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Das Gold von Karthago

Titel: Das Gold von Karthago Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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den vor Jahrhunderten ausgebauten Weg für Karren und Packtiere, der sich in Küstennähe bis hinauf nach Gallien zog. Und zahllose andere Dinge, die dazu führten, daß Bomilkar begann, die Auskünfte von Tolmides, aber auch die von Itubal zu bezweifeln. Tolmides beunruhigte ihn nicht weiter; ›es soll schon vorgekommen sein‹, sagte er sich, ›daß alte Krieger, die morgens zu schnell zu viel Wein trinken, Dinge erzählen, die keine Nachprüfung je wird erhärten können.‹ Andererseits hätte er in einem solchen Fall mit wilden Ausschmückungen gerechnet, nicht mit eher schlichter Falschheit. Und Itubal? Waren die Auskünfte bewußt falsch oder unvollständig gewesen? Er versuchte, Qadhir durch genaue Fragen unsicher zu machen, aber das gelang ihm nicht.
    Laetilius hielt sich zurück; er ritt oft abseits oder voraus, summte vor sich hin und betrachtete die Landschaft, ohne sich in die Wahrheitssuche ziehen zu lassen. Irgendwann gab Bomilkar auf und sagte sich, daß der alte Herr der Festung möglicherweise nichts als die amtliche Haltung wiedergegeben hatte.
    Nach vier Tagen scharfen Reitens flußaufwärts, mit etlichen Abkürzungen durch die Hügel am Oberlauf, wo der
Baits sich wie eine gequälte Schlange wand, erreichten sie Kastulo. Es war Abend, letzte Reste Sonnenlicht flackerten hinter ihnen, im Westen, im wolkenlosen Schwarzblau; über der Burg auf dem Stadthügel hing der unfertige Mond, ein zerbrochener Silbernapf. Im Südosten stützte eine fette Rauchwolke das Himmelsgewölbe.
    »Eher stützt sie wohl eure Herrschaft über diese Lande«, sagte Laetilius, als Bomilkar das, was er bei dem Anblick empfunden hatte, in Worte faßte. »Das sind doch sicher die Silberlager; ich meine die Schmelzöfen. Wenn die so spät noch arbeiten, müssen ja ungeheure Mengen gefördert werden.«
    Bomilkar antwortete nicht. Er kam zum ersten Mal nach Kastulo; was er wußte, hatte er hier und da aufgeschnappt, und alle Kenntnisse schienen ihm ungeeignet, einem Römer anvertraut zu werden. Die Hauptstadt der Oretaner war ohne Kämpfe besetzt worden – wie es hieß; sofern die Nachrichten glaubwürdig waren, verband Hamilkar und den König der Oretaner innige Freundschaft. Die kostbaren Erze (neben Silber vor allem Blei) hatten zu tausend Kriegen geführt zwischen Olkanern, Bastetanern, Turdetanern, Oretanern, die das Gebiet noch nicht lange besetzt hielten und (abermals Gerüchten zufolge) gern bereit gewesen waren, sich unter Hamilkars Schild zu begeben. Kluge Männer, die Hamilkar aus Qart Hadasht, aus Hellas, sogar aus Armenien hatte kommen lassen, halfen dabei, die Erträge der Gruben zu steigern. Die letzten Zahlen, die Bomilkar gehört hatte, waren unglaublich genug – angeblich förderte man bei Kastulo eineinhalb Talente reines Silber am Tag, bald sollten es zwei sein, und kein Ende der Silbervorkommen zu sehen. Nichts, was ein Römer so genau wissen mußte – aber dann sagte Bomilkar sich, daß Laetilius es entweder längst wußte, weil es in Rom bekannt war, oder daß er es in den nächsten Tagen auf der Straße, in Schänken oder auf dem Markt hören würde.

    Ein punischer Offizier mit drei Kriegern bewachte das Tor. Er empfahl ihnen ein Gasthaus jenseits des großen Platzes.
    »Ein fetter Mann leitet es; er heißt Kleomenes. Seine Preise sind hoch, aber das Essen ist gut, er räuchert häufig die Decken aus und sorgt dafür, daß die Mädchen sich waschen. «
    »Also keine Kriechtiere im Essen und im Bett?«
    »Auch nicht hinterher an deinen empfindsamen Teilen.«
    »Und du warst wirklich noch nie hier, Herr?« sagte Qadhir, als sie in die Stadt ritten. »Trotz all deiner Jahre in Iberien?«
    Bomilkar wollte schroff antworten, weil er all dies schon einmal berichtet hatte. Dann erinnerte er sich, daß sein Zuhörer der Römer gewesen war, an einem langen Abend auf dem Schiff, und daß Qadhir mit den Männern des Seglers gewürfelt hatte.
    »Ich war immer dort, wo gekämpft wurde«, sagte er. »Nördlich von Gadir, auch weiter nördlich von hier in den Bergen, einmal auch im Hinterland von Mastia. Hier war ich nie. Ich habe nur viele Geschichten gehört.«
    »Die echten oder die erfundenen?«
    »Was meinst du?«
    Qadhir schien Worte zu suchen und bewegte sich, als bestünde die Satteldecke aus wachen Ameisen. »In der Stadt«, sagte er schließlich, »zu Hause, da sagt man, es gibt hier bösen Zauber.«
    »In Kastulo? Oder in Iberien?«
    »Hier, in Kastulo, oder gleich nebenan. In den Bergen. Da soll es ein

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