Das Gold der Maori - Das Gold der Maori
Größe zwar auf den ersten Blick imponierend wirkte, neben den Prison Hulks, den mehrstöckigen Gefängnisschiffen in Woolwich aber eher klein war. Nicht nur das Frauengefängnis in London platzte aus allen Nähten. Die Haftanstalten für Männer waren derart überfüllt, dass man auf Schiffe am Dock von Woolwich auswich. Die Haftbedingungen darin sollten schrecklich sein. Lizzie gruselte es allein bei dem Anblick der schweren, bauchigen Schiffe.
Die Asia – angeblich hatte sie bereits fünf Reisen nach Australien und zurück ohne Schäden absolviert – erschien dagegen fast einladend. Neben etwa hundert normalen Passagieren fanden unter Deck gut hundertfünfzig Sträflinge Unterkunft, dazu dreißig Mann Wachpersonal und die Mannschaft des Masters John Roskell. Viel Platz für jeden Einzelnen gab es da nicht. Lizzie war entsetzt, als man sie eine Stiege hinunter in einen riesigen, dunklen Raum führte.
Nur durch Holzverschläge abgetrennt, die wohl zur Befestigung der Pritschen nötig waren, wurden im ersten Zwischendeck etwa hundert Frauen untergebracht. Ein paar weitere schafften die Wachen noch tiefer nach unten in den Bauch des Schiffes. Zuletzt trieb man dort auch noch zwölf Männer hinein, einer an den anderen gekettet.
Die Frauen hörten, wie sich der Master des Schiffes und ein paar Aufseher der Prison Hulks darüber stritten.
»Ach komm, ihr seid doch nicht voll besetzt! Und wir habenkaum noch Zellen frei – wir können unmöglich noch mehr Gauner in die Schiffe stopfen. Also nehmt sie mit, Master Roskell – das braucht ja in den Papieren gar nicht aufzutauchen!«
»Und die Verpflegung taucht auch nicht auf?«, brummte der Kapitän.
»Verpflegung wird selbstverständlich geliefert. Aber nicht verbucht, wenn Sie wissen, was ich meine …« Der Gefängniswärter lachte und machte eine Geste, als striche er Geld ein. »Nun sagen Sie schon Ja, Master! Kann Ihnen doch egal sein, ob Sie ein Dutzend Strauchdiebe mehr an Bord haben. Zumal die keiner kontrolliert. Lassen Sie die Kerle von mir aus angekettet, dann machen sie gewiss keinen Ärger!«
Letztendlich musste sich der Master darauf eingelassen haben, denn die Männer wurden die Stiegen hinabgestoßen. Der Schiffszimmermann folgte ihnen, um einen Verschlag für sie abzutrennen.
Lizzie empfand vages Mitleid. Weiter unten, unter der Wasserlinie, war es sicher noch düsterer als bei den Frauen im Zwischendeck, in dem man sich wenigstens ein wenig orientieren konnte. Viel zu sehen gab es allerdings nicht. Eine dreistöckige Pritsche stand neben der anderen. Weiteres Mobiliar war nicht vorhanden, aber die Häftlinge hatten ja auch kein Gepäck.
»Beschwert euch nicht, immerhin ketten wir euch nicht an!«, erklärte der Wärter, der die Aufteilung der Frauen auf die Pritschen überwachte.
Lizzie, Candy und Velvet einigten sich ohne Streit. Candy wollte unbedingt unten liegen, Velvet verzog sich ganz freiwillig nach oben unter die Decke, und für Lizzie blieb die mittlere Etage.
Ihr war es gleich, aber in anderen Bereichen des Decks rauften sich die Frauen geradezu um die Pritschen. Die Wärter mussten einschreiten – und taten es mit roher Gewalt. Wobei sie ihr Versprechen, die Frauen nicht anzuketten, sofort brechen wollten. Lizzie sah erschrocken, dass jede Bettstatt mit Ketten ausgestattet war.
»Nur bis wir ausgelaufen sind«, brummte der Wärter, wie die anderen ein Soldat der Krone, »damit ihr keinen Unsinn macht …«
Lizzie lächelte ihn an. Seit sie sich mit ihrem Schicksal abgefunden hatte, konnte sie es wieder. Sie hatte den Reverend angelächelt und daraufhin eine Bibel als Geschenk erhalten. Der Mann war entzückt darüber gewesen, dass sie lesen konnte, und hatte sich für eine bessere Unterbringung der jungen Gefangenen eingesetzt. Lizzie war für die letzten Tage vor der Deportation in einer Vierbettzelle untergekommen.
Auch auf den Arzt hatte der Zauber gewirkt. Er attestierte Lizzie Unterernährung – was natürlich auch der Fall war, aber ebenso auf die meisten anderen gefangenen Frauen zutraf – und verschrieb bessere Verpflegung vor der Verschiffung. Und nun der Officer …
»Aber uns brauchen Sie doch nicht anzuketten, Sir! Was sollten wir denn anstellen? Sie glauben nicht wirklich, dass wir kleinen Frauen das Schiff in unsere Gewalt bringen und all die Verbrecher befreien könnten …«
Lizzie schaffte es, auszusehen, als fürchte sie sich wirklich vor den Männern auf dem unteren Deck. Dabei hielt sie die Kerle trotz
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