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Das Gold von Karthago

Titel: Das Gold von Karthago Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Blick in seine Arbeitsstube seufzte Bomilkar. Auf dem breiten Tisch lagen neben Schreibzeug, Stempeln und den Stapeln unerledigter Dinge, die er zurückgelassen hatte, mehrere versiegelte Papyrosrollen, einige Wachstafeln und etwas Größeres, das in ein Tuch gewickelt und mit dicken Fäden verschnürt war. Ein weiterer umwickelter Gegenstand wartete – irgendwie drohend – auf der Liege. Anfangs hatte Bomilkar zwei Räume in dem Teil der Festung bewohnt, in dem die Offiziere der Reiterei untergebracht waren; seit er mit Aspasia verbunden war, nutzte er die Arbeitsstube als Notunterkunft und hatte die übrigen Räume aufgegeben. Eine Truhe und zwei große Tongefäße enthielten Kleidung und andere Habseligkeiten; insgesamt war der Raum eher unwohnlich.
    Die Stunden bis zum Sonnenuntergang verbrachte Bomilkar damit, aufzuräumen, Wachstafeln mit Berichten zu lesen und die versiegelten Schriftstücke zu prüfen. Die Berichte betrafen die üblichen kleineren Rangeleien, zwei Festnahmen von Männern, die zuviel getrunken und dann mit Messern gefuchtelt hatten, ein paar Einbrüche … Die Messerhelden waren, da sie nichts Schlimmeres angerichtet hatten, nach einer Nacht im Verlies freigelassen worden.
    Die versiegelten Rollen enthielten zweierlei: Mitteilungen von Schreibern des Rats über neue Beschlüsse oder Dinge, die einzelnen Ratsmitgliedern wichtig waren (der edle Ratsherr Itubal verlangte häufigere nächtliche Streifen in der Nähe seines Stadthauses, wo Trunkenbolde zu lärmen beliebten), und Berichte von Ordnungshütern aus den Städten
Ityke und Sikka. In Ityke waren gefälschte Silbermünzen aufgetaucht (plumpe Fälschungen, wie der Wächter schrieb), vermutlich von einem aus Qart Hadasht stammenden Schiff dorthin gebracht; man bat um Nachforschungen und Ratschläge. Der Hüter von Sikka meldete, daß auf den Ländereien des edlen Hiyarbal erstaunlich viele Numider und Libyer – sämtlich bewaffnet – lagerten und behaupteten, im Sold des Besitzers zu stehen; man werde für Mitteilungen hierzu dankbar sein.
    Als er sich den beiden größeren Gegenständen zuwenden wollte, bemerkte er, daß ihn ein wenig fröstelte. Er sah sich um; der Raum war schattig, aber nicht kalt. Er dachte an all jene Anfälle von leichtem Frösteln, die ihn in den Jahren heimgesucht hatten, stand auf und ging ins erste der Zimmer. Dort saßen zwei Männer, unterhielten sich und warteten auf die Ablösung.
    »Wo sind die Aufzeichnungen über eingetroffene Schreiben? « sagte Bomilkar.
    Einer der beiden wühlte unter Tafeln und Rollen, bis er einen Stapel Papyrosabrisse fand, an einer Kante zusammengenäht.
    »Hier, Herr. Was suchst du?«
    »In meinem Raum liegen zwei dicke Sendungen. Wann sind sie angekommen? Wer hat sie abgeliefert?«
    »Mhmhm. Da. Eins kam gestern, zusammen mit anderen Dinge – drei Rollen, versiegelt, steht hier –, mit einem Boten vom Rat. Das andere… heute früh. Irgendein Bote, nichts Genaues.«
    »Kommt mit, ihr Strolche. Ihr müßt mir helfen.«
    Die Männer begleiteten ihn zu seiner Stube. »Welche Gefahren belauern dich?« sagte einer mit einem Grinsen.
    »Vielleicht keine, vielleicht eine unangenehme Überraschung. « Er nahm den umwickelten Gegenstand vom Schreibtisch und wies auf die Liege. »Den da – vorsichtig. Vielleicht ist Gift drin, das ausläuft und euch die Hände versengt, wenn ihr schüttelt.«

    Einer kratzte sich den Kopf; der andere hob einen Finger und sagte: »Sofort.« Er lief hinaus und kam mit zwei Speeren zurück, die er seitlich unter das Ding auf der Liege schob. Sie trugen es hinaus wie eine Bahre, beide mit zweifelndem Grinsen.
    »Vielleicht werde ich alt«, sagte Bomilkar. »Aber lieber vorsichtig alt sterben als leichtfertig jung.«
    »Es gibt eine Art von vorsichtiger Unbeweglichkeit, die kaum von Leichenstarre zu unterscheiden ist und der Unsterblichkeit nahekommt«, sagte der zweite Mann, Sohn eines Steinmetzen.
    Im Innenhof legten sie die beiden Packungen auf den Boden. Der ältere der Männer, ein Fischersohn, der immer seekrank gewesen war, bis er Arbeit an Land fand, bückte sich und richtete sich dann schwankend wieder auf.
    »Da drin bewegt sich was.«
    »Wie macht man das auf?« sagte der andere. »Zange?«
    Bomilkar deutete auf den Gürtel des Mannes. »Dein Schwert.«
    Die beiden hielten das Ding mit den Speeren fest, während Bomilkar das Kurzschwert nahm und mit fast völlig ausgestrecktem Arm begann, die Schnüre zu kappen. Als die Schwertspitze das

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