieferten Korn, und Ian schlachtete mehrmals im Jahr, sodass immer Fleisch vorhanden war.
    Aber Kathleen arbeitete von morgens bis abends, und vor allem stand sie unter ständiger Anspannung. Grund dafür war natürlich Ian, wobei sie mit dem, was er mit ihr anstellte, besser zurechtkam als mit seinem Verhältnis zu Sean. Kathleens Söhne waren jetzt fünf und sechs Jahre alt, und was Verständigkeit und körperlicheGeschicklichkeit anging, bestand kaum noch ein Unterschied zwischen Colin und Sean. Sean konnte gegenüber dem Jüngeren nicht mehr glänzen – zumindest nicht in Fertigkeiten, die Ian wichtig waren. Im Gegenteil, in allen Dingen rund um den Stall und die Pferde zeigte sich Colin wendiger und pfiffiger als sein Bruder. Schon jetzt wusste er, wie er sein verschmitztes Lächeln einsetzen musste, um Pferdekäufer zu betören. Während Sean ein dunkler Typ war wie seine beiden »Väter«, war Colin blond und hatte Kathleens ansprechende Züge. Mit seinen Grübchen, seinen lebhaften braunen Augen und seinem aufgeschlossenen Wesen bezauberte er vor allem Frauen, während er Männern mit seiner absoluten Ergebenheit gegenüber seinem Vater imponierte.
    Colin bewunderte Ian, er betete ihn an. Und Ian tat alles, um den Jungen darin zu bestärken. Er lobte ihn, brachte ihm Geschenke mit, ließ ihn die Verkaufspferde reiten und manchmal sogar schon Käufern vortraben. Wenn er kleinere Fahrten unternahm, durfte Colin mit und saß ruhig und scheinbar verständig neben seinem Vater im Pub, wenn Ian mit seinen geschäftlichen Erfolgen prahlte. Sean dagegen ging leer aus, was den Jungen zunehmend bedrückte. Am Anfang konnte Kathleen noch Tricks anwenden – »Ja, Colin hat einen Jadestein gekriegt, aber dir hat Daddy eine neue Geschichte mitgebracht! Du kannst sie morgen bei Tante Claire abholen!« –, aber auf die Dauer funktionierte das nicht. Sean spürte die Zurückweisung und erwiderte sie seinerseits mit Trotz gegenüber Vater und Bruder. Die Jungen stritten sich oft, und von Ian bezog Sean Prügel, wenn er sich seinen Anweisungen entzog und Widerworte gab.
    »Was soll ich dir den Sattel putzen, wenn du mir hinterher doch nur erzählst, Colin machte das viel besser?«, fragte Sean zum Beispiel frech und ließ sich dafür übers Knie legen. Er biss die Zähne zusammen und brachte keinen Laut heraus, wenn Ian dafür unbeherrscht auf ihn einschlug.
    Kathleen fragte sich, woher der Junge den Mut zu dieser Aufmüpfigkeit nahm, aber natürlich war auch Michael kein Duckmäuser gewesen. Claire forderte in den Unterrichtsstunden den Widerstand ihres Lieblingsschülers heraus, indem sie ihn mit Lesestoff über Helden wie Robin Hood und König Artus fütterte. Griechische und römische Sagen waren ihr Steckenpferd. Sie gab nicht nur ihren Tieren entsprechend hochtrabende Namen – das neue Maultier hieß Artemis nach der jungfräulichen Jägerin –, sondern schilderte ihren kleinen und großen Zuhörern auch in schillernden Farben, wie Herakles und Theseus in der antiken Welt für Ordnung sorgten.
    Kathleen und Sean lauschten mit nie versiegender Spannung. Claire musste oft lachen, wenn sie zwei paar aufgeregte grüne Augenpaare an ihren Lippen hängen sah. Das war das Einzige, was Kathleen ihrem ersten Sohn vererbt hatte. Das Grün seiner Augen war jedoch nicht strahlend wie bei ihr, sondern blass und immer ein wenig umflort. Sean hatte Michaels dunkles Haar, und es

Weitere Kostenlose Bücher