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Das Gold von Karthago

Titel: Das Gold von Karthago Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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es für unnötig hielten, gutes Essen zu vergeuden.
    Es dauerte einige Zeit, bis Bomilkar eine Streife gefunden und mit dem Karren, der Leiche und Anweisungen zur Festung geschickt hatte. Qadhir war ausgehungert, fühlte sich aber am Tisch sichtlich unwohl. Er rutschte auf dem Sitz herum, sprach kaum und hielt die Augen gesenkt.
    Nach und nach gelang es den anderen, aus seinen kargen Antworten ein wenig Klarheit über die Ereignisse des Vorabends zu gewinnen. Befriedigung stellte sich jedoch nicht ein.
    »Ihr habt also in eurem Haus gesessen, und plötzlich sind die Männer von Gulussas Gegner angekommen? Ohne Vorwarnung? Kein Lärm im Viertel, kein Geschrei? Und wo waren Gulussas Leute?« Bomilkar bemühte sich, Qadhir nicht anzubrüllen.
    »Weg. Unterwegs.«
    »Unterwegs wo?«
    »Ach, hier und da.«
    Antigonos lächelte dünn. »Er hat noch immer Hunger, aber ich glaube, ich werde jetzt den Wirt auffordern, alles wegzuräumen. Dann gehen wir alle heim und lassen ihn auf der Straße.«

    Qadhirs Kiefer mahlten. »Ich weiß wirklich nicht viel.« Es klang beinahe kleinlaut.
    »Laß uns teilhaben«, sagte Daniel. »Zum Beispiel an deinen Kenntnissen der Männer, die dich hergebracht haben.«
    Er hatte sie beobachtet, als sie kamen – mit Karren und Leiche. Danach stellten sie den Karren ab und verschwanden in vier Richtungen, so daß Daniel nicht folgen konnte. Dies hatte er längst berichtet, von Qadhir aber nichts herausbekommen über die Herkunft der Männer, die Strecke, die sie mit dem Karren zurückgelegt hatten, noch sonst etwas.
    »Reden wir einfach so vor uns hin«, sagte plötzlich Laetilius, der sich bis dahin zurückgehalten hatte. »Sagen wir zum Beispiel, es gibt eine Auseinandersetzung zwischen Gulussa und einem anderen, der Gulussas Geschäfte übernehmen will. Gulussa weiß es, deshalb sieht er sich vor. Seine Männer sind überall, wachsam, damit es keine Überraschungen gibt. Plötzlich gibt es eine Überraschung, also können sie nicht so wachsam gewesen sein. Und nicht so zahlreich. Womit waren sie beschäftigt?«
    Qadhir hob die Schultern und schwieg; die Augen blieben auf der Holzplatte, die mit Brot und Fleisch überladen vor ihm stand.
    »Jemand hat uns beobachtet«, fuhr Laetilius fort. »Es ist kein Geheimnis, daß Bomilkar die Nächte mit Aspasia verbringt; aber wer weiß von Tazirat? Du, zum Beispiel – du bist abends mit Gulussas Botschaft auf dem Fest im Hof gewesen; du kannst uns beobachtet haben. Wie wäre es denn, wenn Gulussa so etwas wie gesundes Mißtrauen empfände? Wenn er seinen kleinen Handlanger Zirdan unbedingt zurückhaben wollte, nicht nur so, sondern vor allem, weil Zirdan etwas weiß? Was auch immer … Und da er glaubt, daß Bomilkar vielleicht nicht alles tut, um Zirdan freizubekommen, will er ein bißchen nachhelfen. Indem er Bomilkar zu zwingen versucht, wirklich alles für Zirdan zu tun. Indem er Aspasia und gleich noch Tazirat dazu …«

    »Ah.« Bomilkar warf dem Römer einen Blick zu und zwinkerte. »Ein schäbiger Gedanke; denkt ihr so in Rom?«
    »Nein; wir nehmen an, daß ihr in Karthago so denkt.«
    »Denken wir so?« Bomilkar musterte Qadhir. »Sag mir, ob in unserer Stadt jemand so denkt?«
    Qadhir lehnte sich zurück, hob die Augen vom Essen, das er nicht anzurühren wagte, und gab ein wenig mehr preis. Bomilkar war sicher, einer Art Rückzugsgefecht beizuwohnen; Qadhir mußte Gründe haben, möglichst wenig zu sagen, und auch das nur, wenn ihm kein Ausweg blieb.
    Gulussas Leute seien unterwegs gewesen, sagte er, um die Augen offenzuhalten. Irgendeine größere Sache habe die Straße unbegehbar gemacht. »Und dann waren plötzlich die anderen da, mit Geschrei und Waffen.«
    »Hattet ihr keine Wächter draußen?«
    »Die müssen wohl losgezogen sein, um nachzusehen, was da auf der Großen Straße los ist.«
    »Viele Tote?«
    Qadhir schüttelte den Kopf; erstmals grinste er. »Kein einziger.«
    »Und all das Blut im Haus?« sagte Laetilius.
    »Beim Gemenge am Anfang gab es ein paar Wunden. Hat ein bißchen Blut gegeben. Der Rest?« Er lachte. »Gulussa ist ein frommer Mann. Er kann sich aber nicht im Tempel sehen lassen. Also opfert er zu Hause. Einen Widder für Amun. Der Bottich mit dem Blut stand noch herum und ist umgefallen, beim Gemenge. Irgendwo standen noch mehr Töpfe – abends sollte es Hühner geben, die waren auch schon tot. Ausgeblutet.«
    Die Angreifer, sagte er, seien so schnell gekommen und so zahlreich gewesen, daß Gulussa seinen Leuten

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