Das Gold von Karthago
befallen, und auf die hitzigen Dinge, die es auslösen wird.«
Der Wirt räumte den Suppentopf ab und brachte eine große Holzplatte, auf der Scheiben des Hundebratens lagen: säuerlich eingelegt, mit einer Kruste aus Honig, Teig und herben Gewürzen. Bomilkar wollte eben etwas über die zweifelnde Miene des Römers sagen, als Daniel auftauchte. Er blieb neben dem Tisch stehen, statt sich auf den freien Stuhl zu setzen.
»Na?« Das war alles, was Antigonos sagte.
»Selber na. Draußen wartete Qadhir, um einen weiteren Teil seiner Fortsetzungs-Botschaft loszuwerden.« Er räusperte sich. »Und ein überzeugendes Geschenk.« Sein Gesicht zeigte keine Regung.
Bomilkar stand auf, um hinauszugehen; Laetilius, Antigonos und Daniel folgten. An einer Ecke des kleinen Platzes stand eine verwitterte Steinsäule, die früher einmal eine Inschrift getragen haben mochte. Dort hockte ein Mann; ein Zipfel seines dunklen Umhangs bedeckte Kopf und Gesicht. Neben ihm lag etwas.
Als Bomilkar vor ihm stand, blickte er auf. Es war Qadhir. Sein Gesicht, das Bomilkar wie aus Holz und nahezu ausdruckslos erschienen war, wirkte nun wie Stein, oder wie eine undeutliche Meißelung am Boden eines Trogs, von einer dünnen Eisschicht bedeckt.
»Zirdan.« Mehr sagte er nicht.
Bomilkar kniete nieder und betrachtete die Leiche. Er hatte den Mann nie gesehen, stellte aber fest, daß ihm die rechte Ohrmuschel fehlte. Er zweifelte nicht daran, daß das fehlende Stück von Zirdan in seiner Schreibstube lag.
»Überzeugend.« Seine Stimme war belegt; er hustete. »Was hast du uns auszurichten?«
»Nur dies. Ihr werdet die Stadt verlassen, und zwar sofort. «
»Was heißt sofort? Jetzt? Morgen früh?«
»Morgen, sobald ihr Reittiere oder ein Schiff findet. In vierzig Tagen findet ihr im Hafen von Igilgili die Frauen lebend vor.«
»Bis Igilgili brauchen wir keine vierzig Tage.«
»Vierzig Tage.« Qadhir bewegte sich unter dem Umhang, als ob ihn fröstele. »Vierzig Tage, ohne diese Stadt zu betreten.«
»Ist das alles?« Bomilkar stand auf und blickte auf den Mann hinab.
»Das ist alles. Mehr weiß ich nicht.«
»Wo ist Gulussa?«
Daniel legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Habe ich ihn auch schon gefragt. Auch Tigalit – keine Auskunft. Ich glaube, er weiß wirklich nichts.«
»Man hat mich in einem lichtlosen Raum festgehalten.« Qadhir blickte zu Bomilkar auf, dann glitten seine Augen zu den Gesichtern der anderen. »Irgendwo in der Stadt. Ich glaube, die anderen sind nicht mehr hier.«
Laetilius trat einen halben Schritt vor. »Was geschieht mit dir, wenn wir abreisen?«
Ein schräges Lächeln erschien auf Qadhirs Zügen. »Ich weiß es nicht. Ich …« Er sprach nicht weiter.
»Was wolltest du sagen?«
»Ich nehme an, er will mit euch reisen.« Antigonos gluckste leise. »Was soll er hier ohne seinen Herrn? In der Stadt muß er damit rechnen, an jeder Ecke einem Messer zu begegnen. «
Bomilkar stieß Qadhir mit dem Fuß an. »Ist es das?«
»Das ist es, Herr. Mein Leben ist hier kein Hirsekorn mehr wert. Ich würde euer Leben mit meinem schützen, wenn …« Der Umhang bewegte sich; es mochte ein Schulterzucken sein.
»Wie hast du die Leiche hergebracht?«
»Das waren andere.«
»Na gut. Wir werden uns ein wenig länger unterhalten. Steh auf. Was machen wir …«
Bomilkar brach ab, als Qadhir mühsam und torkelnd auf die Beine kam; der zeltartige Umhang und die Dunkelheit hatten verborgen, daß er an den Füßen gefesselt war. Die Hände waren auf dem Rücken zusammengebunden.
»Fürwahr, er hat die Leiche nicht hergeschleppt«, sagte Daniel. »Es waren vier Männer, mit einem Handkarren, auf dem auch Qadhir saß.«
»Wir werden das Weitere in der Schänke bereden.« Antigonos zog ein Messer aus dem Gürtel, zerschlitzte Qadhirs Handfesseln und überließ es ihm dann selbst, die Beine zu befreien.
»Netter Vorschlag.« Laetilius deutete auf den Toten. »Und den lassen wir hier einfach liegen?«
Daniel brummte etwas, ging zu den Krüppelbäumen in der Mitte des Platzes und kam mit einem Handkarren zurück.
»Den haben die Freunde dort stehenlassen. Ich verstehe nur nicht, weshalb sie Zirdan nicht gleich darauf haben liegen lassen. O die rätselvollen Gedankengänge der Menschen. «
Sie legten die Leiche auf den Karren. Laetilius und Qadhir hielten Wache, während Bomilkar zur Großen Straße ging, um eine seiner dreiköpfigen Nachtstreifen aufzutreiben. Antigonos und Daniel begaben sich in die Schänke, da sie
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