Das Gold von Karthago
zu erwarten in dieser Schänke.« Aspasia füllte einen gerollten Brotfladen mit scharfgewürzten Fischbällchen. »Es ist köstlich, und ich muß es ja nicht bezahlen.«
Bomilkar versuchte, weitere Gesichter an Hiyarbals Tisch zu erkennen; da drei der fünf Männer mit dem Rücken zu ihm saßen und die Beleuchtung nicht sehr hell war, gab er es bald auf.
Sie aßen mit Genuß und meist schweigend. Der Innenhof war erfüllt vom Plätschern des Wassers, von dem unentwirrbaren Geraune zahlreicher Gespräche und dem gelegentlichen Klirren von Messern, Gefäßen und Bechern. Die ersten Gäste, die früh gekommen sein mußten, brachen auf und gingen unter den dunklen Bögen der Längsseite zum Ausgang.
Plötzlich stand, wie ein aus dem Boden geschossener Schatten, einer der Schanksklaven neben Bomilkar.
»Ich wurde angewiesen, dir dies zu überreichen, Herr der Wächter.« Er stellte einen verschnürten Lederbeutel auf den Tisch; in der Schleife, zu der die Zugriemen geschlungen waren, steckte ein Papyrosfetzen.
»Von wem kommt das?«
Der Sklave wies in die rechte hintere Ecke, wo nun ein leerer Tisch stand. »Einer der edlen Herren, die uns eben verlassen haben.«
»Bedauerlich. Kennst du sie?«
»Mir wurde von meinem Herrn befohlen, nichts zu sehen, was nicht mit dem Essen und den übrigen Genüssen zu tun hat.«
Bomilkar nickte. »Ein weiser Befehl.« Er steckte eine Hand in die Gürteltasche; als er sie herauszog, fiel ein silberner Halb shiqlu zu Boden. Der Sklave bückte sich, um ein Tuch aufzuheben, das von seinem Arm geglitten war; dabei flüsterte er: »Drei Männer. Einen kenne ich nicht. Einer ist Boshmun, Herr der Pferde, Kamele und Wetten; der dritte trug einen Schleier.«
Bomilkar musterte die anderen. Alle betrachteten den Beutel.
»Soll ich öffnen, oder haltet ihr es noch länger aus?« »Mach es nicht so spannend; so spannend ist es nämlich nicht«, sagte Aspasia. »Was wird schon darin sein? Es hat geklirrt, als er das Ding auf den Tisch gesetzt hat.«
Bomilkar zog den Zettel aus der Schleife, entrollte ihn und las: Als Entschädigung für den entgangenen Ruhm eines scharfsinnigen Ermittlers, der kluge Entsagung beharrlicher Arbeit vorzog. Rab Hanno . Er pfiff leise.
»Was steht da?« sagte Laetilius.
Bomilkar reichte ihm den Zettel. »Du kannst ja angeblich kein Punisch lesen, aber versuch es.«
Laetilius schnitt eine Fratze. »Ah bah. Immer diese dummen Spiele.«
»Ich kann überhaupt nicht lesen«, sagte Aspasia, »und wüßte es trotzdem gern.«
Bomilkar bemühte sich, leise zu sprechen, als er ihnen sagte, was dort geschrieben stand.
»Rab Hanno?« Tazirat riß die Augen auf. »Hanno der Große?«
»Oder jemand, der Hannos Namen mißbraucht.« Bomilkar ergriff den Beutel, wog ihn in der Rechten, rümpfte die Nase und zupfte an der Schleife. Er starrte in den geöffneten Beutel, hustete und blickte die anderen an.
»Münzen. Kaum überraschend, wie? Ich mag aber nicht zählen.« Er griff nach den Riemen, um den Beutel zu verschließen.
»Ich zähle für dich.« Aspasia streckte die Hand aus.
Bomilkar knurrte leise. »Ach, was soll’s? Da, bitte.«
Aspasia leerte den Beutel in ihren Schoß. Sie machte große runde Augen. »Oh.« Es klang fast ehrfürchtig.
Als sie fertig war, schaufelte sie die Münzen von ihrem kitun zurück in den Beutel. Ohne aufzublicken sagte sie: »Zehn Minen, Bomilkar – sechshundert shiqlu . Fast vier Jahre Arbeit.«
Laetilius wackelte mit dem Kopf. »Wenn man dir das fürs Nichtstun bietet, könnte der Schluß naheliegen, daß deine Arbeit nicht gerade geschätzt wird.«
»Aber Hanno der Große?« Tazirats Hand zitterte, als sie nach dem Becher langte. »Kann das… und wenn nicht, wer dann? Wer hat soviel Geld? Wer würde seinen Namen mißbrauchen?«
Hinter Hiyarbal und den vier anderen an seinem Tisch hatten, unsichtbar im Dunkel des rückwärtigen Bogengangs, einige Männer gestanden – Wächter? Leibwächter? Sie traten nun ins Licht, wie Bomilkar bemerkte, der zufällig dort hinsah. Einer lauschte der kurzen Rede, die ein Sitzender hielt, wahrscheinlich waren es Anweisungen; der Leibwächter nickte, verbeugte sich und kam zum Tisch, an dem Bomilkar und die anderen saßen.
Die beiden übrigen Wächter traten zurück in den Schatten.
»Um Vergebung. Mein Herr, Rab Hanno, der dort drüben sitzt, wurde an diesem Tisch mehrfach erwähnt und wünscht zu erfahren, ob es dafür gewichtige Gründe gibt.«
»Hanno ist hier? Und ich dachte, wir
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