Das Gold des Columbus
Leibe verbrannt. Sie haben tausende erschlagen. Sie haben auch die Königin gefoltert, aber sie schließlich nicht verbrannt, sondern aus Rücksicht auf ihre Würde erhängt. Das hat Ovando tatsächlich gesagt: aus Rücksicht auf ihre Würde.«
Der Kapitän lehnte den Kopf gegen den Stamm der Palme, an dem die Bank stand, und schloss die Augen. »Soll ich dir erzählen, was sie mit den zwanzig Kaziken gemacht haben, die nicht in dem Haus waren?«
Ich will’s nicht hören, hätte Pablo am liebsten gesagt. Ich halte mir die Ohren zu. Aber er brachte keinen Laut heraus.
»Sie haben sie auf Roste gebunden, aber nur ein kleines Feuer darunter angezündet, damit das Verbrennen länger dauerte. In der Nacht fühlte sich Ovando durch das Heulen und Schreien im Schlaf gestört und befahl, die Gemarterten zu erdrosseln, aber die Soldaten steckten ihnen Knebel in den Mund und machten das Feuer noch kleiner, damit sie langsamer brannten.«
Pablo stöhnte vor Entsetzen.
»Als ich in Ovandos Zeltlager ankam, war es umgeben von Scheiterhaufen mit rauchenden Leichen. Er hatte gerade den Hauptmann Juan de Esquibel und seine Soldaten gegen einen Stamm im Gebirge ausgeschickt. Weder den Kapitänen des Admirals noch dem Adelantado noch Bobadilla war es gelungen, ihn zu unterwerfen. Der Hauptmann ließ zunächst von seinen Bluthunden die Weiber und Kinder aufspüren, die in Wäldern und Schluchten versteckt waren. Wen die Hunde nicht zerrissen, der wurde geschlachtet oder verbrannt, dass es nur so rauchte. Die Indianer zogen sich immer weiter in die Wildnis zurück, wagten aber nächtliche Überfälle auf die Truppe, was den Hauptmann sehr empörte. Wie konnten sie sich erdreisten, sich zu wehren? Schließlich wurden die letzten sechs- oder siebenhundert Männer an den Rand eines Abgrunds getrieben und dort hinuntergestürzt. Als der Hauptmann zurückkam und die Vernichtung des Stammes meldete, gründete Ovando an der Küste von Xaragua eine Stadt und taufte sie Santa María de la verdera paz 80 .«
Er drehte den Kopf und sah Pablo aus blutunterlaufenen Augen an. »Ich habe die Leute des Hauptmanns über ihre Taten prahlen hören. Sie hatten Wetten abgeschlossen, wer der Schnellste war, einen Menschen mit einem Schwertstreich zu erschlagen oder ihm mit der Pike den Kopf zu spalten. Sie haben Kinder an Pferde gebunden, sie über den Boden geschleift und schließlich ins Wasser geworfen, um sich über ihr Zappeln zu amüsieren. Sie haben breite Galgen errichtet und zu Ehren des Erlösers und der Apostel dreizehn Indianer daran gehängt, die dann lebendig verbrannt wurden. Sie haben Gefangenen beide Hände abgeschlagen, sie wieder an die Arme angebunden und gesagt: ›Geht mit diesem Sendschreiben zu euren geflohenen Landsleuten ins Gebirge.‹ Und das sind christliche Männer, von christlichen Müttern geboren und erzogen. Ich begreife es nicht. O Gott, ich begreife es nicht.«
Pablo musste auf einmal an die brennenden Scheiterhaufen der Inquisition auf dem Platz vor der Kathedrale von Sevilla denken, an die zu Tode gepeitschten Diebe, an die gevierteilten Räuber, an die aufs Rad geflochtenen und am Galgen baumelnden Verbrecher vor den Toren der Stadt. Er versuchte stockend, seine Gedanken in Worte zu fassen.
»Aber wie kannst du so etwas vergleichen?« Kapitän Méndez schüttelte den Kopf. »Das sind Ketzer und Verurteilte, die die gerechte Strafe für ihre Schuld erhalten. Die Indianer sind schuldlos. Der einzige Grund, warum die Christen eine so ungeheure Menge von ihnen ermorden und zugrunde richteten, ist die Gier nach ihrem Gold. Ich glaube fast, dass Gold nur auf dem Boden des Unrechts gedeiht. Gold ist Gift und deshalb wird Spanien eines Tages daran verenden.«
Er seufzte tief. »Die Spanier wollen sich auf dieser reichen, fruchtbaren Insel festsetzen. Und weil die Bewohner so demütig, so geduldig, so leicht zu unterjochen sind, so behandeln die Spanier sie schlimmer als jeden Verbrecher. Española ist schon jetzt verheert und entvölkert. Überall habe ich verbrannte Dörfer und verlassene Felder gesehen, Indianer, die am Wegrand liegen und hungers sterben, weil ihnen die Spanier alle Vorräte weggefressen haben, Mütter, die ihre Kinder nicht mehr stillen können, weil die schwere Arbeit auf den spanischen Plantagen sie zu Tode erschöpft, Männer, die unter den Lasten zusammenbrechen, die die Spanier ihnen aufbürden, und deshalb zu Tode geprügelt werden.«
Er vergrub den Kopf in den Händen. »Diese Insel war ein
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