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Das Gold von Karthago

Titel: Das Gold von Karthago Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Bomilkar legte, was er sagen wollte, auf eine innere Goldwaage, verwarf das Gewichtige und belastete seine Zunge nur mit dem, was die Waagschalen seines Argwohns nicht kippen ließ. »Es beliebt den hohen Herren, uns nicht länger nach dem Mörder des Lavinius suchen zu lassen und Tuzut zu vergessen. Ferner haben sich Gewalttaten ereignet, über die ich nicht reden mag – noch nicht. Um Leben zu schützen …«
    »… darunter die nicht besonders wertvollen von Titus Laetilius und Bomilkar«, sagte Daniel mit einem Schnauben.
    »… müssen wir die Stadt verlassen. Sofort. Dies hier, die von dir angebotene Zuflucht, erschien uns als weit genug außerhalb. Diese Nacht und die nächste, dann befreien wir dich von der Bürde, die wir zweifellos darstellen.«
    Nederbal zeterte höflich; von Bürde könne keine Rede sein. Daniel erkundigte sich nach Myrons »nebensächlichem Dasein«; der Mann, der kaum älter als fünfundzwanzig sein konnte, äußerte sich verschwommen über seine Abkunft (der Vater, Enkel eines Kriegsgefangenen aus Syrakosai, der es vor fünfundsiebzig Jahren vorgezogen hatte, nicht in die Stadt des Tyrannen Agathokles heimzukehren, besaß im Metökenviertel westlich von Hafen und tofet eine kleine Werkstatt als Stiefelmacher und
Lederwerker) und gähnte immer ausgiebiger, als die Rede auf seine Geschäfte mit neuen Silberminen kam.
    Am nächsten Morgen war er verschwunden – früh aufgebrochen, um unaufschiebbare Dinge in der Stadt zu tun, wie Nederbal sagte. Sie nahmen auf der Terrasse ein Frühstück aus heißer Brühe, Brot, kaltem Braten und Früchten zu sich; im Stehen, gewissermaßen auf einem Bein, schlürfte Nederbal einen Napf Brühe, »um nicht ungastlich zu sein«, und trieb sich dann den ganzen Tag auf den Feldern herum. Qadhir fragte, ob er gebraucht werde, andernfalls wolle er sich gern die Beine vertreten, hier im Grünen, statt wie sonst zwischen hohen Häusern und hunderttausend Menschen. Daniel beschloß, am Grab in Hamilkars Garten »kluge Gedanken von unsagbarer Seichtigkeit« zu denken, während Bomilkar und Laetilius auf der Terrasse blieben, um die bisherigen Funde zu erörtern oder, laut Daniel, »die Abwesenheit von Erkenntnissen durch Gerede zu verdecken«.
    Antigonos kam nicht; allerdings schickte er nachmittags einen Boten mit einem Brief. Der Inhalt des Schreibens trug zu weiterer Verwirrung bei, ohne die Kenntnisse zu mehren oder die Lücken durch Heiterkeit genießbarer zu machen.
    Antigonos, Herr der Sandbank, an Bomilkar und Titus Laetilius, im Hause Hamilkars. – Gruß und Gedeihen. Ich schreibe dies in Eile, denn unwegsame Geschäfte verlangen meinen Aufbruch nach Westen. Ein Händlerzug, der neben Waren auch an mich und die Bank gerichtete Schriftstücke beförderte, wurde zwischen Kirta und Sikka überfallen. Die verlorenen Schriften betreffen Geschäfte, die gültig werden, wenn ich nicht innerhalb der vorgesehenen Zeit nein sage. O ob des Galopps, ah ob des verweichlichten Gesäßes. Das Schiff wird euch morgen kurz nach Sonnenaufgang an der letzten Bucht vor Kap Kamart aufnehmen. Bostar weiß Bescheid; er ist meine rechte und linke Hand. Bei Dringlichkeiten: Antigonos im Hause des Elush in Sikka. Legt Hamilkar meine Verehrung zu Füßen, Hasdrubal meinen
Tadel, den Löwensöhnen meine Billigung; euch begleite mein Wunsch, daß die angeblichen Götter sich nicht in die Dinge einmischen mögen. Hastig – Antigonos.
    »Welche Geschäfte können so dringend sein?« sagte Laetilius, nachdem Bomilkar den Brief vorgelesen hatte.
    »Ich habe keine Ahnung. Vielleicht weiß Daniel etwas.«
    »Dann laß uns ihn suchen; wir sitzen hier schon zu lange herum, ohne weiterzukommen.«
    Sie fanden Daniel auf der Liege des kleinen Tempelbaus neben dem Grab. Er schien zu schlafen, aber als sie zu ihm traten, sahen sie, daß er die Hand am Messergriff hatte. Er zwinkerte und setzte sich auf.
    »Es hätte ja auch jemand sein können, der die Beschaffenheit meiner Gedärme zu prüfen wünscht.« Er ließ das Messer los.
    »Hast du seit heute morgen hier gelegen?«
    »Es gibt lange Gedanken und kurze; dieser, den ich dachte, war sehr lang und etliche Male um sich selbst geschlungen. «
    Sie zeigten ihm den Brief; Daniel las und runzelte die Stirn.
    »Er wird sicher nicht reiten, weil jemand in Kirta oder Sikka im Namen der Bank einen Korb Datteln gekauft hat. Es muß etwas Größeres sein.« Mit dem zusammengerollten Papyros schlug er sich auf den Oberschenkel; dabei summte

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