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Das Gold des Columbus

Das Gold des Columbus

Titel: Das Gold des Columbus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa-Maria Zimmermann
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können.«
    Der Statthalter klappte langsam den Fächer auf und zu. Die schillernden Farben der Federn verschwammen vor Pablos Augen. Er spürte eine Gänsehaut über seinen Körper laufen.
    »Ich werde kein Risiko eingehen. Ich werde Don Christóforo Colón und seine Soldaten übertreffen. Ich veranstalte ein Fest. Wie findet Ihr die Idee, Herr Kapitän? Ich werde der schönen Königin Anacaona und ihren Kaziken zeigen, wie die Spanier Feste feiern.« Er zog die Lippen von den Zähnen, was wohl ein Lächeln andeuten sollte, während seine Augen starr auf den Kapitän gerichtet waren.
    Pablo war bei dem Namen zusammengezuckt. Er sieht aus wie ein hochgezüchtetes, bissiges Pferd, dachte er. Oder nein, wie die Iguana auf dem Baum in Belén. Die hatte auch so einen Reptilblick.
    »Und deshalb wird der Herr Admiral sich noch einige Zeit gedulden müssen auf Jamaica«, fuhr der Gouverneur fort. »Wie schön für ihn, dass er dort gelandet ist. Er hat sie immer als die lieblichste aller seiner Entdeckungen bezeichnet. Sobald ein Schiff aus Spanien eintrifft, werde ich dieser so genannten Königin einen Besuch abstatten. Die schöne Anacaona ist derzeit wichtiger für die Kolonie als ein schiffbrüchiger Admiral.«
    Pablo sah auf einmal Anacaona an der Lagune von Jamaica vor sich, wie sie von einer Iguana mit dem Gesicht des Gouverneurs verfolgt wurde. Er hörte die Worte eigenartig verzerrt, als ob keine menschliche Stimme sie spräche. Was war denn nur los mit ihm? Er atmete tief ein und aus.
    »Es gäbe die Flotte noch und damit genug Schiffe für die Überlebenden auf Jamaica, wenn Ihr die Warnung des Herrn Admirals beherzigt hättet.«
    Über das magere gelbliche Gesicht des Gouverneurs ging ein Zucken, als ob diese Worte einen Nerv getroffen hätten. »Wenn Ihr damit andeuten wollt, dass ich auch nur im Entferntesten eine Schuld am Untergang der Flotte trage, dann würdet Ihr gut daran tun, Señor Méndez, diese Meinung für Euch zu behalten. Ich bin dem Ratschlag von dreißig erfahrenen Kapitänen gefolgt - Kapitäne, die ihren Titel mit mehr Berechtigung tragen als Ihr den Euren, wie ich annehme.«
    »Ich erhielt meinen Titel vom Admiral des Ozeans, Vizekönig und Gouverneur aller entdeckten Länder, Don Christóforo Colón«, erwiderte Kapitän Méndez ruhig.
    Pablo sah noch, wie die langen dünnen Finger Don Ovandos sich verkrampften, er hörte noch, wie in der Stille, die sich plötzlich im Raum ausbreitete, die Fächerstangen knackten - und dann sah und hörte er nichts mehr, sondern fiel um.

    Als er wieder zu sich kam, lag er in einem Himmelbett, dessen Vorhänge zugezogen waren. Durch die Ritzen flackerte Kerzenschein. Es roch scharf und sonderbar nach Kräutern und Rauch. Er ließ die Blicke langsam über die schimmernden Stoffe gleiten. Er hatte noch nie in einem Himmelbett gelegen und auch nicht unter einer seidenen Decke.
    Er fühlte sich sehr müde. Und außerdem heiß und durstig. Er versuchte, sich aufzurichten, aber das gelang ihm nicht. Mit großer Anstrengung drehte er sich auf die Seite und stützte sich auf den Ellbogen. Dabei musste er husten. Der Hals tat ihm weh. Die Brust tat ihm weh. Eigentlich tat ihm alles weh. Er stöhnte. Der Kerzenschein kam näher. Jemand zog den Vorhang ein Stück zurück.
    »Trink das!« Kapitän Méndez hielt ihm einen Becher an die Lippen. »Das ist Kräutertee mit Honig. Und dann schlaf weiter. Du bist sehr krank, sagt der Arzt. Es kann ein Fieber sein oder auch nur die Erschöpfung, das weiß er nicht. Wir sind im Hause Colón und werden vorläufig auch hier bleiben.«
    »Wie... wie lange?«
    »Oh, du liegst schon seit mehr als zwei Wochen hier. Und es ist noch nicht abzusehen, wann du wieder auf den Beinen bist. Der Arzt meint, das kann noch Wochen dauern. Ovando ist schon aufgebrochen, um die Indianer zu befrieden. Wie ich ihn kenne, hat das mit Frieden wenig zu tun.« Der Kapitän verzog den Mund. »Ein Glück, dass du umgefallen bist. Sonst wäre ich dem Kerl bestimmt an die Kehle gegangen und säße jetzt im Gefängnis.«
    Aber die letzten Worte drangen kaum noch in Pablos Bewusstsein. Ob ein Schlafmittel in dem Tee war, fragte er sich benommen. Oder machte die Krankheit ihn so schwach? Er trieb durch endlose Träume, durch Fieber und Schmerzen, durch Bewusstlosigkeiten und kurzes Erwachen, hörte manchmal Stimmen und Schritte neben seinem Bett, spürte, dass ihm jemand etwas einflößte, schmeckte Tee oder Suppe oder Säfte.
    Einmal rüttelte Kapitän

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