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Das Gold von Karthago

Titel: Das Gold von Karthago Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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hätten leise gesprochen. Nun denn. Was wünscht Hanno der Große?«
    »Er bittet den Herrn der Wächter, zu ihm zu kommen.« Laetilius deutete mit dem Finger auf Bomilkar. »Manchmal weiß ich nicht, ob ich dich beneiden oder bedauern soll.«
    Bomilkar wechselte einen Blick mit Aspasia, steckte den Papyrosfetzen ein, nahm den Beutel und folgte dem Leibwächter.
    Er kannte Hanno nicht, aber es gab keinen Zweifel, wer der mächtigste Mann in der Runde war. Etwas wie eine dunkle Strahlung, Schwere jenseits des Körperlichen, ging von ihm aus, die ihn zum Mittelpunkt machte. Er trug einen langen kitun aus hellgrün schimmernder Seide – Stoff aus dem fernen Sina, viel teurer als Gold. Der Purpurrand war mit einer Goldborte geschmückt. An allen Fingern beider Hände und ebenso in den Ohren steckten Ringe mit großen, verschiedenfarbigen Steinen. Er mußte, dachte Bomilkar, um die Fünfzig sein, aber das halblange, gelockte Haar war dunkel, ohne eine Spur von Grau. Der Bart war sorgsam gestutzt, die Brauen zu schmalen Strichen gezupft, die Fingernägel spitz zugefeilt. Der volle Mund und die feine, gerade Nase waren von geringen Falten umgeben, die eher ausgeklügelt denn von der Zeit gegraben schienen. Aber die Augen beherrschten alles: Schlangenaugen wie aus aithiopischem Obsidian. Sie nahmen Bomilkar gefangen und hielten ihn fest, so daß er kaum dazu kam, die drei neben Hanno und Hiyarbal zu bemerken: Ratsherren, edle Mitglieder der Partei der Alten.
    »Erfreulich, daß du dich herbemühst«, sagte Hanno. »Darf ich fragen, was der Grund für die häufige Verwendung
– um nicht zu sagen Anrufung – meines Namens ist?«
    »Ich fürchte, es ist eine mißbräuchliche Nutzung deines Namens, Rab Hanno.« Bomilkar stellte den Beutel auf den Tisch. »Mir wurde dieses ausgehändigt; darin sind sechshundert shiqlu , angeblich von dir. Für mich, damit ich nicht weiter ermittle.«
    »Ah.« Hanno fuhr sich mit den spitzen Nägeln durch den Bart; die anderen am Tisch gaben verschiedenartige Geräusche von sich – des Unglaubens, der Erheiterung, des Staunens. »Die Ermittlungen, von denen mir der gute Arish erzählt hat? Dieser tote Römer, nicht wahr? Ich dachte, man habe den Mörder gefangen.«
    »Es gibt da Zweifel. Deshalb … Gestatte die Frage: Ist dieser Beutel von dir?«
    Hanno lachte. »Ich bin ein Mann des Gesetzes und Hoher Priester des Baal-Tempels. Stünde es mir etwa zu, den obersten Hüter der Ordnung durch Silber von seiner Pflicht abzuhalten?«
    »Silber«, sagte der Bankherr Hiyarbal, »ist oft ein Anlaß, der wichtiger sein kann als der Grund.« Er kicherte scheppernd.
    Bomilkar deutete eine kleine Verneigung an. »Darf ich den edlen Hiyarbal um Erhellung bitten? Es mag uns Schreiberei ersparen.«
    Hiyarbal hob die Schultern. »Was denn?«
    »Deine Bitte um Geleit für einen Packtierzug, der Münzen und Barren nach Sikka bringen soll, habe ich an die Festung weitergereicht. Die Ordner sind nur für die Stadt zuständig. «
    Hiyarbal nickte; plötzlich wirkte er unsicher. Hanno zog die Brauen zusammen und streifte ihn mit einem scharfen Blick.
    »Und ich erhielt eine Anfrage aus Sikka, vom dortigen Ordnungshüter. Er sagt, auf deinem Gut seien große Mengen Libyer und Numider, vielleicht auch andere … Söldner
gesichtet worden. Nun begehrt er zu wissen, ob sie, wie sie behaupten, wirklich in deinem Dienst stehen und mit deiner Billigung dort leben?«
    »Es hat seine Ordnung«, sagte Hiyarbal, ein wenig heiser.
    Hanno schnipste mit Daumen und Mittelfinger der Rechten. »Zurück zum Beutel. Wieso soll er von mir sein?«
    »Es war ein Papyrosfetzen dabei, auf dem dein Name stand, als Unterschrift.«
    »Kann ich ihn sehen?«
    Bomilkar breitete die Arme aus; mit einem bedauernden Lächeln sagte er: »Ich habe ihn verbrannt.«
    Hanno blickte ungläubig, zuckte dann aber mit den Schultern. »Nun gut. Ich versichere dir, das Geld ist nicht von mir. Ich würde an deiner Stelle überlegen, ob man es nicht behalten sollte.«
    »Ich werde es Richter Budun aushändigen.«
    »Budun? Ah, ein treuer Verweser der Gesetze.« Nun klang Hanno fast gelangweilt. »Du arbeitest mit einem Römer zusammen, nicht wahr? Wenn ihr zu einem Ende gelangt seid, solltet ihr mich einmal besuchen. Es könnte mich erheitern, Geschichten über die finsteren Winkel der Stadt zu hören. Leb wohl.« Mit einer Bewegung der Rechten entließ er Bomilkar.
     
    Nachts wurden sie von einem Kratzgeräusch geweckt – vielleicht ein Nachtvogel oder

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