Das Gold der Maori - Das Gold der Maori
sie war immer noch jung, gerade erst zweiundzwanzig Jahre alt. Sie hatte reichlich Zeit, sich zu erholen, bevor sie wieder an Mann und Kinder dachte. Lizzie brauchte ein paar Jahre, um das Träumen wieder zu lernen, aber sie war zuversichtlich, dass sie sich irgendwann erneut verlieben würde. In einen guten Mann. Lizzie glaubte immer noch an ein gottgefälliges Leben mit Kindern und einem kleinen Haus.
»Für unsere Lizzie suchen wir einen Winzer!«, pflegte James Busby zu scherzen, wenn irgendjemand aus der großen Bekanntschaft der Busbys das Mädchen damit aufzog, dass so gar kein Verlobter in Sicht war. »Was meinst du, Lizzie – soll es ein glutäugiger Franzose aus dem Languedoc oder lieber ein blonder Deutscher mit blauen Augen sein?«
»Ein dunkelhaariger mit blauen Augen«, gab Lizzie dann kokett zurück, »aber ich fürchte, die sitzen in Irland und brennen Whiskey!«
K APITEL 3
Michael gewöhnte sich nicht an das Töten und Ausnehmen der Wale, aber er fand auch keine Alternative zu der Arbeit in Waiopuka. Da er sich nie zum Harpunier oder Steuermann hochdiente, blieb sein Lohn spärlich – und er brauchte zu viel davon, um sich sein Leben am Abend schöner zu trinken. Es würde Jahre dauern, bis er seine Schiffspassage von Nelson aus abbezahlt hatte und frei wurde. An Sparen war nicht zu denken, die Zukunft schien düster vor ihm zu liegen. Die anderen Arbeiten, die sich für Männer im rauen Neuseeland der Walfänger auftaten, waren ebenso wenig verlockend. Michael sah einmal, wie Seehunde getötet und gehäutet wurden, und brauchte dann fast eine ganze Flasche Whiskey, bevor er nicht mehr an die riesigen Augen der erschlagenen Heuler und die Schreie ihrer Mütter denken musste. Dann nahm er schon lieber Wale aus.
Erst als Michael die ungeliebte Arbeit schon gut zwei Jahre lang verrichtete, zeigte sich ein Silberstreifen am Horizont. Von einem Tag zum anderen befahl der alte Seebär Robert Fyfe seinen Männern, neben seinem trutzigen, auf Walknochen errichteten Herrenhaus einen Pferch zu bauen. Das Holz dafür kam von der Westküste, offenbar scheute Fyfe keine Mühe für sein neues Projekt.
»Was plant er wohl, Ackerbau und Viehzucht?«, fragte Michael verwundert seinen Nachbarn Chuck Eagle.
Chuck zuckte die Achseln. »Vielleicht Pferde? Das könnt ich mir bei dem noch am ehesten vorstellen. Aber irgendwas Neues muss er anfangen. Die Wale bleiben weg. Gerade mal ein einziger im letzten Monat.«
»Es ist Winter«, meinte Michael.
Chuck schüttelte den Kopf. »Das macht hier kaum einen Unterschied. Sind außerdem alles männliche Wale, den weiblichen ist es hier das ganze Jahr zu kalt. Und früher haben wir auch rund ums Jahr gejagt. Aber jetzt … die Viecher sind nicht dumm, Michael. Hat ja ein bisschen gedauert, aber inzwischen kapieren sie, dass dies ein heißes Pflaster ist. Also muss Old Fyfe entweder wieder ein Schiff kaufen oder sich was anderes ausdenken. Und auf die Sieben Meere hat er wohl keine Lust mehr.«
Die Bewohner für den Pferch trafen ein paar Tage später ein, und Michael konnte sich kaum daran sattsehen. Seit er Irland verlassen hatte, war ihm kein Schaf mehr vor Augen gekommen. Wenn er ehrlich sein sollte, so hatte er auch in der alten Heimat nie so schöne, wohlgenährte Exemplare zu Gesicht bekommen wie die dreihundert Tiere, die sich jetzt in dem Gehege auf Fyfes Hof drängten.
»Romneys, zwei Widder, dreihundert Mutterschafe!«, erklärte Fyfe stolz. »Guck, Parsley, was die Kerle für eine Kraft haben!«
Die beiden Widder gingen eben aufeinander los. Die Enge schien sie aggressiv zu machen.
»Ich würd sie mal trennen, bevor sie sich umbringen«, bemerkte Michael trocken. »Aber wirklich, schöne Tiere. Erstklassige Qualität, alle Achtung!«
»Verstehst du denn was von Schafen?«, fragte Fyfe misstrauisch.
Michael nickte. »Ein bisschen«, meinte er. »Wir hatten welche. In dem Dorf, aus dem ich komme. Oder besser, der Landlord hatte welche, wir Pächter kriegten höchstens mal zwei oder drei satt, später gar keine mehr. In den Hungerjahren haben wir das Gras selbst gefressen.«
Fyfe lachte. Michael biss sich auf die Lippen.
»Dann weiß ich ja, an wen ich mich wenden kann, wenn’s Probleme gibt!«, meinte Fyfe leutselig, was Michael kaum registrierte.
Fyfe war als rechthaberisch bekannt. Solange die Walfangstation bestand, hatte er noch nie jemanden um Rat gefragt. Auchder Kauf der erstklassigen Schafe war sicher ein Glücksfall gewesen, genauso gut
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