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Das Gold des Columbus

Das Gold des Columbus

Titel: Das Gold des Columbus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa-Maria Zimmermann
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»Ich hoffe bloß, meine Sprachkenntnisse reichen aus.«
    »Ich kenne einen Indianer.« Pablo gab seinen Knochen einer hungrigen, rotweiß gefleckten Katze, die um seine Beine strich. Er mochte Tiere - und alle Tiere mochten ihn. »Er ist Türsteher beim Grafen von Osuna. Wenn Ihr wollt, führe ich Euch hin. Er trägt eine Krone aus Federn und Gewänder aus bunter Seide.«
    Aber als sie das Stadtschloss des Grafen erreicht hatten, stand dort ein spanischer Lakai. Auf die Frage nach dem Indianer fing er sofort an zu schimpfen. »Jeder Maravedi für die Braunhäute war rausgeschmissenes Geld, das habe ich gleich gesagt. Sie halten einfach nichts aus, das wissen wir doch schon seit Jahren. Überall sind sie eingegangen wie die Fliegen. Und arbeiten können sie überhaupt nicht. Ist ja auch kein Wunder, denn sie essen nicht vernünftig, weder Speck noch Stockfisch noch Kohl und Rüben. Sie ekeln sich davor. Nicht mal Milch wollen sie trinken. Saft aus dem Kuheuter ist das für sie, ein widerliches Gesöff und nur für Kälber geeignet. Jedenfalls hat’s mir unser voriger Indianer so erklärt. Der hat wenigstens ein paar Brocken Spanisch gekonnt. Unser jetziger macht den Mund überhaupt nicht auf. Der redet bloß mit seinem bunten Federvieh. Und das krächzt dann zurück, dass man Angst kriegen kann. Aber bald hat es sich ausgekrächzt, glaube ich. Die beiden tun’s nicht mehr lang.«
    Weil die gräfliche Familie und ein Großteil der Dienerschaft nicht in Sevilla waren, erlaubte der Türsteher den beiden Besuchern gnädig, mit dem Kranken zu sprechen. Er lag in seinem Quartier hinter den Ställen, zitterte unter mehreren Lagen von Stroh und Wolldecken und hob kaum den Blick, als sie eintraten. Zu seinen Füßen hockte reglos ein Papagei auf einer Stange, die kleinen runden Augen starr gegen die Fensterluke gerichtet. Sein Gefieder war gesträubt, wie gegen den Strich gebürstet, das leuchtende Rot und Blau und Grün wirkte blass im dämmerigen Licht.
    Der Escudero begann zu sprechen, langsam, tastend. Pablo verstand nur zwei Worte: Diego Méndez. Das musste sein Name sein.
    Der Indianer öffnete die Augen weit, dann richtete er sich mühsam auf. Seine Haut war nicht braun, sondern grau, sein Körper so mager, dass die Knochen zu sehen waren. Die starre Unbeweglichkeit fiel von seinen Zügen wie eine herabrutschende Maske. Er begann zu lächeln, erst mit den Mundwinkeln, dann mit den Augen und dem ganzen Gesicht. Er öffnete die Lippen, und Worte strömten aus seinem Mund, die Pablo vorkamen wie ein unverständliches Lied, in dem sich die Konsonanten aneinander drängten, nur selten unterbrochen von langen Vokalen.
    Auch der Papagei wurde lebendig, als er die Stimme seines Herrn hörte. Er glättete sein Gefieder mit dem krummen Schnabel und stieß sonderbare, knarrende Laute aus. Pablo versuchte leise, sie nachzuahmen. Der Vogel drehte den Kopf hin und her und beäugte ihn. Seine Augen wirkten jetzt nicht mehr glasig wie bei einem toten Fisch, sondern blank.
    »Knarrpp, knarrpp!«, machte er.
    »Knarrpp, knarrpp!«, wiederholte Pablo.
    Diego Méndez und der Indianer ließen sich davon nicht stören. Sie redeten weiter, der eine stockend, der andere schnell, als ob seit langem aufgestaute Sätze aus ihm herausbrächen. Sie schienen einander zu verstehen.
    »Knarrpp, knarrpp, knarrpp«, sang Pablo leise, erst ein hoher Ton, dann ein tiefer, dann lang gezogen.
    Der Papagei legte den Kopf schief, kletterte seine Stange hinunter und hüpfte auf den Jungen zu. Der stand ganz still. Einmal war ein Matrose mit einem gezähmten Papagei im Celler gewesen, zur Begeisterung aller Gäste. Sie hatten den Mann freigehalten, bis er fast zu betrunken war, um die Treppe wieder hinaufzukommen - nur um den Vogel aus der Nähe sehen zu können und den Satz zu hören, den sein Herr ihm beigebracht hatte: »Viva la reina 19 !« Es hätte genauso gut »Picar la reja 20 !« heißen können, hatte Pablos Stiefmutter hinterher gesagt - aber erst als alle Gäste gegangen waren, denn sie war sehr zufrieden gewesen mit dem guten Geschäft.
    Der Papagei machte noch einen Hüpfer. Er war jetzt dicht vor Pablo.
    »Knarrpp, knarrpp, knarrpp«, sang der Junge wieder.
    Der Vogel schlug mit den Flügeln - und ließ sich auf Pablos Schulter nieder. Pablo spürte die Krallen auf seiner Haut, aber er zuckte nicht. Er schielte zur Seite, ohne den Kopf zu drehen. Die Krallen waren lang und gebogen, deutlich größer und dicker als bei einem Hahn oder Habicht.

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