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Das Gold des Columbus

Das Gold des Columbus

Titel: Das Gold des Columbus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa-Maria Zimmermann
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Planisphäre, aber ich habe vergessen, welches. Er hat uns auch einmal erklärt, wie man mit ihnen arbeitet, aber das war schrecklich kompliziert, und ich hab es nicht richtig verstanden.«
    »Das macht nichts«, erwiderte der Vater zu seiner Überraschung. »Ein Astrolabium ist etwas für Gelehrte, für Astronomen. Seeleute fangen wenig damit an. Ich benutze es selten. Der Quadrant 47 hier ist dagegen recht nützlich. Man kann damit den Polarstern anvisieren und dadurch bestimmen, wo man sich befindet. Der Nachteil ist, dass die See dabei völlig ruhig sein muss. Am sichersten ist die Berechnung bei einer Flaute oder natürlich an Land. Aber ich halte nicht viel von technischem Gerät. Wenn du erst einige Jahre zur See gefahren sein wirst, Fernan, dann wirst du merken, dass man an der Art, wie der Wind riecht und wie das Wasser sich färbt und wie die Wolken sich türmen oder dahinjagen, mehr ablesen kann als an Quadrant oder Kompass. Vor allem der Vogelflug ist aufschlussreich. Achte immer auf die Vögel, Fernan, sie wählen stets die für sie beste Richtung.«
    Der Vater hatte eine Karte vor sich liegen und hantierte jetzt mit Lineal und Zirkel. »Siehst du, hier trage ich unseren Kurs und die zurückgelegte Strecke ein. Und nun werde ich dir erklären, warum ich dich habe rufen lassen.«
    Er legte eine zweite Karte neben die erste, auf der noch kein einziger Strich oder Punkt zu sehen war. Mit sicherer Hand ergriff er die Feder, tauchte sie ins Tintenfass und setzte sie am Rand des Pergaments an. Fernan sah verblüfft, wie die Küsten von Spanien und Portugal und Afrika erschienen, dann im Ozean die Konturen der Kanaren, der Azoren, der Kapverden, nicht größer als Kleckse, schließlich die gekurvten Umrisse von Española, von Jamaica, von Trinidad. Der Vater zeichnete, ohne ein einziges Mal zu zögern oder zu überlegen, als ob sich die Linien schon auf dem Blatt befänden und er sie nur nachzuziehen brauchte. Es wirkte fast wie Zauberei.
    Fernan merkte, dass er den Atem angehalten hatte, und schnaufte. »Wie - wie machst du das? Unser Geografielehrer kann das nicht.«
    »Er hat wahrscheinlich auch nicht jahrelang seinen Lebensunterhalt damit verdienen müssen, so wie ich.« Der Admiral legte die Feder in die Schale neben dem Tintenfass. »Dein Onkel Bartolomé hatte eine Werkstatt für Seekarten in Lissabon und ich habe mit ihm zusammengearbeitet. Wir waren berühmt, das kannst du mir glauben. Kapitäne aus aller Herren Länder trafen sich bei uns und beschrieben ihre jüngsten Fahrten. Nach ihren Anweisungen zeichneten wir die Karten und so waren wir immer auf dem neuesten Stand. Und meine eigenen Erfahrungen habe ich natürlich auch verwertet. Ich bin südwärts gesegelt bis nach Guinea und nordwärts bis nach Bristol in England und nach Gallway in Irland und von dort noch weiter nach Norden bis zu der Insel Island. Damals nannte man das die Grenzen der Welt, aber ich wusste, dass dieser Ausdruck falsch war. Die Welt hat keine Grenzen. Der Ozean bedeckt nur ein Siebtel der Erdoberfläche und er ist überall befahrbar.«
    Er stand auf und stellte sich dicht neben Fernan. »Ich habe bewiesen, dass es einen Seeweg nach Indien gibt. Und jetzt werde ich auch noch die Straße zum indischen Festland entdecken.« Er senkte die Stimme. »Aber diesmal werde ich diese Entdeckung für mich behalten. Ich bin genug betrogen worden! Mit meinen Karten sind hunderte von Schiffen zu den Inseln gesegelt, die ich für die spanische Krone in Besitz genommen habe, und sie sind beladen mit Gold und Perlen zurückgekommen. Wo bleibt mein Anteil an diesen Schätzen? Mit Brief und Siegel ist er mir von den Majestäten zugesichert worden, aber ich habe nicht einmal die Möglichkeit, auch nur zu erfahren , wie groß dieser Anteil ist. Weißt du, dass die kleine Kohlenpforte in der Stadtmauer von Sevilla in jüngster Zeit umbenannt worden ist? Und die Kohlengasse dahinter auch?«
    Fernan schüttelte stumm den Kopf, aber der Vater schien keine Antwort zu erwarten, sondern redete hastig weiter. »Sie heißen jetzt Goldpforte und Goldgasse. Dort werden nämlich die Schätze von den Schiffen der indischen Flotte sofort in den Alcázar hinaufgebracht. Was einmal in den Schatzkammern der Burg verschwunden ist, bleibt meinen Blicken verborgen. Wahrscheinlich wäre ich längst so reich wie der Herzog von Medinaceli, wenn man mich nicht betrügen würde. Ich habe genug davon, das kannst du mir glauben. Drei Entdeckerfahrten habe ich für die

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