Das Gold der Maori - Das Gold der Maori
zu, mit Rindern umzugehen. Aber ein Geschäft? Vielleicht ein Holzhandel oder andere Baustoffe. Aber viel verstand er nicht von Hölzern und erst recht nicht von Steinen. Dazu der Umgang mit Zulieferern, Händlern, Kunden – womöglich Bankiers, wie dieser grenzenlos arrogante Mr. Dunloe? Nein, das war nicht seine Welt. Nicht einmal Kathleen zuliebe! Überhaupt Kathleen. Sie war undankbar! Da tat er alles, um den Traum ihres Lebens zu erfüllen. Er legte ihr eine eigene Farm praktisch zu Füßen. Und was tat sie? Hatte nichts Besseres zu tun, als die Haare aus der Suppe zu lesen!
Michael stellte sein Pferd in den Stall des Hotels und begab sich in den Pub auf der anderen Seite der Straße. Die Situation verlangte nach einem Whiskey, möglichst einem irischen! Michael rief nach dem Barkeeper und orderte einen Bushmills.
Ein paar Stunden später saß er im dritten Pub, diesmal weiter in der Innenstadt am Octodon. Er blickte auf die neu erbaute St. Paul’s Kirche und bemitleidete sich. Aber dann tat sich auf der Straße vor ihm plötzlich eine Art Erscheinung auf. Von der George Street in Richtung Kirche flanierte Lizzie Owens-Portland! Wobei flanieren das falsche Wort war. Lizzie bewegte sich behände und zielstrebig voran, wie sie es immer tat. Sie hielt sich aufrecht, sodass sie etwas größer wirkte – auch das tat sie immer. Warum war ihmdas bisher bloß nie aufgefallen? Sie schien gelassen und in sich ruhend. Ganz anders als er …
Michael warf ein Geldstück auf den Tisch, ließ sein Bier stehen und rannte hinaus.
»Lizzie?«
Sie wandte sich um, und es sah fast so aus, als würde sie lächeln. So, wie sie es immer tat, wenn sie ihn sah. Dann runzelte sie jedoch die Stirn und verzog den Mund.
»Michael?«, fragte sie tadelnd. »Vertrinkst du das Geld für deine Farm?«
Michael holte sie ein. Auf einmal wünschte er sich nichts mehr, als ihr sein Herz auszuschütten.
»Es gibt keine Farm!«, sagte er atemlos. »Sie … sie … Lizzie, Lizzie, ich … ich würd gern mit dir reden. Ich muss mit dir reden!«
Lizzie drehte sich weg. »Ich wüsste nicht, was wir noch zu bereden hätten«, meinte sie. »Du hast jetzt ein anderes Leben, dein ›richtiges Leben‹. Hast du dich nicht mal so ausgedrückt? Also weiterhin viel Glück mit Mary Kathleen. Wenn es was zu bereden gibt, rede mit ihr.«
Sie setzte sich erneut in Bewegung.
»Hab ich eben nicht!«, rief Michael und schnitt ihr den Weg ab. »Ich hab eben kein anderes Leben. Sie will mich nicht! Kathleen – nach all dem will sie mich nicht mehr!« Die Worte brachen aus Michael heraus, als wollten sie ihn zerreißen.
Lizzie bezwang den Drang, ihn in die Arme zu nehmen. Diesmal nicht. Diesmal würde sie es ihm nicht so leicht machen! Sie trat näher an ihn heran, berührte ihn aber nicht.
»Nach all dem?«, fragte sie streng. »Wonach denn? Hattest du irgendetwas gemeinsam mit Kathleen all diese Jahre lang?«
»Du weißt genau, dass ich an sie gedacht habe!«, fuhr Michael auf. »Jeden verdammten Tag, seit ich Irland verlassen habe!«
Lizzie nickte und sah sich unglücklich um. Es war nicht gut, sich auf der Straße zu streiten. Schließlich zog sie Michael in denkühlen Vorraum von St. Paul’s. Sie hatte Reverend Peter in der Kirche abholen wollen, aber seine Unterredung mit dem designierten Bischof war anscheinend noch nicht beendet.
»O ja, ich weiß«, sagte sie bitter. »Du hast mich täglich mit ihr verglichen – oder besser mit der Erinnerung, die du an sie hattest. Kathleen, die Schöne, die Reine, die Jungfrau – ›Mary‹ Kathleen. Und dagegen Lizzie, die Hure.«
»Lizzie, ich wollte nie … Ich hab das nicht so gemeint …«
Michael legte die Stirn reumütig in Falten, eine Geste, der Lizzie nie hatte widerstehen können. Jetzt sah sie gar nicht hin, sondern sprach entschlossen und aufgebracht weiter. »Und ob du das so gemeint hast, Michael!«, sagte sie unerbittlich. »Aber nun ist es Zeit aufzuwachen. Deine Kathleen hat die Jungfrau abgestreift und die ›Mary‹ dazu! Und dabei hat sie sich genauso verkauft wie ich. Weil einem manchmal einfach nichts anderes übrig bleibt. Und dabei ist es ganz egal, ob die eine mit einem Mistkerl vor den Altar tritt, damit sie ihr Kind in Würde aufziehen kann, oder die andere lieber mit einem zahlenden Kunden ins Bett geht, bevor sie verhungert. Oder zusieht, wie der Mann zu Grunde geht, den sie liebt! Ohne mich, Michael, hätte man dich als Ausbrecher zu Tode geprügelt, oder du wärst in der
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