Das Gold des Columbus
Gürtel. »Na ja, wenn man weder Schweinebraten noch Würste kennt, kann man leicht schlank bleiben. Die zehn trugen die goldenen Masken, die der Kazike Guacanagari dem Admiral geschenkt hatte, und alles Gold, das wir eingetauscht hatten gegen Glöckchen und rote Mützen und bunte Bänder, denn die gefielen den Eingeborenen viel besser als ihr Gold. Die zehn trugen auch Papageien und Gewürze und alle Merkwürdigkeiten, die wir gesammelt hatten. Ihr könnt euch den Aufruhr nicht vorstellen! Straßen und Balkone und Fenster schwarz von Menschen, Glockengeläut und Orgelmusik, Getöse von Dudelsäcken, Flöten und Schalmeien, denn Musikanten zogen vor und hinter uns, sogar Herolde mit Fanfaren. Alles schrie und sang und schwenkte Fahnen, die höchsten Herren der Stadt luden uns ein - uns einfache Seeleute, als ob wir Hidalgos oder Caballeros wären. Ich glaube, beim Anblick der Majestäten höchstpersönlich hätte der Jubel nicht größer sein können. Und so ging es weiter: in Cordoba, in Murcia, in Valencia, in Tarragona - und schließlich in Barcelona, wo die Herrscher damals regierten. Der ganze Hofstaat zog uns vor die Tore der Stadt entgegen. Und dann kam der große Empfang im Alcázar mit allen Würdenträgern und Edlen der spanischen Länder. Als der Admiral vor den Königen niederkniete, um ihnen die Hände zu küssen, da erhoben sich Ferdinand und Isabella von ihrem Thron und forderten ihn auf, sich neben sie zu setzen.«
Carlos Alonso blickte mit glänzenden Augen in die Runde. »Stellt euch das vor! Ich glaube, ich wäre umgefallen vor Schreck. Aber er saß da ganz ruhig und erzählte von all den Wunderdingen, die wir gesehen hatten. Ich wünschte, ich könnte nur ein kleines bisschen so reden, wie er reden kann. Alle Augen hingen an seinen Lippen. Die Könige konnten gar nicht genug hören. Und schließlich zog die ganze Festversammlung feierlich zur Kapelle, wo das Tedeum angestimmt wurde, um Gott, dem Herrn, für diese Fahrt zu danken. Und auf dem festlichen Bankett am nächsten Tag...«
»Na bitte, was hab ich gesagt! Warum hat niemand mit mir gewettet?« Concho sprang auf und zeigte zum Ufer. »Da kommt der Admiral. Man sieht ihn immer sofort, er ist größer als alle anderen. Also brechen wir morgen auf.«
In allen Ranchos erhoben sich die Männer und stellten sich in Reih und Glied, um den Admiral an Bord zu empfangen.
Am 25. Mai segelte die kleine Flotte aus dem Hafen von Gran Canaria.
Endlich!, dachte Fernan. Endlich! Wir sind auf dem Weg nach Indien. Die Kanaren sind am Horizont versunken und um uns ist nichts als Wasser. Er kauerte sich hinter der Ampolleta 42 zusammen und beobachtete das Rieseln der Sandkörner. Gleich konnte er die nächste halbe Stunde ansagen und außerdem den Wachwechsel. Alle vier vollen Stunden wechselte die Dienst habende Mannschaft.
Über ihm blähte sich das weiße Seidenbanner mit dem grünen Kreuz und den Buchstaben F und Y mit den Kronen darüber. Y - das stand für Isabella, seine Königin, die er liebte und verehrte wie früher nur seine Mutter. Er hatte ihr als Page gedient, und er diente ihr immer noch, wenn auch als Grumete.
»Vergiss nie, dass du in meinem Dienst fährst, Fernan«, hatte sie gesagt, als sie ihm Urlaub gab für die Reise.
Er spürte den Wind in den Segeln, spürte, wie das Schiff lebte. Die Planken summten und ächzten, die Segel klatschten und knallten, die Trossen knarrten: Die Capitana sang.
Da fiel das letzte Sandkorn.
»In Gottes Namen fahren wir,
Seiner Gnaden begehren wir,
Verleih uns die aus Gütigkeit,
O Heilige Dreifaltigkeit,
Kyrieeleison.«
Fernans helle Stimme war auf dem ganzen Schiff zu hören.
»Wachablösung!«, schrie der Dienst habende Offizier.
Pablo trat zu Fernan ans Stundenglas, unter dem Arm ein großes Bündel Feuerholz, das er in kleine Stücke brechen sollte, während er auf das Umdrehen der Ampolleta wartete.
»Kannst du nicht in vier Stunden kommen und die Ablösung für mich singen?«, bat er. »Du hast einfach die bessere Stimme. Ich fang an zu kieksen, sobald ein hoher Ton kommt, und dann kann ich nur noch krächzen. Du weißt auch viel mehr Lieder als ich. Ich kenne bloß: Salve, regina mundi, mater amabilis. Wenn du willst, übernehme ich auch das Kochen für dich.«
»In Ordnung.« Fernan war sehr erleichtert über diesen Vorschlag. Er hatte noch nie in seinem Leben einen Topf in der Hand gehabt, bevor er auf die Capitana gekommen war. Inzwischen hatte er zwar von Pablo einiges gelernt,
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