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Das Gold der Maori - Das Gold der Maori

Titel: Das Gold der Maori - Das Gold der Maori Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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als ein Stück Hafenmauer – wobei er wohl noch Glück gehabt hatte. Ursprünglich sollten die Gefangenen aus Irland nämlich auf einer der Prison Hulks untergebracht werden, die in Woolwich vor Anker lagen. Aber dann hatte sich scheinbar noch etwas Platz auf diesem Schiff nach Van-Diemens-Land gefunden, das eigentlich nur Frauen beförderte.
    Man hatte die Gefangenen aus Irland direkt von einem Schiff ins andere umgeladen, und nun lag Michael seit einem halben Tag angekettet auf seiner Pritsche in der dunkelsten Ecke des dunkelsten Decks der Asia . Der Master hatte zur Bedingung gemacht, dassdie Männer streng von den weiblichen Häftlingen getrennt blieben – auch während der Reise. Viel Freigang konnten sie sich also nicht erhoffen. Dabei hatte niemand daran gedacht, den Männern Nachttöpfe oder Flaschen zur Verfügung zu stellen, in die sie sich entleeren konnten. Zwar gab es einen Eimer, den man von einem zum anderen reichen konnte, aber wenn auch nur einer der Gefangenen nicht mitspielte, kam er bei den hintersten Pritschen nicht an.
    In jeder Reihe gab es mindestens einen Mann, der jetzt schon in stummer Agonie verharrte und sich auch auf Anruf der anderen nicht rührte. Billy Rafferty gehörte dazu. Er war in eine Art Starre verfallen, nachdem er beim Abschied von Irland stundenlang randaliert hatte. Der junge Mann hatte schon in der Zelle in Wicklow gelegentlich Anfälle von Platzangst gehabt, und die fest verschlossenen, dunklen Räume unter Deck des schwankenden Schiffes ließen ihn vollends den Verstand verlieren. Er lag neben Michael in Ketten und wimmerte vor sich hin.
    Der Gestank auf dem untersten Deck wurde schlimmer und schlimmer und die Luft stickiger. Michael war froh, als sich das Schiff endlich in Bewegung setzte. Vielleicht würde man ihnen die Ketten ja jetzt abnehmen.
    Auf dem ersten Deck war das tatsächlich der Fall, aber Michael und seine Leidensgenossen blieben gefesselt. Dabei kam zu dem bisherigen Gestank nun auch noch der von Erbrochenem, denn die ersten Tage auf See erwiesen sich als stürmisch.
    »Der Ärmelkanal …«, verriet der Mann auf der Pritsche neben Michael, ein Seemann, der bei einer Schlägerei einen anderen erschlagen hatte. »Bis zur Bucht von Biskaya herrscht meist raue See. Da werden die Weiber sich noch die Seele aus dem Leib kotzen. Aber verdammt, ich hab trotzdem Hunger … Gibt’s hier nichts zu beißen?«
    Bevor am Morgen tatsächlich eine karge Ration Schiffszwieback verteilt wurde, schickten die Wärter ein paar Frauen vom ersten Deck mit Eimern und Schrubbern nach unten, um zumindest den ärgsten Schmutz aufzuwischen. Dabei stand neben jeder einAufpasser – als ob Michael und die anderen in Ketten über sie herfallen könnten.
    »Wenigstens habt ihr keine Etagenbetten«, versuchte eine der Frauen Michael zu trösten. »Sonst liefe euch die Soße noch ins Gesicht. Bei uns hat’s da so manche getroffen, bevor sie uns von den Ketten befreit haben. Und die Seekranken schaffen es jetzt auch nicht immer zum Abtritt. Wie lange geht so eine Reise?«
    »Um die hundert Tage«, gab der Matrose Auskunft.
    Die Männer stöhnten.
    »Ich dachte, so vier Wochen …«, murmelte Michael. »Nach Amerika …«
    Der Matrose lachte bitter. »New York ist ein Katzensprung, verglichen mit dem hier … Aber sie werden uns an Deck holen. Sie können uns keine drei Monate hier verrotten lassen … Die Königin … sie ist eine gute Frau, sie würde das nicht zulassen!«
    Michael ließ das unkommentiert. Nachdem Queen Victoria halb Irland stillschweigend hatte verhungern lassen, traute er ihr nicht allzu viel Güte zu. Aber vielleicht brachte sie ja wenigstens ihren Landsleuten Gnade entgegen. Die weitaus überwiegende Zahl der Sträflinge in Van-Diemens-Land waren schließlich Engländer.
    Michael sehnte sich nach Licht und Luft, aber mehr noch danach, sich recken und strecken zu können. Er spürte jetzt schon den Druck der harten Holzpritsche, auf der er mit den Ketten fixiert war. Michael konnte sich kaum rühren, und wie die meisten seiner Mithäftlinge war er unterernährt. Seine Schulterblätter wurden schnell wund vom Liegen auf der Pritsche, die kaum verheilten Striemen am Rücken brannten, nachdem die Frauen von der Putzkolonne kurzerhand ein paar Eimer voll Meerwasser über die angeketteten Gefangenen auf ihren beschmutzten Pritschen entleert hatten. Die Männer waren nun sauberer, aber nass, und es war zwar stickig, aber nicht wirklich warm im Bauch der Asia .

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