Das Gold des Columbus
starrte auf die Szene an der Quelle, aber sie änderte sich nicht. Kapitän Fieski lag am Boden.
Ein Matrose richtete seine Waffe auf den Rücken von Kapitän Méndez, der Pablo noch immer den Becher an die Lippen hielt. Der andere Matrose hing über der Quelle und soff wie ein Stier. Die restlichen Seeleute und die Indianer standen reglos, sie waren offensichtlich genauso überrascht wie Pablo.
Der Mann mit dem Handrohr gab dem Trinkenden einen Tritt. »So, jetzt bin ich dran.«
Der andere trank wie von Sinnen weiter, wurde aber an beiden Schultern gepackt und in die Höhe gerissen. »Los, nimm die Waffe und halt mir den vom Leib.«
Er machte eine Kopfbewegung zu Kapitän Méndez und warf sich auf die Quelle. Der hatte den Wortwechsel gehört und wandte den Kopf.
»Leg die Waffe hin!«, sagte er scharf.
Pablo griff mit beiden Händen nach dem Becher und hielt ihn fest. Bloß keinen Tropfen verschütten!
Der Matrose lachte hässlich. »Ihr habt uns gar nichts mehr zu befehlen, ihr zwei! Kapitäne wollt ihr sein? Wo sind denn eure Schiffe? Ich sehe bloß zwei lächerliche Kanus. Und deshalb seid ihr nicht mehr als wir, nämlich arme Schiffbrüchige, die bald der Teufel holen wird.«
»Dich holt er ganz bestimmt, schon wegen deiner Dummheit. Aber wenn du dich unbedingt zu Tode saufen willst, kann ich dich daran nicht hindern. Ich lass mir jedenfalls keine Kugel auf den Pelz brennen, um dich am Leben zu halten.« Kapitän Méndez wandte sich an die anderen Matrosen. »Für euch gilt dasselbe. Ihr wisst, dass es tödlich sein kann, wenn ihr jetzt zu viel trinkt. Entscheidet selbst, ob ihr leben oder sterben wollt. Wer leben will, betet zwanzig Paternoster und zwanzig Ave Maria, bevor er den nächsten Becher trinkt. Und betet langsam und innig! Ihr habt allen Grund, dem Herrgott und seiner Mutter zu danken, dass sie uns gerettet haben.«
Diego Méndez sprach auch zu den Indianern und goss dann Kapitän Fieski einen Becher Wasser über den Kopf, ohne die beiden Matrosen mit der Waffe noch eines Blickes zu würdigen.
Pablo wusste genau, wie die beiden sich fühlten. Die Gier nach Wasser war entsetzlich und der eine Becher hatte sie eher noch schlimmer gemacht. Auch Pablo wollte alles geben, wenn er seinen Mund an die Quelle halten und das Wasser in sich hineingluckern lassen könnte, am besten stundenlang. Aber was heißt alles? Auch das Leben? Ob man das Trinken wirklich mit dem Tod bezahlen musste?
Die anderen schienen es zu glauben, denn sie hielten sich von der Quelle fern. Nur die beiden Matrosen tranken unentwegt weiter, bis sie sich mit nassen Gesichtern und prallen Bäuchen auf die Seite rollten und einschliefen.
Sie starben unter Qualen wenige Stunden später.
Da hatten die anderen längst in einer Felsenhöhle Schutz vor der Sonne gesucht und brieten Fische am Feuer. Sie hörten die Schmerzensschreie der Sterbenden aus der Ferne.
»Wir können ihnen nicht helfen«, sagte Kapitän Méndez nur. »Niemand kann das.«
Besorgt beobachtete er Kapitän Fieski, der sich nur schwankend aufrichten und nur wenige Schritte gehen konnte. Der Aufschlag auf den Boden war sehr heftig gewesen. Sie blieben noch einen weiteren Tag in der Höhle, tranken, aßen, schliefen - und brachen am Abend auf, um die Kühle der Nacht zu nutzen. Die Wasserfässer waren frisch gefüllt, am Boden stapelten sich die gebratenen Fische. Am Abend des nächsten Tages erreichten sie den äußersten Westzipfel von Española.
Der Admiral erwartete, dass Kapitän Fieski zurückkehren und die Botschaft von der geglückten Überfahrt überbringen würde. So hatte er es mit den Kapitänen abgemacht. Aber alle Spanier weigerten sich, die Kanus noch einmal zu betreten, und blieben den Befehlen und Bitten der Kapitäne gegenüber taub. Die Indianer fanden ein Dorf mit gastfreundlichen Bewohnern und waren nach einigen Tagen, als sich alle etwas erholt hatten, samt ihren Kanus verschwunden. Kapitän Méndez mietete ein neues Boot mit sechs Paddlern und machte sich mit Pablo auf den Weg nach Santo Domingo. Die anderen wollten irgendwann auf dem Landweg nachkommen.
Pablo war froh, dass er im Kanu liegen konnte und sich um nichts mehr kümmern musste, und auch Kapitän Méndez fühlte sich so erschöpft, dass er alles den Indianern überließ. Die hörten auf zu paddeln, sobald sie müde wurden, und fuhren bei widrigen Winden gar nicht erst los. Das Kanu legte pro Tag nur kurze Strecken zurück.
»Es kommt jetzt auf ein paar Tage mehr oder weniger
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