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Das Gold des Columbus

Das Gold des Columbus

Titel: Das Gold des Columbus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa-Maria Zimmermann
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zu Bewusstsein, dass das Schießen aufgehört hatte. Er hielt die lange Pike ungeschickt vor sich und trat aus dem Ring der Hütten heraus. Der Boden war übersät mit Leichen, die meisten nackt, aber es waren auch ein paar bekleidete darunter. Außer den Toten war kein Indianer mehr zu sehen.
    »Victoria 72 ! Victoria!«, brüllten die Soldaten und trommelten mit den Griffen ihrer Waffen gegen die Brustpanzer.
    »Victoria! Victoria!«, stimmten die Matrosen ein.
    Alle verstummten, als der Adelantado unter den Bäumen des Waldrandes hervortrat, gestützt auf Diego Méndez. Ein Pfeil steckte in seinem linken Arm.
    »Schreit ruhig weiter Victoria, Leute!«, rief Don Bartolomé Colón. »Wir haben die Teufel vertrieben. Weit und breit ist keiner mehr zu sehen. Werft die Leichen in den Fluss, dann traut sich kein Kanu mehr weiter. Der Pfeil ist nicht der Rede wert. Falls er vergiftet sein sollte, übernimmt Señor Méndez das Kommando, verstanden? Also los: Victoria!«
    »Victoria!«, wiederholten die Männer.
    Aber es klang dünner als eben. Die Verletzung des Adelantado hatte ihre Begeisterung gedämpft, und die kehrte auch nicht zurück, als Mestre 73 Bernals den Pfeil entfernt hatte und keine Giftspuren feststellte. Noch gedrückter wurde die Stimmung, als der Arzt die Bilanz des Überfalls zog: sieben tote Spanier und zehn Verletzte, fünf davon in kritischem Zustand.
    Die von Kugeln, Schwertern und Lanzen zerfetzten und zerhauenen Leichen der Indianer trieben den Fluss hinunter. Pablo hatte aufgegeben, sie zu zählen. Es mussten viele dutzend sein.
    Trotzdem näherte sich am Mittag ein Boot. Aber es war kein Kanu, sondern die Schaluppe der Capitana , die mit den beiden anderen Schiffen noch immer im Meer vor der Mündung des Rio Belén ankerte. Im Bug stand Kapitän Diego Tristan. Obwohl alle Bewohner der Siedlung Belén, die laufen konnten, zum Ufer rannten, ließ er das Boot nicht landen, sondern hielt es in der Mitte des Flusses.
    »Ihr könnt nicht weiter!«, rief der Adelantado. »Die Indianer haben uns überfallen.«
    »Wie ich sehe, habt Ihr sie vertrieben. Wir haben die Leichen gesehen. Die Indianer werden kaum einen zweiten Angriff wagen. Der Herr Admiral hat mir befohlen, Trinkwasser zu holen.«
    »Ihr könnt auf keinen Fall zu der Quelle hinter dem Dorf. Die Indianer wissen jetzt, dass wir sterblich sind. Wir haben sieben Tote.«
    Kapitän Tristan machte eine wegwerfende Gebärde. »Und ich habe drei Soldaten mit Musketen. Eine Salve genügt, um ein ganzes Indianerheer in die Flucht zu treiben. Mein Befehl lautet, die Fässer zu füllen. Ich werde den Fluss hinauffahren und einen sauberen Zulauf suchen.«
    »Das ist zu gefährlich, Don Diego, glaubt mir doch!«
    »Ich habe meine Befehle!«, rief der Kapitän störrisch.
    »Ich beschwöre Euch, Don Diego! Kehrt um und berichtet meinem Bruder, was geschehen ist. Ich bin sicher, er wird meiner Meinung sein. Ihr könnt unsere Verletzten mit zurücknehmen; sie werden auf Española bessere Pflege haben als hier.«
    »Was sollen wir mit Verletzten an Bord? Wir haben kaum genug Matrosen. Was wir am dringendsten brauchen, ist frisches Wasser, und das hole ich jetzt. Nein, spart Euch weitere Worte, Señor Adelantado, ich bin in höchster Eile. Es zieht ein Unwetter auf, und wir können froh sein, wenn wir auf der Rückfahrt noch heil durch die Brandung kommen.«
    Er setzte sich und gab einen Befehl. Die acht Ruderer legten sich in die Riemen, ohne sich um das Geschrei der Männer am Ufer zu kümmern. Das Boot glitt flussauf und verschwand hinter einer Biegung. Mit steinernem Gesicht teilte Bartolomé Colón Wachen ein.
    Diablo trottete erschöpft aus dem Wald. Sein Fell war so durchtränkt von Blut, dass die Wellen sich rot verfärbten, als er gierig am Fluss trank und sich dann im Wasser wälzte. Pablo wusste, dass der Hund ihm das Leben gerettet hatte, trotzdem brachte er es nicht über sich, ihn zu tätscheln. Zu schaurig war der Anblick des Tötens gewesen.
    »Leg ihn nicht an die Kette«, befahl Don Bartolomé. »Der Hund ist jetzt unser bester Wächter.«
    Nach geraumer Zeit erklang dumpfer Lärm in der Ferne.
    »Muschelhörner«, sagte Diego Méndez. »Und Trommeln.«
    Das war ein schlechtes Zeichen. Es konnte nur einen Angriff bedeuten. Beklommen standen die Männer am Ufer und warteten. Der Himmel verfinsterte sich, die Bäume bogen sich unter der Gewalt des Windes, einzelne schwere Tropfen fielen.
    Im aufgewühlten Wasser des Flusses schoss ein Baumstamm

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