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Das Gold von Karthago

Titel: Das Gold von Karthago Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Freund.«
    Daniel grinste flüchtig; die anderen schwiegen.
    Qadhir schob die geleerte Holzplatte von sich, nahm einen tiefen Schluck aus dem Becher und wischte sich den Mund mit dem Handrücken. Dann rülpste er.
    »Um Vergebung, die edlen Herren, aber es gibt da noch etwas.« Er beugte sich vor, blickte zwischen Laetilius und Bomilkar hin und her. »Ich weiß nicht, wer Gulussas Gegner ist, wo sie alle sind, was morgen geschieht; ich weiß nicht einmal, wo man mich gefangengehalten hat. Aber eines weiß ich – ihr sollt die Stadt sofort verlassen. Jetzt, oder morgen sehr früh. Ein Schiff, übermorgen? Das ist ein gutes Angebot, aber es ist zu spät.«
    Daniel nickte. »Er könnte recht haben«, murmelte er. »Die Jungs sind hart, schätze ich.«
    »Ich mag nicht.« Bomilkar schloß die Augen und legte den Kopf in den Nacken.
    »Was magst du nicht?« sagte Daniel.
    »Ich mag nicht… fliehen. Es ist feige. Ehrlos.«
    »Noch so ein punischer Lehmkopf.« Daniel klackte mit der Zunge. »Sag was, Ziegenschänder.« Das ging Antigonos an.
    »Keine Flucht«, sagte der Herr der Sandbank ruhig. »Man hat dich sozusagen entlassen, nicht wahr? Du hast keine Aufgabe, also vernachlässigst du keine Pflichten. Wenn du
die Stadt nicht verläßt, wird man die beiden Frauen töten, Gulussa wahrscheinlich dazu; und noch ein paar andere. Dann wirst du an einer dunklen Ecke einem Messer begegnen, und wenn Laetilius nicht nach Rom zurückkehrt, geht es ihm ebenso.«
    »Trotzdem.« Bomilkar kam sich kindisch vor, aber alles in ihm sträubte sich gegen einen Aufbruch. Gleichzeitig wußte er, daß es die einzige vernünftige Möglichkeit war.
    »Feige ist, wer nicht tun mag, was er tun muß«, sagte Antigonos. »Es ist nicht feige, den einzigen Weg zu gehen, der noch begangen werden kann. Und – jeder Mann hat das Recht, einen Tod zu fürchten, den er nicht sieht.«
    »Was meinst du?« Bomilkar blickte Laetilius an.
    »Ich bin dafür. Ich will nicht nach Rom heimkehren, ohne die Antworten gefunden zu haben, die ich suchen sollte. Ich will auch nicht tagelang durch Karthago irren und mich vor den Messern der Dunkelheit fürchten. Iberien? Warum nicht? Aber – wenn Qadhir recht hat – was machen wir bis übermorgen?«
    Nach kurzem Schweigen schnippte Daniel mit den Fingern. »Nederbal«, sagte er. »Hamilkars Haus. Es liegt außerhalb der eigentlichen Stadt, und dein Schiff kann doch sicher Fahrgäste am Strand aufnehmen, oder?«
    »Gut.« Antigonos nickte. »Bringst du sie hinaus, gleich? Ich kümmere mich um die anderen Dinge. Braucht ihr Geld? Sonst etwas?«
    »Durchblick«, sagte Bomilkar dumpf.
    »Ah, den hätte ich auch gern. Mal sehen, vielleicht komme ich morgen nachmittag kurz hinaus. Ich war lange nicht mehr da. Etwas habe ich nachzuholen.«
    »Was denn?«
    »Ein bedächtiges Verweilen am Grab, in Hamilkars Garten.«
     
    Bomilkar holte aus Aspasias Wohnung einige Dinge, die er für die Reise benötigte: Kleidung, den allzu leichten Beutel
mit Münzen, ein Messer. Daniel wartete am Fuß der Treppe. Qadhir begleitete Laetilius zum Gästehaus des Rats, wo der Reisebeutel des Römers war. Sie trafen sich an der Großen Straße, vor Aspasias Laden, und gingen zu viert zur Festung.
    Es war ungewöhnlich ruhig; trotz der späten Stunde hätten mehr Menschen unterwegs sein sollen. Daniel knurrte leise und ließ die rechte Hand am Griff des Messers. Ein Mann kam ihnen entgegen; er führte einen Esel mit leeren Wasserschläuchen. Aus einer halberleuchteten Schänke taumelten zwei Betrunkene; einer von ihnen jaulte etwas in den Mond, eine Art Lied, bei dem sich, wie Daniel bemerkte, die Zehennägel des ältesten eisernen Götterbilds kräuseln mußten, während der andere bei einer Stange stehenblieb, die eine Fackel trug, an seinem Schurz herumnestelte und dann furchterregend pißte. An der nächsten Ecke lehnten zwei ältliche Dirnen; die zu grell geschminkten Gesichter waren Kleckse im Halbdunkel.
    Unbehelligt erreichten sie die Festung. Bomilkar begab sich kurz in das Gebäude südlich des Tynes-Tors, um Waffen zu besorgen: drei lederne, mit Bronzescheiben besetzte Brustpanzer, Gürtel, drei Kurzschwerter, weitere Messer.
    In den Stallungen erhielten sie von einem gähnenden Aufseher vier Pferde. Er weckte einen Burschen, der hinter Laetilius aufsaß und die Pferde zurückbringen würde.
    Als sie die letzte Wegbiegung vor Hamilkars Landhaus erreichten, das unter dem Mond glitzerte wie ein Zaubergewirk aus Sahne, überließen sie

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