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Das Gold des Gladiators

Das Gold des Gladiators

Titel: Das Gold des Gladiators Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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sanften Geräusch in den Schlummer geleitet zu werden, plagten Didia noch immer Fragen. Ob Globulus wohl geahnt hatte, dass es sein letzter Kampf war? Er hatte vor vier Tagen im gymnasium so beiläufig von dieser Möglichkeit gesprochen und sogar darüber, dass er Vorsorge getroffen hatte, damit sein Vermögen nicht in die Hände von Plautus fiel. Bei einem Blinden solle es sich befinden.
    Bei einem Blinden!
    Didia fuhr mit einem Ruck auf, und Barbanigra beschimpfte sie mit einem scharfen Fauchen.
    »Entschuldige!«, flüsterte sie und streichelte die Katze. »Aber mir ist etwas eingefallen.«
    Das, was ihr eine Erleuchtung in der Dunkelheit gebracht hatte, war etwas, was sie von den Gladiatoren wusste. Man verwendete nämlich verschiedene Arten von Waffen in der Arena. Globulus und Fuscus kämpften mit Schwertern, ein anderer trat mit Dreizack und Fischernetz gegen Dolch und Schild an, es gab Lanzenträger und solche, die von Pferden aus kämpften. Und es gab den, der den wahrhaft schwierigsten Part hatte – den Gladiator, der mit verdecktem Visier, also blind, kämpfen musste. Man nannte diese Männer andabatae: Blindfechter. Hatte Globulus seine Hinterlassenschaft einem Freund anvertraut, der zu diesen Männern gehörte? Wer das im ludus magnus war, würde vermutlich leicht herauszufinden sein.
    Seufzend kuschelte sich Didia in ihre Decken und schlief ein. Aber ihr Schlummer war nicht friedlich, denn im Traum stand sie mit verbundenen Augen in der blutgetränkten Arena und erwartete den Angriff eines reißenden Panthers. Als sie endlich aus diesem Angsttraum erwachte und die Lider hob, sah sie direkt in die glühenden Augen von Barbanigra, die auf ihrer Brust saß und sie anstarrte.
    Verständlich, dass die Katze von ihrem Aufschrei entnervt vom Bett sprang und verlangte, aus dem Zimmer gelassen zu werden.
    Auch Ingwar hatte keine ruhige Nacht. Schlaflos wälzte er sich auf seinem Lager. Der Missmut und das Gefühl, nicht verstanden zu werden, weckten immer neue zornige Fantasien in ihm. Zwar hatte ihm sein Vater mit einem kurzen Nicken erlaubt, an der Trauerfeier teilzunehmen, aber ansonsten sprach er noch immer kein Wort mit ihm, abgesehen von den kurzen Anweisungen, welche Aufgaben er zu übernehmen habe. Und diese Arbeiten waren zahlreich und zeitaufwendig. Er würde seine Freunde nicht in die Gladiatorenschule begleiten können, aber er war auch zu stolz, seinen Vater um Erlaubnis zu bitten. Stolz war eine Tugend der Krieger, das hatte ihm die alte Helwine noch einmal eingeprägt. Diese alte Germanin stand seit beinahe vierzig Jahren im Dienst der Didier und hatte die Aufgabe, Seife herzustellen, eine Kunst, derentwegen der Vater des jetzigen Thermenbesitzers, Didias Großvater, sie einst gekauft hatte. Ihr sollte Ingwar am nächsten Tag zur Hand gehen. Doch er hasste die Arbeit mit dem heißen Fett und der ätzenden Aschelauge, die es nach Helwines geheimer Rezeptur zusammenzumischen galt. Immerhin redete die Alte mit ihm. Er betrachtete sie als beinahe so etwas wie seine Großmutter, sie war von Anfang an für ihn da gewesen. Sie war es auch, die ihm die Geschichten seines Volkes erzählte, von den raubeinigen Göttern der Asen, die so ganz anders wirkten als die römischen. Ihnen wurden keine prunkvollen Tempel errichtet, für sie wurden keine weihrauchduftenden Rituale abgehalten. Nein, man verehrte sie in den tiefen, unheimlichen Wäldern Germaniens, und die höchste Form des Gottesdienstes war der heldenhafte Kampf.
    Bei Helwine hatte er sich auch über seinen Vater beklagt, aber sie hatte nur missbilligend den Kopf geschüttelt. »Gleichgültig, was du von ihm hältst, Ingwar, dem Vater hat ein Sohn mit Res­pekt zu begegnen.«
    »Aber er ist ein Schwächling, ein . . .«
    »Ingwar!«
    Helwine konnte zischen wie eine Schlange, und er zuckte zurück, denn auch ihr Blick war stechend. Manchmal war die alte Frau ihm unheimlich. Sie galt unter den germanischen Sklaven als Runenraterin, als weise Frau, die möglicherweise über Zauberkräfte verfügte. Auf jeden Fall aber war sie eine scharfsinnige Beobachterin und den Traditionen streng verpflichtet. Ehre, Stolz, Mut und Beherrschung waren die Tugenden, die sie predigte. Und derzeit, so hatte sie ihn gemahnt, war Letzteres seine Aufgabe. Eine schwere Prüfung für einen heißblütigen jungen Krieger, den es nach Heldentaten drängte und der stattdessen Seife sieden musste.
    Dass er zwei Mädchen, einem Sklavenjungen und einem fußlahmen Gelehrten die

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