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Das Gold von Karthago

Titel: Das Gold von Karthago Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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dem Burschen die Tiere; Bomilkar warf ihm einen halben shiqlu zu. Es mußte nach Mitternacht sein; sanfter Nordwind brachte mit einem Hauch von Salz das dumpfe Rauschen des Meeres. In den Büschen regten sich kleine Tiere, und fern schrie ein Nachtvogel.
    Leise, schweigend näherten sie sich dem Palast, wo alles zu schlafen schien. Daniel, der sich auskannte, hatte ihnen unterwegs bereits zwei Räume im ersten Stockwerk geschildert,
in denen für plötzliche Gäste immer Betten bereit waren.
    Der Eingang unter dem von Säulen getragenen Vordach stand offen; in der Halle flackerte ein winziges Öllicht. Sie setzten ihre Beutel ab und warteten auf Daniels Handzeichen.
    »Da vorn ist was«, flüsterte er. »Vielleicht ist Nederbal noch auf. Trotzdem – leise; Rücksicht ist die Tugend des Gasts, der wiederkommen möchte.«
    »Keine Tugend«, sagte Laetilius; »Tugend ist zwecklos.«
    »Sei still, zweckloser Römer.«
    Sie folgten Daniel, der geräuschlos treppauf zu schweben schien. Der schwache Lichtschimmer, den er gesehen hatte, kam aus einem Raum an der Nordseite, wo auch die Terrassen lagen.
    Sie hörten gedämpfte Stimmen; eine war die von Nederbal.
    »Ich weiß nicht«, sagte er. »Natürlich geht es. Für Notfälle hat er mir diese Vollmacht gegeben. Aber dies ist kein Notfall.«
    »Er muß nichts davon erfahren.« Die Stimme des zweiten Mannes war leicht und hell; sie klang jugendlich und unbekümmert. »Bedenke – in einem Notfall müßtest du die Summe und jährlich fünf Hundertstel zurückzahlen; mindestens fünf Hundertstel. Ich biete dir Rückzahlung innerhalb von zwei Monden; und sechs Hundertstel – für dich. Von mir erfährt niemand etwas.«
    Qadhir stieß mit dem Fuß an eine Amphore, die auf dem Treppenabsatz stand und vielleicht als Blumenbehälter genutzt wurde.
    »Ich höre etwas«, sagte Nederbal. »Ist da jemand?«
    Daniel seufzte unterdrückt; dann ging er zur Türöffnung und winkte den anderen.
    »Späte Gäste, edler Nederbal«, sagte er. »Gäste in einer Klemme, die ihnen dein ehrenvolles Angebot in Erinnerung brachte.«

    Der Verwalter stand neben einem Tisch, auf dem Rollen lagen. Der andere Mann hatte sich halb umgewandt; er schaute zur Tür, wobei seine linke Hand nach den Rollen langte.
    »Willkommen.« Es klang ein wenig bemüht. »Daniel, Hamilkars Hauptverwalter, er hütet die Besitzungen in der Byssatis – Bomilkar, Herr der Wächter – Titus Laetilius, ein Gesandter aus Rom – den vierten kenne ich nicht. Dies hier ist Myron, ein Geschäftsfreund. Ah. Hm. Habt ihr Hunger, Durst?«
    »Qadhir«, sagte Bomilkar. »Er begleitet uns. Ein Schluck vor dem Schlafengehen wäre nicht von Übel.«
    Nederbal breitete die Arme aus und kam ihnen entgegen. »Dann laßt uns in einen Raum gehen, wo mehr Sitze sind.«
    »Ich hoffe, wir stören nicht bei wichtigen Dingen.«
    »Keineswegs, keineswegs. – Myron, sei so gut, pack die Rollen zusammen, ehe du für einen Nachttrunk zu uns stößt.«
    Nederbal führte sie zum Wohnraum vor der Terrasse, auf der sie mit ihm geredet hatten – einen Tag her? Einen Mond? Bomilkar hob die Schultern; nicht die Zeit, über Zeit nachzudenken.
    »Das klang nach schwierigen Geschäften.« Daniel nahm den Becher entgegen, den Nederbal ihm reichte. »Wenn du Rat brauchst … Du weißt, ich bin nicht gänzlich unerfahren. «
    Nederbal goß Wein in weitere Becher; als alle versorgt waren, ließ er sich auf ein dickes Polsterkissen sinken. »Rat? Rat ist immer gut. Myron will sich an einer neuen Silbermine beteiligen und verheißt mir üppigen Gewinn, wenn ich ihn ein wenig unterstütze.« Er sprach so laut, daß Myron, der beim letzten Wort zu ihnen kam, alles gehört haben mußte.
    »Silber?« Daniel wiegte den Kopf und kniff ein Auge zu. »Mit den neuen Minen in Iberien? Wie steht Silber zur
Zeit? Zwölf shiqlu für einen shiqlu in Gold? Nach dem, was von Hamilkar zu hören ist, haben sie bei Kastulo und in den Schwarzen Bergen nördlich des Flusses Baits – Baetis, Römer – alte Funde neu erschlossen und neue Stollen gegraben. Silber wird immer gebraucht; aber der Wert dürfte eher fallen. Es sei denn, es gibt wieder Krieg.«
    Nederbal winkte ab. »Darauf können wir uns verlassen. Aber nicht morgen oder übermorgen. Wer sich jetzt deshalb in Schulden stürzt, ist verhungert, bis es losgeht. – Sprecht von eurer Klemme. Ich will euch unter diesem Dach aufnehmen, aber ich wüßte gern, was geschehen ist. Gibt es Neuigkeiten?«
    »Nur unwichtige.«

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