Das Gold von Karthago
aus Eisen, deren Rauch mittels dünner Tonröhren durch Decken und Wände ins Freie geleitet wurde. Von der Zisterne auf dem Dach führten andere dünne Röhren in die für Reinigung und Entleerung genutzten Räume des Hauses; dort gab es verschließbare Anschlüsse, aus denen man Wasser in Becken oder Sitzbottiche fließen lassen konnte. Im Haupthaus und den beiden verbundenen Nebengebäuden fanden sich Lager (Liegen, Bettgestelle, Deckenhaufen) für mindestens zwanzig Leute.
Aber alles war karg und schmucklos, eher für vorübergehenden Aufenthalt eingerichtet als für dauerhaftes Wohnen. Und nirgends eine verborgene Tür oder eine verkleidete Fensteröffnung. Mit den blinden, fensterlosen Rückseiten lagen die Gebäude am schmalen Weg vor der Byrsamauer, der den Wachen vorbehalten war und den man nur von der Seemauer und aus einem Wächterhaus nördlich der Agora betreten konnte.
Beim dritten Versuch, das Haus auseinanderzunehmen, fand Laetilius das Schlupfloch. In einem feuchten Kellerraum hatte man an der Rückwand zerbrochene Schemel, alte Gefäße und sonstige Trümmer aufgetürmt; der Römer machte sich die Mühe, sie beiseite zu räumen. Eine wurmstichige Holzplatte kam zum Vorschein; sie lehnte an der Wand. Laetilius sagte, er habe bereits aufgeben wollen, dann aber doch das Holz fortgezogen. Dahinter fand er eine halb mannshohe Eisenklappe; sie war versperrt. Der Riegel ließ sich geräuschlos und ohne Mühe bewegen.
Laetilius rief nach Bomilkar, der drei seiner Leute in den Gang schickte. Unmittelbar hinter der Klappe konnten sie aufrecht gehen; sie kamen bald zurück und berichteten,
am anderen Ende gebe es eine ähnliche Klappe, leicht zu entriegeln, und der Ausgang führe zu einer Art Garten.
»Garten?« Bomilkar schloß die Augen und versuchte, sich die Lage der Häuser, der Mauer, des Gangs und des Byrsahangs vorzustellen. Dann grunzte er leise. »Da ist aber kein Garten. Soweit ich weiß. Ah, es hilft nichts. Nachsehen. «
Laetilius und Daniel folgten ihm. Sie stellten fest, daß der Gang sauber war, offenbar häufiger benutzt, und daß man die Klappen an beiden Enden von innen und außen öffnen konnte.
Der Gang endete hinter einem dichten Dornbusch, der etwa in Brusthöhe bis an die Mauer reichte und gegen Sicht von oben schützte. Unbedeutend, sagte sich Bomilkar; die Byrsamauer wurde hin und wieder untersucht und ausgebessert, aber nicht bewacht, außer im Krieg oder bei Aufruhr. Der schmale Gang zwischen der Mauer und den Häusern diente als Brandschneise (aber wann hatte es zuletzt eine Feuersbrunst in der Stadt gegeben?) und konnte von Boten benutzt werden, falls jemand etwas dringend von der Seemauer zur Agora beziehungsweise an den Rat zu melden hatte. Nördlich der Mauer lagen die Stadthäuser der Reichen und die Tempel. Wozu gehörte der Dornbusch?
Er stand am Rand einer Grasfläche; nach rechts verlief ein dünn ausgetretener Pfad zu einer Gruppe engstehender Zwergpalmen, dahinter waren die Umrisse eines kleinen Kuppelbaus zu sehen. Als sie ihn halb umrundet hatten, sahen sie, daß es ein nach drei Seiten offener Tempel war, mit schlichten geraden Säulen und weißem Altarstein. Er befand sich am Fuß des Hangs; vielleicht zweihundert Schritt oberhalb waren weitere Bauten zu ahnen, hinter zahlreichen üppigen Gesträuchen, die sich den ganzen Hang hinauf zogen.
Bomilkar kratzte sich den Kopf. »Und jetzt?« Er deutete nach Osten, wo der Garten oder Park an einer dreifach
mannshohen Ziegelmauer endete. »Da geht’s wohl kaum raus, oder?«
Daniel stand da, beide Hände an die Wangen gelegt, die Augen geschlossen. Plötzlich lachte er und ließ die Arme sinken. »Ich glaube, ich weiß was. Lange her. Kommt mal mit.«
Er wandte sich nach links, zurück zum Dornbusch; jetzt bemerkten sie, daß der Trampelpfad an der Gartenseite um den Busch herum führte, zu einer Bretterbude, die neben dem Gesträuch an der Mauer zu lehnen schien. Ein Ledervorhang verdeckte die Türöffnung; dahinter lag und stand alles mögliche an Werkzeug: Sägen, Hacken, Spaten, Harken, Reisigbesen, ein kleiner Pflug, aber auch Halbkreise aus gebranntem Ton, wie für eine noch zu bauende Röhre oder Wasserleitung. Das Innere des Schuppens wirkte größer als das Äußere.
Laetilius pfiff leise. »Sind wir hier in der Mauer?« sagte er; er betastete die Wände und fand unter der Schicht aus Staub und Dreck den Übergang von Holz zu Stein. Er kratzte, bis ein Stück eines mächtigen Quaders sichtbar
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