Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Gold des Columbus

Das Gold des Columbus

Titel: Das Gold des Columbus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa-Maria Zimmermann
Vom Netzwerk:
aber sicher fühlte er sich am Herd immer noch nicht. »Ich kann dir noch beim Holz helfen.«
    Die Jungen saßen nebeneinander und zerbrachen die Äste.
    »Warum übernimmt eigentlich nicht jemand den Herd, der was vom Kochen versteht?«, fragte Fernan.
    »Weil das nun mal Arbeit für die Schiffsjungen ist. Kein richtiger Seemann will was mit Kochen zu tun haben. Auf meiner Fahrt zum Kap Trafalgar sind zwei in Streit geraten, und der eine hat den anderen angeschrien: ›Dein Bart stinkt nach Herd!‹ Das ist eine schlimme Beleidigung. Sie wären sich fast an die Gurgel gegangen, wenn die Leute aus ihrem Rancho sie nicht zurückgehalten hätten. Du weißt ja, für Prügeleien gibt’s die Peitsche und für Messerstechereien sogar das Kielholen 43 . Da fetzen dir die Muscheln am Rumpf das Fleisch von den Knochen. Die meisten gehen dabei drauf.«
    »Es muss ja kein Seemann sein.« Fernan war immer noch beim Thema Herd. »Sondern ein richtiger Koch.«
    »Das ist doch verrückt. Für eine einzige warme Mahlzeit am Tag, die bei schlechtem Wetter auch noch ausfällt? Glaubst du, irgendjemand würde so einen Luxus bezahlen? Ein Schiffskoch? Das wär ja so, als ob... als ob...« Pablo suchte nach einem Vergleich. »...als ob es Kajüten für Matrosen gäbe. Der Kapitän und natürlich der Admiral und auch der Schiffseigner, die haben jeder eine Kajüte. Aber wir anderen haben unsere Ranchos. Miguel sagt, wenn man auf der Nordsee fährt, wo’s immer kalt ist und regnet, da spannen sich die Matrosen manchmal Segel über ihre Ranchos oder bauen sogar Verschläge. Oder sie gehen in den Mannschaftsraum, aber da ist es so eng wie in einem Netz voller Fische, weil ja der große Steuerarm da ist und hin und her bewegt werden muss. Dann kann man sich bloß in die Wandnischen quetschen und...«
    »He, sieh mal, sie schicken Rauchzeichen!« Fernan deutete zum Heck, wo kleine Rauchwolken aus einem eisernen Becken aufstiegen, Signale der Capitana an die anderen Schiffe.
    Pablo beobachtete den Rauch. »Ich kann die Fumos 44 immer noch nicht richtig lesen. Die Fuegos 45 nachts sind leichter. Hörst du, jetzt werden die Befehle noch mal mit der Pfeife wiederholt. Das heißt: ›Setzt alle Segel!‹, glaube ich.«
    Und tatsächlich stieg an allen Masten die Leinwand hoch und blähte sich im warmen, kräftigen Wind.
    »Grumete Fernan zum Admiral!«, rief der Maat, der für die Schiffsjungen zuständig war.
    Fernan sprang auf und klopfte sich die Holzspäne von Bluse und Hose. Es war das erste Mal seit der Abfahrt von Cadiz, dass er in die Kajüte auf dem Hüttendeck gerufen wurde. Sein Vater hatte nur anerkennend genickt, als Fernan ihm gesagt hatte, dass er so behandelt werden wolle wie alle anderen Schiffsjungen auch. Der Rancho hatte mit großer Zufriedenheit vermerkt, dass der Admiral seinen Sohn genauso wenig beachtete wie die anderen Grumetes.
    Was werden die Sevillaner wohl jetzt von mir denken?, überlegte Fernan besorgt. Dass ich doch nicht zu ihnen gehöre? Dass ich nun mal der Sohn des Admirals bin und eine Sonderbehandlung bekomme?
    Er stieg zum Aufbaudeck empor und klopfte an die Tür der Kajüte, erst leise, dann lauter, denn auf dem Kajütendach jagte Diablo mit lautem Gebell hinter dem ausgestopften, gefiederten Balg eines Hahns her. Das war Pablos Idee gewesen. Er hatte den Hahn auf einen langen Stab gespießt, den Stab an Diablos Halsband befestigt und das Halsband an einer dünnen Eisenstange, deren anderes Ende in der Mitte des Hüttendecks festgenagelt war. Jeden Nachmittag ließ Pablo den Hund eine Stunde lang im Kreis rennen, bis der erschöpft und zufrieden zurück in seinen Käfig trottete.
    »Komm herein.« Der Vater saß an einer Tischplatte, die an der Wand befestigt war, gleich unter dem schmalen Fenster zum Deck. Er wandte sich nicht um, sondern schrieb mit kratzender Feder weiter.
    Neugierig sah Fernan sich um. Der Raum war schmal und dunkel, mehr ein Verschlag als ein Zimmer. Hinter den schweren, bodenlangen Vorhängen an der Längsseite verbarg sich wahrscheinlich das Bett, daneben stand eine große Kleiderkiste.
    »Weißt du, was das ist?«, fragte der Vater und wies mit einer Hand auf ein Gerät auf dem Tisch, ohne das Schreiben zu unterbrechen.
    Fernan trat näher. Er sah, dass Tintenfass und Federschale in passenden Vertiefungen in der Tischplatte rutschsicher verankert waren. »Das ist ein Astrolabium 46 , glaube ich. Der Hofastronom hat zwei; eins zum Aufhängen und eins auf drei Beinen. Eins heißt

Weitere Kostenlose Bücher