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Das Gold von Karthago

Titel: Das Gold von Karthago Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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mitzumachen. Oder wenigstens ein paar Namen auszuspucken.«
    Daniel wandte sich Laetilius zu, stumm, mit gerunzelter Stirn.
    Der Römer zog das kurze Stichschwert, das sie ihm im Schuppen gegeben hatten. »Einer muß führen, sonst gehen alle unter. Ich bin dabei.«
    Vorsichtig, in langer Reihe, betraten sie die schäbige Gasse, der Make als vorletzter. Nymar, ein guter Bogenschütze, sollte den anderen Deckung geben, während ein Mann der Wächtertruppe – Speer und Schwert in den Händen – nach hinten sicherte.

    Die unerhellten Häuser schienen leer, nichts regte sich. Bomilkar fröstelte. Lange vor Mitternacht, wie ein Blick zu den Sternen zeigte; eigentlich müßte die Gasse von Menschen wimmeln.
    Als sie zum Platz der Waschtröge kamen, stieß Zililsan, der die Spitze übernommen hatte, einen leisen Pfiff aus, kaum hörbar. Er winkte. Bomilkar eilte zu ihm.
    Neben den Trögen lag ein Mann, in einer dunklen Pfütze. Sie brauchten ihn nicht lange zu untersuchen. Bomilkar drehte ihn auf den Rücken. Wunden in Brust, Bauch und Gesicht entstellten ihn; dennoch waren alle sicher, ihn noch nie gesehen zu haben.
    »Keiner von uns, keiner von den Leuten Gulussas, die wir kennen. Weiter.«
    Eine weitere Leiche lag auf dem kleinen Platz, wo Qadhir mittags Gulussas Besuchern die Augen verbunden hatte. Auch hier genügte eine flüchtige Untersuchung: unbekannt.
    Daniel schielte zum Himmel empor. »Oben sieht man mehr«, sagte er beiläufig.
    »Kannst du fliegen?« Bomilkar betrachtete die Türöffnungen der Häuser. »Wo sind wir gewesen, gestern mittag? «
    »Oben sieht man mehr«, wiederholte Daniel. »Habe ich dir nicht gesagt, daß ich das Viertel von früher kenne?«
    »Nein. Worauf willst du hinaus?«
    »Man kann oben von einem Dach zum nächsten laufen.«
    Bomilkar nickte. »Hilft uns viel weiter. Wohin laufen wir, ohne zu wissen, wo Gulussa steckt? Ah, versuchen wir′s.« Er sammelte die Leute, deutete auf Türöffnungen rechts und links. »Wir brauchen ein paar Einheimische. Zililsan, nimm zwei Wächter, hier hinein; Duush mit zwei Mann da drüben.«
    Fast sofort hörten sie aus beiden Häusern Stimmen, leises Gerangel, einen Schrei, eher von Überraschung denn Schmerz.

    Zililsan erschien in der dunklen Öffnung, deren Laden er eben erst entfernt hatte. »Die hocken hier und bibbern«, sagte er, »aber sie wollen nichts sagen.«
    Duush rief etwas aus dem anderen Haus; Daniel ging zu ihm, Bomilkar zu Zililsan. Einer der Wächter entzündete eben eine Fackel an der Restglut der Kochstelle. Im flackernden Licht sah Bomilkar, daß die Bewohner – vermutlich eine Familie: Vater, Mutter, vier Kinder, eine Großmutter – sich im äußersten Winkel des Wohnraums zusammengedrängt hatten. Halb geblendet vom Fackellicht, einige blinzelnd, die anderen mit erhobenen Händen, kauerten sie dort. Die Gesichter, soweit zu sehen, waren eher verängstigt als empört.
    »Wir sind Wächter.« Bomilkar bemühte sich, freundlich zu klingen. »Wir wollen diese Sache beenden. Wer führt uns zu Gulussa?« Vielleicht war es eine Täuschung, aber er bildete sich ein, Erleichterung auf den Gesichtern zu sehen.
    »Euch schicken die Götter, Herr.« Der Mann stand auf. Die Stimme klang flach, als müsse er einen Schrei unterdrücken. »Komm, ich zeige euch den Weg.«
    Bomilkar hob die Hand. »Warte; gleich.« Er trat auf die Gasse, um nachzusehen, was Daniel im anderen Haus erreicht hatte.
    Auch drüben hatte sich jemand bereit gefunden, als Führer durch den Irrgarten der Häuser und Dächer zu dienen. Aus den halblauten, teils geflüsterten Bemerkungen war zu entnehmen, daß nicht lange nach Sonnenuntergang eine große Gruppe Bewaffneter ins Viertel eingedrungen war, offenbar mit dem Ziel, den Mittelpunkt des Irrgartens, Gulussas Haus, anzugreifen; aber niemand konnte Namen nennen.
    »Das muß warten. Ihr wißt beide, wohin ihr uns führen sollt?«
    Beide Männer nickten, mit Nachdruck. Laetilius nahm Bomilkar beiseite. »Ich kenne deine Leute hier nicht, aber ich habe das Gefühl, sie meinen es ehrlich«, sagte er leise.

    Daniel, der gleich neben ihnen stand, hüstelte. »Ausnahmsweise hat ein Römer recht.«
    »Kriegerarbeit«, sagte Bomilkar. Er blickte Laetilius an. »Übernimmst du die andere Gruppe?«
    Laetilius lächelte kurz. »Als guter alter Feind? Hier drüben?«
    Laetilius, Daniel, Duush, Nymar und drei Wächter verschwanden im Haus auf der linken Gassenseite; Bomilkar, Zililsan, Vavurro und die übrigen Wächter folgten

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